Des Todes Liebste Beute
Augen. »Ja«, flüsterte er.
»Timothy, kannten Sie eine Frau namens Leah Broderick?«
Timothy nickte. »Ja. Wir sind zusammen in die Kirche gegangen. Manchmal haben wir uns auch im Gemeindecenter mit anderen getroffen.«
»War sie Ihre Freundin?«
Er runzelte die Stirn. »Nein. Nur
eine
Freundin.«
»Okay. Wann haben Sie sie zum letzten Mal gesehen?«
Er blickte auf seine Knie. »Das ist lange her. Sie ist tot.«
»Wissen Sie, wie sie gestorben ist?«
Timothy zupfte an einem Fädchen von seiner Hose. »Sie hat sich selbst getötet.«
Sie hatten nach einem Trauma gesucht. Wenn der Selbstmord eines geliebten Menschen nicht traumatisch genug war, um intensive Emotionen hervorzurufen, dann wusste er es auch nicht. »Tut mir Leid.« Timothy schwieg, also sprach Abe erneut. »Hatte sie Familie?«
Timothy wurde blass. »Ja.«
»Timothy, hören Sie bitte gut zu. Ich weiß, dass Sie Angst haben, aber das hier ist sehr wichtig. Es geht um Kristens Sicherheit. Hatte Leah einen Robert Barnett in ihrer Familie?«
»Ich weiß nicht. Ihre Mutter ist an Krebs gestorben. Ich kenne nur ihren Vater, aber er heißt anders.«
»Sie kennen den Vater?«
Wieder begann Timothy zu zittern. »Er war mein Chef.«
Abes Herz setzte aus. »Ihr Chef? Vom Restaurant? Owen ist Leahs Vater?«
Timothy nickte, ohne ihn anzusehen.
»Timothy, was haben Sie gesehen? Bitte sagen Sie es mir.«
»Die Kühltruhe. Ich war bei ihm zu Hause, und er hatte Eis, das wusste ich, also ging ich zur Kühltruhe.« Er begann sich hin und her zu wiegen. »Da waren zwei Männer. Tot. In der Kühltruhe.«
Oh, Gott. Timothy hatte die Blades gesehen. »Weiß Owen, dass Sie die Toten gesehen haben?«
»Nein. Ich bin weggelaufen. Ganz schnell. Zum Bus.«
»Schon gut, Timothy, es ist alles gut. Er tut Ihnen nichts. Können Sie mir sagen, wo er wohnt?«
Abe wählte Mia an, sobald er in der Eingangshalle des Krankenhauses war.
»Wo bist du gewesen?«, fragte Mia barsch.
»Ich habe mit Timothy geredet.« Abe verließ die Halle und lief quer über den Parkplatz. »Mia, Kristens Freund Owen Madden ist Leah Brodericks Vater.«
Einen Moment lang herrschte Schweigen. »Ich weiß. Und Owen ist Robert Barnett.«
Die Verbindung – endlich. Aber Mia war zu still. Sein Herz begann zu jagen, und das lag nicht am Sprint. »Mia, was ist passiert?«
»Kristen ist weg. Jemand hat sie von zu Hause entführt.«
Er hatte seinen Wagen erreicht und blieb nun wie angewurzelt stehen. »Oh, Gott.« Conti.
»Sie wusste bereits von Owen, Abe. Und wer immer im Haus gewesen ist, weiß es jetzt auch – genau wie Owens Adresse. Marc und ich sind bereits unterwegs.«
Abe zwang sich, Luft zu holen, dann noch einmal. Mechanisch öffnete er die Tür seines Geländewagens. Conti konnte sie überall hingebracht haben, aber er hatte sicher einen Sinn für ausgleichende Gerechtigkeit und würde mit ihr dorthin fahren, wo sein Sohn gestorben war. »Ich bin näher dran. Wir treffen uns dort.«
Samstag, 28. Februar, 15.30 Uhr
Kristen sah sich um. Das Lagerhaus war gut gefüllt. Manche Kisten waren zu Türmen aufgestapelt, andere lagerten in silbrigen Regalen. Die Markennamen auf den Kartons und Kisten waren ihr vertraut aus den Unterlagen, die sie in der Ermittlung gegen Angelo Conti zusammengestellt hatten. Dies hier war Contis Revier. Und sie war das Opferlamm.
Sie waren nur wenige Meilen in dem Streifenwagen gefahren, bis sie in einer Seitenstraße bei Contis Limousine angehalten hatten. Edwards hatte sie mit dem spöttischen Fremden allein gelassen und war in Contis Wagen gestiegen. Einen Moment später stieg eine junge Frau aus, die sehr zufrieden wirkte. Anschließend zerrte man Kristen aus dem einen Wagen und stieß sie in den anderen hinein, wo Jacob Conti sie, ohne zu blinzeln, schier endlos angestarrt hatte. Sie hatte nicht weggesehen, was ihn zu amüsieren schien.
Doch nun war sie hier, mitten zwischen all den Kisten. Es war sinnlos, an den Stricken, mit denen man ihre Hände und Füße zusammengebunden hatte, zu zerren. Drake Edwards tat seine Arbeit gründlich. Und es war auch sinnlos zu schreien, denn der Knebel saß fest. Schon sehr bald würde etwas geschehen. Das war deutlich gewesen, als Edwards sie mit einem leisen Lachen verlassen hatte.
Dann hörte sie eine bekannte Stimme.
»Richardson!«
Owen.
Ich bin ein Köder,
dachte sie.
Sie haben ihn hierher gelockt.
»Richardson, ich habe keine Lust auf Spielchen. Zeigen Sie sich, dann bringen wir es hinter
Weitere Kostenlose Bücher