Des Todes Liebste Beute
doch wohl nicht auf Diät, oder?«
Kristen lachte leise. Durch Reagans Gyros, italienische Spezialitäten und den Schinkenbraten seiner Mutter hatte sie so gut gegessen wie seit Jahren nicht mehr. »Nein. Eigentlich …« Sie brach ab. »Ich habe jemanden kennen gelernt.« Sie zuckte die Achseln, als sich ein erfreutes Lächeln auf Owens Gesicht ausbreitete. »Und der bekocht mich.«
»Das ist ja wunderbar. Wirklich wunderbar. Und wie heißt er?«
»Abe Reagan.«
Owens Augen verengten sich erneut. »Der Detective von diesen Mordfällen?«
»Ja.« Sie nahm den Deckel vom Suppenteller. »Wieso?«
»Ich weiß nicht. Das erscheint mir bedenklich.«
Nicht bedenklicher als der Rest meines Lebens,
dachte sie.
Owens Miene wurde weicher. »Behandelt er Sie gut?«
Sie dachte an die Nacht und den folgenden Morgen, an seine Geduld und seine Zärtlichkeit, und spürte, wie ihre Wangen sich röteten. »Ja. Ja, das tut er.«
»Also gut, dann soll mir das reichen. Essen Sie. Ich muss zurück, bevor Vincent den neuen Koch umbringt.«
Kristen musste lächeln. »Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass Vincent je so wütend werden könnte.«
»Da unterschätzen Sie ihn. Der Junge kann recht jähzornig sein.«
Kristen sah ehrlich erstaunt auf. »Vincent?«
Jähzornig?
Und einen kurzen Moment lang zog ihr Verstand Schlüsse. Schwachsinnige Schlüsse. Sie schüttelte den Kopf, um den albernen Gedanken zu vertreiben. Vincent würde keiner Fliege etwas zuleide tun. Allerdings waren schon seltsamere Dinge geschehen.
»Oh, ja.« Owen bewegte sich auf die Tür zu. »Er hat gestern beim Bulls-Spiel zwanzig Kröten verloren und tatsächlich ›verflixt‹ gesagt. Ich dachte, ich müsste ihn einweisen lassen.«
Erst jetzt begriff Kristen, dass er sie aufzog, und sie lachte, weil sie Vincent einen Moment lang ernsthaft in der Rolle des ergebenen Dieners gesehen hatte. »Sie sind gemein, Owen.«
Er grinste. »Nur manchmal.« Dann öffnete er die Tür und wäre beinahe über Lois gefallen.
»Kristen, noch mehr Besuch.« Sie sah halb amüsiert, halb gequält aus, und einen Moment später wusste Kristen, warum.
»Kristen!« Rachel Reagan platzte in ihr Büro. »Oh, etwas zu essen? Kann ich was abhaben?«
Kristen lachte. Der Tag war plötzlich sonniger geworden. »Klar, aber rühr ja den Apfelkuchen nicht an. Der gehört mir. Rachel, das ist mein Freund Owen. Owen, das ist Abe Reagans kleine Schwester, Rachel.«
Rachel schenkte ihm das Lächeln, das für Leute reserviert war, die sie noch nicht becirct hatte. »Schön, Sie kennen zu lernen, Sir.«
Owen tippte sich an einen imaginären Hut. »Gleichfalls. Kristen, wir sehen uns.«
»Danke, Owen.« Kristen wandte sich an Lois, die noch immer an der Tür wartete. »Das Mädchen kann bleiben.«
Rachel wickelte das Sandwich aus. »Ich habe einen Bärenhunger. Ich musste mit meiner Lehrerin reden und habe das Essen verpasst.« Sie biss in das Brot und sprach kauend weiter. »Wir haben über Sie gesprochen.«
»Über mich?«
Rachel nickte und schluckte den Bissen herunter. »Haben Sie irgendwo etwas zu trinken?«
Kristen gab ihr eine Flasche Wasser, die sie immer im Büro hatte, und Rachel trank beinahe die halbe Flasche aus, bevor sie weitersprach. »Danke. Ja, sie war total begeistert von meinem Interview mit Ihnen. Sie hat gefragt, ob Sie nicht mal vor der Klasse reden könnten.« Sie legte den Kopf schief und beäugte Kristen flehend. »Könnten Sie?«
Kristen runzelte die Stirn, weil sie fand, dass es sich so gehörte. »Weiß deine Mutter eigentlich, dass du hier bist?«
»Im Prinzip ja. Ich habe ihr gesagt, dass ich nach der Schule noch zu einer Freundin nach Hause will. Sie haben gesagt, dass Sie so viel arbeiten, dass Sie praktisch hier wohnen, also hab ich nicht wirklich gelogen.«
Kristen unterdrückte ein Grinsen und bedachte Rachel mit einem strengen Blick. »Aber du hast auch nicht wirklich die Wahrheit gesagt. Wie bist du überhaupt in die Stadt gekommen?«
»Mit der
El.
« Sie sah die ältere Frau entnervt an. »Ich bin kein Baby, Kristen. Ich kann durchaus alleine Bahn fahren.«
Aber es gab eine Menge finsterer Haltestellen zwischen Rachels Wohngegend und dem Hochbahn-Stopp, der der Staatsanwaltschaft am nächsten war. Kristen mochte nicht wirklich darüber nachdenken, dass eine Dreizehnjährige durch all diese Stadtviertel fuhr. »Rachel! Ich wette, deine Eltern sind ziemlich sauer, wenn sie hören, dass du allein hergekommen bist.«
Rachels Blick senkte sich
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