Desiderio - Wenn Engel fallen (Gay Gothic Stories) (German Edition)
brummendem Schädel machte Frank sich auf die Suche nach seinem Auto, das unweit der Diskothek geparkt war und fuhr nach Hause. Als er das Haus betrat, hörte er seine Mutter wieder einmal in der Küche über die vielen streunenden Katzen in ihrer Vorstadt schimpfen. Das Klappern des Geschirrs nervte ihn. Es dröhnte unnatürlich laut in seinen Ohren, und Frank ging wortlos hinauf in sein Zimmer, das im oberen Stockwerk lag. Erschöpft fiel er auf sein Bett und schlief bald darauf wieder ein.
Mitten in der Nacht erwachte er, seine Sinne waren angespannt. Die Augen erkannten jeden Gegenstand in seinem Zimmer, obwohl es Neumond war und von der Straße her kaum Licht hereindrang. Sein hungriger Magen meldete sich. Frank streckte sich wohlig.
Die Glieder fühlten sich plötzlich so geschmeidig an. Er gähnte ausgiebig, sprang mit einem Satz aus dem Bett. Die Leichtigkeit in seinem Gang machte ihm fast Angst. Selten hatte er sich so wohl gefühlt. Er ging zum Kleiderschrank. Ein Blick in den großen Spiegel ließ ihn plötzlich erstarren.
Frank blickte in die durchdringend grünen Augen eines großen, kräftigen Katers mit sandfarbenem Fell.
* * *
Desiderio – Wenn Engel fallen
Der Nachtdienst im Hospital war anstrengend, doch Bruder Matteo tat ihn mit seinen über 60 Jahren noch voller Liebe und Hingabe. Das kleine Hospital diente bereits im letzten Weltkrieg als Lazarett für Verwundete und war direkt an das alte Kloster in den Abruzzen angebaut. Das Kloster der Barmherzigen Brüder war allerdings viele Jahrhunderte älter und immer nur notdürftig vor dem Verfall gerettet worden. Und irgendwann hatte man es hier vergessen. Die Pflege im Hospital war daher ein willkommener Kontakt zur Außenwelt.
Bruder Matteo huschte emsig wie eine kleine dicke Amsel in seiner schwarzgrauen Kutte durch die spärlich beleuchteten Gänge, sah nach den wenigen Patienten, die aus einigen älteren Bauern und ein paar unvorsichtigen Touristen bestanden, und machte sorgfältige Einträge in die Patientenkartei. Heute Abend machte ihm der Dienst besonders viel Freude, denn er hatte den jungen Novizen Desiderio aus dem nächstgelegenen Bergdorf in seiner Obhut, der heute das erste Mal Nachtdienst hatte, und musste ihm alles zeigen. Desiderio war gerade 17 Jahre, ein unschuldiger Knabe mit großen, neugierigen dunklen Augen. Seine Eltern brachten ihn vor einigen Monaten in das Kloster. Sie waren arm und mussten noch sechs Kinder zu versorgen. Das Kloster zahlte ihnen eine kleine Abfindung für ihren Sohn Eine Ausbildung konnten sie sich nicht leisten und der kleine Hof ernährte sie alle gerade mal so. Die umliegenden Dörfer versorgten auch das Kloster mit Lebensmitteln, denn die nächste größere Stadt war etliche Kilometer entfernt. Das Kloster zahlte ihnen eine kleine Abfindung für ihren Sohn, dessen Arbeitskraft ihnen fehlen würde.
Desiderio war es gewohnt, zu gehorchen und so hatte er keinerlei Mühe, sich in das anstrengende Klosterleben einzufügen. Die Mitbrüder mochten ihn und freuten sich, dass nach langer Zeit mal ein junger Mann wieder Interesse am Orden zeigte.
„Ich bin froh, dass unser neuer Doktor morgen kommt. Seit unser lieber Dottore Ernesto so krank geworden ist, habe ich nachts das Hospital geführt. Aber in meinem Alter macht sich das jetzt doch bemerkbar“, seufzte Bruder Matteo und drückte die linke Hand gegen den schmerzenden Rücken.
„Ein neuer Doktor? Aus der Stadt?“ fragte Desiderio.
„Ja, mein Sohn, mich wundert es auch, dass sich jemand freiwillig hier in diese Einsamkeit begibt, wenn er doch viel Geld und Ruhm in der Stadt ernten kann.“
„Vielleicht ist ihm der Dienst an den Menschen wichtiger“, meinte Desiderio.
„Ja, gebe Gott, dass dieser Dottore so lange bleibt wie unser lieber Bruder Ernesto.“ Bruder Matteo bekreuzigte sich.
Dottore Salvatore di Angelo traf in den frühen Abendstunden des nächsten Tages im Hospital ein. Es war kühl trotz des Frühlings und leichter Nebel zog über den Bergen dahin. Obwohl er nicht fror, schlug der Doktor den Mantelkragen hoch, die Heizung in seinem alten, klapprigen Wagen hatte allerdings eh schon vor einiger Zeit den Geist aufgegeben. Er hasste diese konventionelle Art, zu reisen. Die unwegsamen Straßen taten weder seinem Rücken noch den Stoßdämpfern gut und so war er froh, endlich vor dem Backsteingebäude anzukommen, das wie ein unpassender Anbau an einem aus Felssteinen
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