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Des Todes Liebste Beute

Des Todes Liebste Beute

Titel: Des Todes Liebste Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Rose
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bloß keinen Verdacht. Er nickte und fuhr schweigend an. Einen Moment später fügte er sich in den Verkehr ein. Er durfte nicht gefasst werden, noch nicht. Noch hatte er jede Menge zu tun. Das Goldfischglas war noch nicht einmal annähernd geleert.

Freitag, 20. Februar, 20.00 Uhr
    G eben Sie mir die Schlüssel.«
    Kristen sagte nichts, regte keinen Muskel, saß nur da und starrte aus dem Fenster, wie sie es auf der ganzen Fahrt zu ihrem Haus gemacht hatte. Sie stand unter Schock, wie Abe nun klar wurde, und er verfluchte sich selbst, dass er nicht auf seinen Instinkt gehört und sie direkt zur Notfallambulanz gefahren hatte.
    Er ging um den Wagen herum, öffnete die Tür und nahm sanft ihr Kinn in die Hand. »Kristen.« Er schnippte mit den Fingern, und sie blinzelte. »Kommen Sie. Können Sie gehen?«
    Sie nickte und ließ sich aus dem Wagen gleiten, doch als ihr Fuß den Boden berührte, verzog sich ihr Gesicht vor Schmerz. Ohne sich um ihren gedämpften Protest zu kümmern, hob er sie auf die Arme und trug sie zum Seiteneingang, als sei sie eines von Seans Kindern.
    Er manövrierte sie behutsam durch die Küchentür, darauf bedacht, nicht mit dem Knie anzustoßen, das sie sich anscheinend verletzt hatte. Er hatte gesehen, wie vorsichtig sie es belastet hatte, bevor er losmarschiert war, um dieser Zicke Richardson das Filmmaterial abzunehmen. Er hatte die Reporterin auf der Pressekonferenz nicht aufhalten können, aber er wollte verdammt sein, wenn er zuließe, dass sie Kristen so verängstigt, gedemütigt und verletzt ganz Chicago präsentierte.
    Denn bei aller Tapferkeit, die sie zur Schau stellte – die Frau auf seinen Armen war sowohl verängstigt als auch verletzt. Er musste an den Ausdruck in ihren Augen am Morgen denken. War es wirklich erst am Morgen gewesen, dass sie vor dem Haus der Restons miteinander gesprochen hatten?
    Sie hatte ihm gesagt, dass Opfer niemals vergessen konnten, und er war sich inzwischen sicher, dass sie selbst eines war. Was er deswegen empfand, war schwierig zu analysieren. Er war noch immer zu aufgebracht über das Hier und Jetzt, um über Vergangenes nachzudenken.
    »Ich muss den Alarm ausmachen«, murmelte sie. Er stellte sie also auf die Füße, damit sie ein paar Knöpfe drücken konnte, dann trug er sie zum Sofa im Wohnzimmer, legte sie darauf ab und schob ihr ein Kissen unter die Kniekehlen.
    Er begann, ihren Mantel aufzuknöpfen, doch ihre Hände hielten seine fest. »Nein.« Sie schaute auf, doch im Dunkel des Raumes war in ihren Augen nichts zu erkennen.
    »Okay.« Er schaltete die Deckenbeleuchtung an, und beide blinzelten. »Ich mache Ihnen einen Tee.« Er hoffte, dass sie Teebeutel besaß, denn er hatte keine Ahnung, wie viel loser Tee in die Kanne mit den großen Rosen gehörte. »Sie bleiben hier.«
    Sie hatte tatsächlich Teebeutel, und er erledigte die Aufgabe souverän, während er gleichzeitig scheinbar gefasst Spinelli, Mia und seine Schwägerin, die Ärztin, anrief. Doch als er die Teetasse nehmen wollte, zitterte seine Hand.
    Abe drehte sich um, lehnte sich gegen ihren alten Kühlschrank und umklammerte die zerbrechliche Tasse, während sein Magen revoltierte. Und wieder einmal war er dort, mit Debra am Tag, an dem sie angeschossen worden war, gefangen in einer Szene, die sich in seinem Kopf öfter wiederholt hatte, als er es zählen konnte. Es war kalt gewesen, ein Kälteeinbruch im Frühling, und in der Nacht zuvor waren mehrere Zentimeter Schnee gefallen. Die Gehwege waren vereist, und er hatte Angst, dass sie ausrutschen und stürzen würde. Was für eine bittere Ironie.
    Sie saßen im Auto und fuhren langsam die Straße entlang. »Ich setze dich vor dem Laden ab«, sagte er und sah zu dem Babygeschäft hinüber, in das Debra wollte.
    »Hör auf, mich zu bemuttern.« Sie lachte, dieses heisere Lachen, das er so unglaublich sexy fand. »Ich bin schwanger, nicht todkrank. Mir passiert schon nichts. Bewegung tut mir gut. Das hat übrigens Ruth gesagt.«
    Also fuhr er weiter und fand einen engen Parkplatz zwei Blocks entfernt. Sie war gut gelaunt und ungeduldig, den Geschenkgutschein, den sie am Abend zuvor bei einer Party mit Freunden bekommen hatte, einzulösen. Und bevor er noch eine Chance hatte, um den Wagen herumzulaufen und ihr die Tür zu öffnen, war sie auch schon ausgestiegen.
    Und dann passierte alles so schnell. Der Schuss, Debras Gestalt, die sich am Boden zusammenkrümmte, der Ausdruck der Überraschung im Gesicht des jugendlichen Schützen,

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