Des Todes Liebste Beute
zur Mitarbeit überreden kann.« Jacob seufzte. Drake hatte Recht. Niemand hatte etwas davon, wenn er impulsiv handelte. »Also gut. Was hast du vor?«
Montag, 23. Februar, 18.00 Uhr
Zoe sah sich das Band mit zusammengekniffenen Augen an. Verdammt, sie waren zu weit weg gewesen, die Aufnahmen zu körnig. Sie hatte Mayhews Haus letzte Nacht aus einiger Entfernung filmen müssen, weil die verdammten Cops davor sie nicht näher hatten heranlassen wollen. Es war etwas geschehen, gestern Nacht, und diesmal
in
Mayhews Haus, nicht davor. Die Festung war eingenommen worden, aber dummerweise war Mayhew selbst anscheinend unverletzt. Wie unbefriedigend. Was für ein toller Bericht das geworden wäre. Nun, wie auch immer. Diese kleine Geschichte verzweigte sich in alle möglichen Richtungen. Und Zoes Lover hatte sich – was für ein Glück – auch nicht wieder blicken lassen. Konnte es sein, dass er doch so eine Art Gewissen entwickelte? Sie hätte am liebsten gelacht.
Sie hielt das körnige Video an. Es war wertlos. Sie brauchte etwas anderes. CNN hatte heute Morgen angerufen und wollte die Rechte an ihren Bändern. Dies hier war ihre Chance, und sie würde nicht zulassen, dass Mayhew und ihre Wachhunde es ihr verdarben.
Montag, 23. Februar, 21.00 Uhr
A be betrat die Küche seiner Mutter und sog genießerisch den Duft ein. Was immer seine Mutter zum Abendessen gemacht hatte – es roch köstlich. Er konnte nur hoffen, dass etwas übrig geblieben war.
»Na?«
Er hörte Kristens Stimme hinter sich, und plötzlich war Essen das Letzte, was ihn interessierte. Er wandte sich um und sah sie in der Tür zum Wohnzimmer seiner Eltern stehen. Sie sah so schön aus, dass sich alle Gedanken an die neuste Kiste, die man auf ihrer Veranda gefunden hatte, in nichts auflösten. Er warf einen Blick über ihre Schulter und sah eine grinsende Rachel.
»Hi, Abe.«
Er griff um Kristen herum, legte seiner Schwester die flache Hand aufs Gesicht und schubste sie sanft. Er spürte ihr Kichern an seiner Handfläche. »Mach dich vom Acker, du lästiges Gör.«
Kristens Lächeln war ein wenig schief. »Wir haben Mathe gemacht. Oder besser – Rachel hat Mathe gemacht, und ich habe mich alt und blöd gefühlt.« Lautlos formte sie
Rette mich bitte
mit den Lippen.
Zu Rachels Vergnügen legte Abe Kristen einen Arm um die Schulter. »Ich meine es ernst, Rach. Kristen und ich müssen über die Arbeit sprechen. Los, mach deine Hausaufgaben.«
»Okay.« Rachel zwinkerte übertrieben. »Dann redet ihr mal über die Arbeit.« Kichernd und feixend trat sie den Rückzug an, und Abe verdrehte die Augen.
»Noch mal dreizehn sein«, bemerkte Kristen.
Abe schaute auf sie herab. »Würdest du das wirklich gerne? Noch mal dreizehn sein?«
Sie machte ein so angewidertes Gesicht, dass er lachte. »Nie und nimmer.« Doch dann wurde sie wieder ernst. »Was gibt’s?«
Er schüttelte den Kopf. »Nicht hier. Rachel hat Ohren wie eine Fledermaus.« Er führte sie in die Waschküche und schloss die Tür, damit niemand aus dem Haus sie mehr hören konnte. Dafür rumste der Trockner regelmäßig und laut, als würden sich ein paar Laufschuhe mit Eigenleben darin befinden.
»Jetzt sag’s mir«, forderte sie ihn auf, aber er schüttelte den Kopf. Er wollte die Realität so lange wie möglich außen vor lassen. »Zuerst das.«
Er senkte den Kopf, rieb seine Nase an ihrem Hals und ließ sich von ihrem Duft betören. Sie seufzte, entspannte sich und sank gegen ihn, als habe sie den ganzen Abend nur darauf gewartet. Er legte sich ihre Arme um den Nacken und hätte am liebsten ebenfalls geseufzt, als ihre Hände seine Haut berührten und mit dem Haar in seinem Nacken zu spielen begannen. Sie hob ihr Gesicht, und er ließ sich nicht zweimal bitten. Ihre Lippen schmeckten genau so, wie er sie in Erinnerung hatte. Nein – besser.
»Wie geht’s dir?«, hauchte er an ihrem Mund, und ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln.
»Du hast mich vor weiteren Matheaufgaben bewahrt. Was glaubst du denn?«
Er küsste sie wieder, dann löste er sich von ihr und sah ihr in die Augen. Die Beurlaubung heute musste ein weiterer Schlag für sie gewesen sein, doch sie wirkte nicht am Boden zerstört. Nun, jedenfalls nicht an der Oberfläche, aber sie hatte auch noch keinen Augenblick für sich allein gehabt, seit er sie und Rachel vier Stunden zuvor zu seinen Eltern gebracht hatte. Vielleicht war es gut so gewesen. Rachel hatte ein Talent dafür, Menschen gründlich
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