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Desiderium

Desiderium

Titel: Desiderium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christin C. Mittler
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Körper ging. »Du musst sofort los! Sonst kommst du nicht rechtzeitig zurück.« Etwas zu unwirsch brachte er Abstand zwischen uns. Er wurde hektisch, schien gar nicht schnell genug weg zu können.
    »Er hat recht, du solltest los«, fügte Darragh hinzu ohne sich zu bew egen.
    Auch wenn ich keine Ahnung habe, wieso. Glück für die beiden, dass ich nicht ernsthaft beleidigt sein konnte. »Ich muss in diese Richtung, richtig? Oder darf ich da jetzt auch nicht mehr lang?« Ich deutete grob zur Bergkette.
    Weder Jaron noch Darragh antworteten mir. Sie tauschten einen viels agenden Blick. Darragh nickte, Jaron begann sich mit dem Zaumzeug seines Pferdes zu beschäftigten.
    Da keiner der beiden aussah , als würden sie noch mit mir reden wollen, drehte ich mich ohne ein weiteres Wort um und ging.
    Ich war noch keine fünfzig Meter gekommen, da hielt Jaron mich auf: »Cassim, warte!«
    Wie ein strahlender Ritter – nur ohne Rüstung und Lanze – erschien er neben mir; nun wieder auf seinem Pferd. Fest und selbstsicher saß er im Sattel – eine Hand an den Zügeln, die andere, die, die meine berührt hatte, noch immer in der Hosentasche:
    »Zu Fuß schaffst du es niem als rechtzeitig, aber …«
    »Danke für den Hinweis. Das hilft mir aber auch nicht sonderlich.«
    Jaron zog eine Augenbraue hoch. »Wenn du mich ausreden lassen würdest, wüsstest du, dass ich dir gerade meine Hilfe anbieten wollte. Los! Steig auf!« Er rutschte hin und her und deutete dann auf den freien Platz zwischen sich und dem Hals des Tieres.
    Ich tat nichts.
    Ungeduldig schnalzte er mit der Zunge. »Hör zu, du musst schnell hier weg, ich habe ein Pferd und kann damit nicht nur gut aussehen, sondern es auch reiten. Ergebnis: Ich kann dich zurückbringen. Aber dafür müsstest du aufhören, mich anzustarren und aufsteigen.«
    Unrecht hatte er damit nicht. Zumindest nicht mit dem Ergebnis.
    Ich setzte einen Fuß in den Steigbügel, dann schwang ich mich ohne seine Hilfe auf das Pferd, das einen ebenso stolzen Eindruck machte wie sein Besitzer; Jaron, der nun hinter mir saß, lehnte sich so weit wie möglich zurück.
    »Bist du überhaupt schon mal geritten?«, fragte er tonlos.
    »Früher mal, ja.« In Deutschland . »Aber für gewöhnlich ohne so freundliche Begleitung.«
    Jaron ging auf meinen Sarkasmus nicht ein.
    Während wir ritten, versuchte ich herauszufinden, woher er wusste, dass ich nicht nur nicht von hier kam, sondern zurüc kmusste. Wobei ich es vermied, Worte wie Sehnsucht oder Auserwählte zu verwenden. Zunächst dachte ich, er würde mich nicht hören, weil er in Gedanken war. Doch an der Art, wie sich seine Finger an den Zügeln verkrampften, sobald er versehentlich mein T- Shirt oder meine Jeans berührte, sah ich dass er mich absichtlich ignorierte.
    Als ich ihm andere Fragen stellte, bekam ich auch darauf keine An twort.
    Stattdessen hielt er irgendwann abrupt inne; er zog die Zügel so fest an, dass sie mir in die Taille schnitten. Ich drehte mich zu ihm und wurde von einem Blick empfangen, der mich gevierteilt und dann verbrannt hätte, wenn das Sprichwort wahr wäre.
    Wortlos stieg er ab . Als ich es ihm gleichtun wollte, unterschätzte ich, wie matschig der Boden war. Meine Schuhe fanden keinen Halt und rutschten weg; ich strauchelte. Doch bevor ich nähere Bekanntschaft mit der Natur unter mir schließen konnte, fing Jaron mich auf.
    Seine Hände legten sich um meine Mitte; sicher, aber offensich tlich auch darauf bedacht, mir nicht wehzutun. Es war nur ein kurzer Augenblick, wir berührten uns nur einen Wimpernschlag lang, aber es reichte. Dieser Stromschlag war stärker als der erste. Ich zuckte zusammen, mein Herz setzte aus. Unsere Blicke trafen sich und die elektrischen Ladungen zwischen uns hielten an.
    Jarons Augen weiteten sich.
    Ich lehnte mich an das dunkle Pferd, um ihn nicht länger berühren zu müssen, meine Hand strich über meine Taille. Mein Kopf sagte mir, dass die Haut verbrannt sein musste, aber das war sie nicht. Sie fühlte sich an wie immer.
    »Wie weit genau ist es noch?«, durchbrach ich den Moment.
    Er schüttelte nur den Kopf. »Maximal zweihundert Meter«, erklärte er dann. Und ohne ein weiteres Wort stieg er wieder auf, warf mir einen letzten Blick zu und ritt davon.
    Die Höflichkeit in Person!
    Er hatte nicht gelogen. Bei den vielen gleich aussehenden Pflanzen war es schwerer zu sagen, doch ich meinte etwas wiederzuerkennen. Die steinerne Kuppel, unter der das Portal stand, war ganz in der

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