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Des Todes Liebste Beute

Des Todes Liebste Beute

Titel: Des Todes Liebste Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Rose
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durchlebt hatte.
    Es dauerte eine weitere Sekunde, bis sie merkte, dass er genauso heftig atmete wie sie. Mit einem gemurmelten Fluch riss er ihr die Spraydose aus der Hand, und der Bann war gebrochen. Er ließ ihr Handgelenk los, und sie rieb es sich automatisch, während ihr Herzschlag sich zu normalisieren begann. Er war nicht brutal gewesen, nur bestimmt. Dennoch würde sie morgen die Druckstellen sehen können, und das obwohl der dicke Wintermantel dazwischen gewesen war.
    »Haben Sie eigentlich noch alle Tassen im Schrank?«, fragte er. Seine Stimme war ein tiefes Grollen.
    Sofort ging ihr Temperament mit ihr durch. »Das sollte ich Sie fragen! Hat Ihnen noch nie jemand gesagt, dass man sich in dunklen Fluren nicht an Frauen anschleicht? Ich hätte Sie verletzen können!«
    Eine dunkle Augenbraue hob sich amüsiert. »Wenn Sie das ernsthaft glauben, dann haben Sie wirklich nicht mehr alle Tassen im Schrank. Wenn ich über Sie hätte herfallen wollen, dann hätten Sie nichts, aber auch rein gar nichts tun können, um mich daran zu hindern.«
    Kristen spürte, wie ihr das Blut aus dem Gesicht wich, als seine Worte in ihr Bewusstsein drangen und die Diashow ihrer Erinnerungen ganz von vorn einsetzte. Er hatte Recht. Sie hätte nichts tun können. Sie wäre ihm ausgeliefert gewesen.
    Seine Augen verengten sich. »Jetzt fallen Sie mir bloß nicht in Ohnmacht, Lady.«
    Ihr hitziges Temperament kochte erneut hoch und rettete sie. Sie straffte die Schultern. »Ich falle nie in Ohnmacht.« Das zumindest entsprach der Wahrheit. Sie hielt ihm die Hand entgegen. »Mein Pfefferspray, wenn es Ihnen nichts ausmacht.«
    Er grunzte. »Es macht mir etwas aus.« Aber er gab es ihr trotzdem zurück. »Ich meine es ernst, Lady. Dieses Spray hätte mich nur wütender gemacht. Insbesondere, da Sie vermutlich nicht richtig getroffen hätten. Und was, wenn ich es gegen Sie verwendet hätte?«
    Kristen runzelte die Stirn. Das Wissen, dass er schon wieder Recht hatte, ärgerte sie enorm. »Was soll eine Frau denn Ihrer Meinung nach tun?«, fuhr sie ihn an. »Bloß dastehen und ein braves Opfer sein?«
    »Das habe ich nicht gesagt.« Er zuckte die Achseln. »Gehen Sie doch zu einem Selbstverteidigungskurs.«
    »Das habe ich bereits getan.« Der Fahrstuhl kündigte sich mit einem trockenen
Pling
an, und beide wandten die Köpfe zur Wand, gespannt, welche der Türen sich öffnen würde. Der linke Aufzug ging auf, und der Mann bedeutete ihr mit übertrieben großer Geste einzutreten.
    Sie musterte ihn abschätzend. Sie hatte Tausende von Stunden in Gegenwart von Verbrechern verbracht, die jede vorstellbare Schandtat begangen hatten, und sie erkannte jetzt, dass dieser Mann keine Gefahr für sie darstellte. Dennoch war Kristen Mayhew eine vorsichtige Frau. »Ich nehme den nächsten.«
    Seine blauen Augen blitzten auf. Sein Kiefer verspannte sich, und ein Muskel zuckte. Sie hatte ihn beleidigt. Nein, wie ihr das Leid tat! »Ich tue Ihnen nichts«, sagte er und schob sich vor die Lichtschranke, als die Türen sich zu schließen begannen. Er lehnte sich gegen den Rahmen, und sie hatte plötzlich den Eindruck, dass er genau so müde war wie sie. »Kommen Sie schon. Ich habe keine Lust, die ganze Nacht hier zu stehen, und allein lassen werde ich Sie auch nicht.«
    Voller Unbehagen blickte sie den leeren Korridor hinab. Sie hatte ebenfalls keine Lust, hier länger als nötig zu verweilen. Also trat sie in den Fahrstuhl. Wütend stellte sie fest, dass zehn Jahre und fünfmal so viele Therapiebücher es nicht geschafft hatten, ihr die Angst vor dunklen Fluren zu nehmen. »Aber hören Sie auf, mich Lady zu nennen«, fauchte sie.
    Er trat zu ihr in den Aufzug, und die Türen glitten zu. »Was war das Erste, das man Ihnen in Ihrem Selbstverteidigungskurs beigebracht hat,
Ma’am?
«
    Sein herablassender Tonfall brachte sie zum Kochen. »Dass man sich seiner Umgebung immer voll bewusst sein sollte.«
    Er zog mit arroganter Miene eine Braue hoch, und Kristen platzte erneut der Kragen. »Das war ich! Ich habe gewusst, dass Sie da waren, oder etwa nicht? Obwohl Sie sich angeschlichen haben.« Das hatte er wirklich. Als er hinter ihr gewesen war, hatte sie ihn gespürt. Und er hatte kein einziges Geräusch gemacht, als er sich genähert hatte.
    Er schnaubte. »Ich stand zwei volle Minuten lang hinter Ihnen.«
    Kristen verengte die Augen zu Schlitzen. »Das stimmt nicht.«
    Er lehnte sich gegen die Aufzugwand und verschränkte die Arme vor der Brust.

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