Des widerspanstigen Zaehmung
Doch er hatte versprochen, hier zu bleiben und Jane vor allen grausamen Attacken der Gesellschaft zu beschützen. Ein ganz anderes Problem hingegen war die Frage, wie er sie vor seinen eigenen Avancen beschützen sollte.
Je öfter er sie sah, umso mehr begehrte er sie, selbst wenn er wusste, wie dumm das war.
Versprochen war versprochen - auch wenn sich daraus ein Problem für ihn ergab, mit dem er nicht gerechnet hatte, als er in die untypische Rolle ihres Beschützers schlüpfte. Inzwischen bedauerte er diesen impulsiven Entschluss, wenngleich nicht aus den Gründen, die er hätte absehen können. Das überwältigende Verlangen, das er in ihrer Gegenwart verspürte, war eine Sache, noch mehr beunruhigte es ihn allerdings, dass ihm ihre Gesellschaft ebenso gefiel wie ihre Gespräche. Auf jeden Fall mochte er sie so sehr, dass er sie nicht dem erstbesten lebensmüden Aristokraten zum Fraß vorwarf, der sie begehrte.
Wenn er nicht auf normalem Weg um sie werben konnte, würde er sich einfach eine Lösung einfallen lassen, die ihnen beiden zusagte.
Seine Laune besserte sich sofort, als er sie auf den Stufen zum Eingang erblickte. Sie hatte ihren Bruder Simon im Schlepptau, der etwas blass um die Nase herum aussah. Dem Anschein nach hatte ihm der gestrige Abend gehörige Kopfschmerzen eingebracht. Vermutlich konnte er sich gar nicht mehr daran erinnern, dass Grayson ihn am Abend an genau der Stelle abgesetzt hatte, an der er nun stand.
Er lächelte Jane an und stieg ab, um ihr beim Aufsteigen aufs Pferd zu helfen. Mit einer verstohlenen Geste schickte er den Reitknecht weg - niemand außer ihm selbst sollte Jane berühren.
„Wie ich sehe, trägst du meine Brosche", sagte er leise.
„O ja, und jeder bewundert sie. Allerdings versteht natürlich niemand ihre Bedeutung. Mäuse und Diamanten am frühen Morgen - das konnte zur Gewohnheit werden." Sie lächelte ihn fröhlich an. „Wie aufmerksam von dir, unseren Abend zu feiern."
„Es war mir ein Vergnügen." Sein Blick wanderte über ihre eng anliegende Reitkleidung aus burgunderrotem Samt, die ihren Busen besonders betonte. Es war ihm wahrhaftig ein Vergnügen. „Kommt Simon mit?"
Gleichzeitig drehten sie sich zu ihrem Bruder um, der nach vorn gebeugt auf seinem Pferd saß und sich mit einer Hand die Augen zuhielt.
„Es würde mich wundern, wenn er es überhaupt bis zum Park schafft", gab sie lachend zurück.
Das kurze Stück bis zum Park brachten sie schweigend hinter sich. Grayson wich spielenden Kindern und bellenden Hunden aus, während sein Blick immer wieder zu Janes Po wanderte. Ihre sinnlichen Bewegungen beim Reiten weckten in ihm Gedanken, von denen sie besser nichts wissen sollte. Als sie sich auf der Upper Brook Street plötzlich nach ihm umdrehte, gelang es ihm nicht schnell genug, seine lüsternen Gedanken hinter einer ausdruckslosen Miene zu verbergen.
„Grayson Boscastle", sagte sie verzweifelt, „wage es nicht, mich in der Öffentlichkeit so anzusehen!"
Er grinste sie lässig an. „Ich habe nur deine Figur bewundert."
„Was soll ich bloß mit dir machen?"
„Ich kann nichts dafür, dass ich wie ein Mann denke." Und er konnte auch nichts dafür, wenn er immer wieder darüber nachgrübelte, wie empfänglich sie am Abend zuvor für seine Liebkosungen gewesen war, wie verführerisch und willig. Allein die Erinnerung daran brachte sein Blut wieder in Wallung.
„Ja, es ist wieder deine schreckliche Männlichkeit, die du an den Tag legst", erklärte sie.
Er wurde einfach nicht aus ihr schlau. Mal wirkte sie abgeklärt, dann wieder verletzlich. Sie war ein Widerspruch in sich selbst, doch bei genauer Betrachtung traf das auch auf ihn selbst zu.
Allem Anschein nach gab sie sich keine Mühe, sich nach einem anderen potenziellen Ehemann umzusehen. Aber obwohl sie praktisch keinerlei Anstrengungen unternahm, um besonders attraktiv zu erscheinen, fühlte er selbst sich ungeheuer von ihr angezogen. Andere Frauen hingegen hatten erst ausgefallene Pläne schmieden müssen, um ihn auf sich aufmerksam zu machen.
Sobald er eine Dummheit machte, durchschaute sie ihn, und sie wagte es, ihn zu beschimpfen, wenn er ihr helfen wollte. Diese Freundschaft war von einer ganz anderen Art als alles, was er bislang kannte, und sie gefiel ihm.
„Übrigens", sagte er, während er sich ihrem Pferd näherte, kaum dass sie den Park erreicht hatten, „war es sehr aufmerksam von dir, mir heute Morgen den Rhabarber zu senden. Du wirst sicher verzeihen, dass ich
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