Desiderium
mit den täglichen Dehnübungen, Liegestützen – von denen mir fünf nur unter Schmerzen gelangen – Sit- Ups und Klimmzügen.
Unangenehm, aber nicht unmöglich.
Anschließend führte Jaron mir eine Reihe Kunststücke, darunter Handstände und Überschläge vor, die ich nachmachen sollte.
Dumpf erinne rte ich mich, dass ich diese Art von Sport in der Grundschule gehasst hatte. Warum das so gewesen war, wusste ich wieder, als ich alles tat wie er es wollte, bis mein Nacken nach einer Rolle ein unheilverkündendes Knacken von sich gab.
Zögernd richtete ich mich auf.
Jaron hatte sich keinen Zentimeter gerührt, obwohl er sehen musste, dass ich Schmerzen hatte. Monsieur Belliers richtete sich auf seinem Platz auf, setzte sich jedoch wieder, als er sah, dass ich nicht ernsthaft verletzt war.
»Wozu soll das eigentlich gut sein? Soll ich demnächst einfach nur den Cheerleader für dich spielen?«, fragte ich einige Minuten später, als ich meinen Nacken schon vergessen hatte.
Jaron verzog das Gesicht. Interessante Idee , schien er sagen zu wollen. »Es stärkt dich. Es macht dich geschmeidiger. Du musst einsehen, dass es Vorteile hat, mehr zu können als zu laufen, wenn du einmal wegrennen musst.«
»Wov or sollte ich fliehen wollen?« Ich beugte mich hinten und ging in einen Handstand über, ehe ich einen Überschlag machte. Dann stand ich wieder auf den Füßen.
»Ich bin dein Trainer, aber kein ‚offiziell Eingeweihter’, keine Ahnung. Darragh hat mir nur gesagt, dass ich für alle möglichen Fälle trainieren soll. Am besten das, was ich besonders gut kann.«
»Du bist also ein besonders guter Cheerleader für dich selbst?«
Jaron schenkte mir einen gehässigen Blick. »Ich mach Parcours, du verzogene, französische Göre. Unsere Übungen sind dafür nicht mehr als nützliche Hilfen. Aber wenn ich dir jetzt die Strecke zeigen würde, an der ich in letzter Zeit übe, würdest du weinend zu deiner Mutter rennen.«
»Du wolltest doch etwas über die Welt der Menschen er fahren. Hier vier Lektionen: Erstens sind nicht alle Adligen verzogen, zweitens sind nicht alle Französinnen Gören, drittens Arroganz macht hässlich und viertens, und das solltest du dir sehr gut merken: Kein Wort über meine Mutter!«
»O nein, wird Mademoiselle I ch-fühl-nichts sentimental, wenn es um ihre Mutter geht?«
12:00 Uhr: Mittagessen:
Ich brachte kaum einen Bissen herunter. Ich ließ das gefüllte Hähnchen ein gefülltes Hähnchen sein, ging in die Bibliothek und schlief im Lehnstuhl, bis ich von einem überraschten Henry geweckt wurde.
14:00 Uhr: Das Buch:
Wie Joseph hatte auch der erste Auserwählte nach ihm in Ägypten g elebt. Er hatte uneingeschränkten Zugang zum Portal gehabt, obwohl es – wie hätte es anders sein können – in einer Pyramide aufbewahrt wurde.
In seiner aktiven Zeit hatte es weder Probleme innerhalb der noch jungen Welt der Sehnsüchte noch mit den Eingeweihten gegeben. Durch den Wechsel zwischen harter Arbeit und den Übergängen hatte er ein akzeptables Gleichgewicht gefunden und sich so davor bewahrt, von der Sehnsucht kontrolliert zu werden.
Er und die Menschen in seiner Umgebung waren jung gestorben, aber dafür war nicht das Erbe verantwortlich gewesen.
16:00 Uhr: Latein
Ich wiederholte das, was ich in den ersten beiden Tagen versucht hatte zu lernen und übersetzte einen anderen Übungstext.
Pépé wirkte zufrieden.
18:00 Uhr: Hausaufgaben
Alice sagte mir die Lösungen für Spanisch und Mathe vor und erzählte mir, dass meine Sportlehrerin sich in der Schule den Fuß ve rstaucht hatte, weil sie auf dem nassen Boden ausgerutscht war.
19:30: Tagesende:
Ich wusste nicht ob Noemies alleiniges Auftauchen ausschlaggebend gewesen war, aber meine Mutter schien zu wissen, dass ich die neue Auserwählte war. Zumindest ließ das Telefonat mit pépé , das sie unter einem Vorwand begonnen hatte, darauf schließen.
Warum sonst sollte sie ihn anschreien , wie er mir und damit auch ihr das antun könne und dass sie ihn, sobald sie könnte, persönlich dafür umbringen werde.
Bevor ihr das Telefo n weggenommen wurde, hörte ich wie sie sagte: »Ich lasse nicht zu, das sie genauso endet wie Danielle.«
Donnerstag
10:00: Recherche in der Welt der Sehnsüchte
Im Buch stand, dass sich große Veränderungen auch auf das Portal auswirken können. Aus diesem Grund untersuchten Jaron und ich das Portal, ob es neuaussehende Auffälligkeiten gab.
Genau genommen
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