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Des Todes Liebste Beute

Des Todes Liebste Beute

Titel: Des Todes Liebste Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Rose
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14.00 Uhr
    Obwohl sie in den vergangenen zehn Tagen so viel Schreckliches erlebt hatten, wirkte Kristen nun verwundbarer als je zuvor. Sie saß blass wie die Wand auf dem Sofa. Ein Anruf in Kansas bestätigte ihnen, dass Kaplan tatsächlich tot war. Seine Frau hatte ihn erschlagen in seiner Garage gefunden. Die lokalen Behörden hatten es für einen Raubmord gehalten. Aber was Kristen den schlimmsten Hieb versetzte, war die Tatsache, dass die Frau ihre Tochter im Eingang der Garage gefunden hatte. Das Kind stand unter Schock und hatte sich in sich zurückgezogen, sodass niemand wusste, was es gesehen hatte. Doch diesmal fanden sie Fingerabdrücke. Unmengen blutiger Fingerabdrücke. Er hatte die Beherrschung verloren. Ihr Killer war endlich eingebrochen.
    Aber nun schien auch Kristen nicht mehr weit von einem Zusammenbruch entfernt.
    Behutsam setzte er sich neben sie und legte einen Arm um sie. Aber sie schmiegte sich nicht an ihn. Sie saß steif und starr dort und blickte geradeaus. »Kristen, kann ich etwas für dich tun?«
    »Ich weiß nicht.« Sie schloss die Augen. »Ich bin so müde.«
    »Ja, ich weiß, mein Schatz. Aber diesmal hat er einen üblen Fehler gemacht. Bald haben wir ihn, und dann ist alles vorbei.« Er rieb ihr mit der flachen Hand den Rücken. »Dann fahren wir irgendwohin, wo es warm ist, und vergessen das hier.«
    Sie schwieg, und er suchte verzweifelt nach einem Thema, irgendetwas, das wieder Leben in ihren Gesichtsausdruck bringen würde. Sie machte ihm Angst. »Der Gottesdienst war schön, nicht wahr?«, murmelte er. »Sean und Ruth waren so glücklich.« Falls überhaupt, versteifte sie sich. »Ich habe heute an meinen Sohn gedacht.« Nun drehte sie sich zu ihm um, aber in ihren Augen stand ein solcher Schmerz, dass es ihm beinahe das Herz brach. »Ich nehme an, dass du auch an deine Tochter gedacht hast. An Savannah.«
    »Abe …«
    Er nahm ihr Gesicht in die Hände und strich zärtlich mit dem Daumen über ihre Wange. Hin und her. »Dann sah ich uns vor mir, wie wir gemeinsam in der Kirche stehen. Mit unserem Baby im Arm.«
    Aber was sie hätte trösten und beruhigen sollen, hatte genau den gegenteiligen Effekt. Sie sprang auf die Füße und wich vor ihm zurück. »Stopp.«
    Er stand auf und streckte den Arm nach ihr aus, aber sie stolperte ein paar Schritte zurück. »Abe, stopp!« Sie schloss die Augen. »Ich muss dir etwas sagen, und du musst nur zuhören, denn es fällt mir schwer.«
    Es waren dieselben Worte, die sie gestern verwendet hatte, bevor sie ihm von ihrer Tochter erzählt hatte. Er spürte, wie ihm kalt wurde, und er senkte langsam den Arm. »Okay.«
    Sie nahm sich sichtlich zusammen, straffte sich, ließ ihr Gesicht ausdruckslos werden und verschränkte die Hände hinter dem Rücken, und mit einem Mal war sie wieder ganz die Frau, die er vor zehn Tagen kennen gelernt hatte. Ihre Schutzschilde waren aktiviert. Sie war unangreifbar. »Ich kann keine Kinder mehr kriegen.«
    Ihre leidenschaftslosen Worte waren wie ein Tritt in den Magen und raubten ihm den Atem. Er musste sich zwingen, Luft zu holen. »Kristen, ich weiß, dass du Schuldgefühle hast, weil du deine Tochter zur Adoption freigegeben hast, aber das bedeutet doch nicht, dass du keine gute Mutter sein kannst.«
    Ihr Blick flackerte, und einen Moment lang dachte er, sie würde in hysterisches Gelächter ausbrechen. Doch sie blieb kontrolliert, und als sie wieder sprach, klang ihre Stimme ruhig. »Nein, Abe, du verstehst nicht. Ich kann nicht. Ich bin dazu nicht fähig. Ich bin …« Sie schluckte hart. »Als das Baby geboren war und es mir weggenommen wurde, dachte ich, mein Leben wäre vorbei. Ich hatte etwas so Kostbares weggegeben … Aber dann sagte ich mir, dass ich ja noch jung war. Ich würde eines Tages noch ein Kind bekommen. Sechs Wochen später bei der Nachuntersuchung fand der Arzt eine Wucherung.« Ihre Lippen zuckten, aber sie blieb äußerlich gelassen. »Kaplan hatte noch etwas mehr getan, als mich zu vergewaltigen und zu schwängern. Offenbar hatte er mich mit einer kleinen bösartigen Geschlechtskrankheit angesteckt, die über die vielen Monate meiner Schwangerschaft kanzerös geworden war.«
    Sie musste ihm das Entsetzen angesehen haben, denn sie lächelte ihn gezwungen an. »Keine Sorge. Alles ist weg. Genau wie die Hälfte meines Gebärmutterhalses.«
    Abe tastete blind nach dem Sofa hinter sich und setzte sich auf die Armlehne. Er holte mühsam Luft und suchte nach Worten, die sie ihm glauben

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