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Des Teufels Werk

Titel: Des Teufels Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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besonders die, wo von körperlichem Ausgeliefertsein und Auflösung der Persönlichkeit des Opfers die Rede ist –, aber je eingehender Sie sich darüber informieren, wie die körperlichen und seelischen Symptome in Zusammenhang mit den Aussagen der Opfer bewertet werden, desto eher vertrauen Sie darauf, dass man Ihnen glauben wird.« Er schwieg einen Moment. »Ich persönlich würde sagen, dass Sie stärker sind als die meisten Menschen – jedenfalls psychisch stärker –, und dass Sie es allein deshalb geschafft haben, das alles so lange in sich verschlossen zu halten.«
    »Das ist nicht Stärke«, entgegnete ich niedergeschlagen. »Ich habe Todesangst. Ich dachte, wenn ich nicht darüber spräche und keiner wüsste, wo ich zu finden bin, würde alles gut werden – und jetzt tut es mir Leid, dass ich Jess angerufen habe. Ich habe den ganzen Morgen überall Gespenster gesehen. Sie kennen vielleicht das alte Sprichwort, ›Drei können ein Geheimnis nur bewahren, wenn zwei von ihnen tot sind‹.«
    »Was ist mit dem Kriminalbeamten in Manchester?«
    »Der weiß nur Bruchstücke.«
    »Und von welchem Geheimnis sprechen wir hier? Von Ihrem Aufenthaltsort – oder von dem, was Ihnen zugestoßen ist?«
    Ich antwortete nicht, und Peter beobachtete mich mit besorgter Miene, während ich noch tiefer in meinen Stuhl kroch.
    »Ich kann mir denken, dass Sie sich hundert Gründe ausgedacht haben, warum es besser ist, die Einzelheiten für sich zu behalten, als über sie zu sprechen«, fuhr er vorsichtig fort, »aber die Begründung, dass man Ihnen nicht glauben wird, überzeugt am wenigsten. Ich vermute, Sie haben uns nur die Hälfte von dem gesagt, was geschehen ist, vielleicht nicht einmal die Hälfte. Wie auch immer – Jess und ich zweifeln Ihr Wort nicht an. Und wir«, er suchte nach einem Wort, »
verurteilen
Sie auch nicht. Ganz gleich, was Sie getan haben, Sie haben es unter Zwang getan, und wenn Sie sich dessen jetzt schämen, räumen Sie damit diesem Mann nur noch mehr Macht über Ihr Leben ein.«
    Nur?
Als wäre Scham eine Kleinigkeit. Hatte Peter eine Ahnung, wie das war, mitten in der Nacht schweißgebadet aufzuwachen und jede Sekunde der Erniedrigung von neuem zu erleben? Das Schlimmste daran war, sich nicht richtig erinnern zu können, ja, ein Bild davon vor Augen zu haben, wie vielleicht ein Dritter es sehen würde. In meiner Einbildung waren meine Kapitulationen eifrig und kriecherisch, meine Handlungen entwürdigend und abstoßend, und meinem Körper gebührte nur Hohn.
    »Er hat ein Video von mir aufgenommen. Ich durchsuche dauernd das Internet, um zu sehen, ob er es irgendwo reingestellt hat. Wenn er festgenommen wird – und es noch in Besitz hat –, dann wird es bei Gericht vorgeführt.«
    »Nicht unbedingt.«
    »Es ist der einzige Beweis für das, was er getan hat. Natürlich wird man es vorführen.«
    Peter hatte einen zu scharfen Blick. »Aber Ihnen geht es mehr darum, dass es beweist, was
Sie
getan haben?« Er wartete auf eine Antwort. »Darf ich Ihnen sagen, dass es ausgesprochen blauäugig von Ihnen ist zu glauben, keiner hier hätte zwischen der Blondine aus Simbabwe und der Autorin einen Zusammenhang hergestellt? Sie haben damals Schlagzeilen gemacht und so anders als auf dem Foto, das veröffentlicht wurde, sehen Sie heute auch nicht aus. Die Geschichte der Vertreibung Ihrer Eltern von ihrer Farm wurde weidlich ausgeschlachtet, und Sie waren hier über diesen Teil Ihrer Biografie ziemlich offen.«
    Ich spürte, wie es mich kalt überlief. »Weiß Madeleine Bescheid?«
    »Das ist doch ganz gleich, Sie sind kein echter Knüller. In einem kleinen Dorf wie diesem sind die Leute natürlich neugierig, wenn ein Fremder auf der Bildfläche erscheint, aber woanders interessiert sich kein Mensch für Sie. Das letzte Mal habe ich einen kurzen Hinweis auf Sie gefunden, als Adelina Bianca freigelassen wurde.«
    Er war so naiv. Ich konnte mir vorstellen, wie Madeleine in ganz London mit meinem Namen hausieren ging. ›Erinnern Sie sich an Connie Burns? Die Reuters-Korrespondentin, die entführt wurde, aber nie ihre Geschichte erzählt hat? Sie hat das Haus meiner Mutter in Dorset gemietet, für ein halbes Jahr, sie will ein Buch schreiben. Wir sind
richtig
gut befreundet.‹
    »In dieser Hinsicht haben Sie erreicht, was Sie erreichen wollten, Connie. Ihre Entführung war nicht«, er gebrauchte das Wort, das ich zuvor verwendet hatte, »sensationell genug, um irgendjemanden zu verlocken, Ihnen

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