Des Todes Liebste Beute
ihn an. »Komm jetzt her.« Mit schlurfenden Schritten gehorchte er.
»Du hast am Freitagnachmittag für jemanden ein Päckchen abgegeben«, begann Abe.
Aaron runzelte die Stirn. »Ja und? Das ist ja wohl nicht verboten.«
»Das haben wir auch nicht behauptet. Woher hattest du dieses Päckchen, Aaron?«, fragte Mia.
»Von so ’nem weißen Typen. Hat mir hundert Mäuse gegeben, damit ich das Ding abgebe.«
»Wie sah er aus?«
Aaron zuckte die Achseln. »Weiß ich nicht. Hatte ’ne Jacke mit Kapuze an, ich konnte sein Gesicht nicht sehen.«
»Alt? Jung?«, hakte Mia nach.
Aaron schnaubte ungeduldig. »Ich sagte doch, dass er ’ne Kapuze aufhatte. Ich hab nichts gesehen.«
»Saß er im Auto?«
»Nee, im Lieferwagen. Weiß. Mit ’nem Zeichen an der Seite. Da war ’ne Steckdose drauf.«
Abe krauste die Stirn. »Eine Steckdose?«
»Ja, sag ich doch, wie ’ne Steckdose in der Wand. Mit ’nem witzigen Gesicht drauf. Und daneben stand … Banner Electronics.« Aaron nickte, zufrieden mit sich selbst. »Mehr weiß ich nicht.«
Abe war verwirrt. Nicht derselbe Lieferwagen. Mia sah ihn ähnlich verstört an. Dann wandte sie sich wieder Aaron zu. »Woher wusstest du, wohin du das Päckchen bringen solltest?«
Aaron zuckte die Achseln. »Er hat mir die Adresse gegeben und gesagt, ich soll den Zettel nachher zerreißen. Hören Sie, mehr kann ich auch nicht sagen.« Er warf seiner Mutter einen Blick zu. »Kann ich jetzt abhauen?«
Mrs. Jenkins wiegte das Baby auf ihrer Hüfte. »Kann er gehen?«
Mia nickte. »Ja. Klar.« Sie schwieg, bis sie wieder auf der Straße standen. »Weißt du was? Mit der Ausrüstung, mit der man die Grabsteine sandstrahlt … damit kann man auch Gummischilder herstellen.«
»Die mit Magneten an Autos befestigt werden können.« Abe pustete sich die Haare aus der Stirn. »Verdammt.«
Mia verdrehte die Augen. »Und ich habe Stunden damit verschwendet, bei Floristen nachzufragen. Er hat überhaupt nichts mit Blumen zu tun. Deshalb konnte Jack auch keine Pflanzenreste finden. Er kann sein, was immer er sein will. Mist.«
Abes Handy klingelte. Ein Blick auf die Nummer im Display ließ ihm die Haare zu Berge stehen. »Was ist los, Kristen?«
Kristens Stimme zitterte. »Ich habe schon wieder eine Kiste hier stehen, Abe. McIntyre hat sich den Jungen geschnappt, der sie abgeliefert hat. Er hält ihn fest, bis du kommst.«
»Wir sind gleich da.« Abe wandte sich an Mia. »Ruf Jack an und sag ihm, dass er uns bei Kristen treffen soll. Ich sage Spinelli Bescheid. Unser ergebener Diener hat wieder zugeschlagen.«
Sonntag, 22. Februar, 10.00 Uhr
»Oh, mein Gott.« Aus Kristens Gesicht wich alle Farbe, als Jack den Inhalt des Briefumschlags auf den Küchentisch leerte. »Angelo Conti.«
Mia legte ihr tröstend den Arm um die Schulter. »Werden Sie uns bloß nicht ohnmächtig.«
»Ich werde nie ohnmächtig.«
Abe erinnerte sich, dass sie dasselbe gesagt hatte, als sie sich vor dem Fahrstuhl vor wenigen Tagen begegnet waren – nachdem er ihr einen furchtbaren Schrecken eingejagt hatte. Aber sie hatte ihnen bereits gezeigt, aus welchem Holz sie geschnitzt war, und Abe empfand plötzlich lächerlichen Stolz. Sich jetzt von ihr fern zu halten kostete ihn immense Kraft, aber er spürte, dass sie gerade jetzt die Fassade der Professionalität aufrechterhalten musste. Ihr Haar war wieder säuberlich aufgesteckt, obwohl die Nadeln, die er gestern herausgezogen hatte, noch immer auf der Arbeitsfläche der Küche lagen.
»Diesmal gibt es keine Polaroids«, bemerkte Jack. »Nur Contis Studentenausweis von der Northwestern University. Warum?«
»Keine Ahnung.« Abe griff nach dem Brief. »›Meine liebe Kristen. Angelo Conti ist tot. Sein Verbrechen war ursprünglich das der Gleichgültigkeit, denn er demolierte im Zustand der Trunkenheit Paula Garcias Wagen. Doch die unfassbare Missachtung des menschlichen Lebens brachte ihn schließlich sogar dazu, die arme Frau zu Tode zu prügeln. Sein Vater in seiner unerträglichen Arroganz dachte sich nichts dabei, das Gesetz der Vereinigten Staaten zu verhöhnen und die Geschworenen zu bestechen. Angelo Conti durfte als freier Mann den Gerichtssaal verlassen, zumindest so lange, bis Sie den Fall wieder aufgenommen hätten. Doch als hätte er nicht bereits genug Schandtaten verübt, musste er auch noch öffentlich Sie als Person angreifen und durch den Schmutz ziehen, und das konnte ich nicht erlauben. Ich hoffe, dass sein Tod für all jene ein Zeichen
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