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Desire - Die Zeit Der Rache Ist Gekommen

Desire - Die Zeit Der Rache Ist Gekommen

Titel: Desire - Die Zeit Der Rache Ist Gekommen Kostenlos Bücher Online Lesen
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hörte ihr mit einem gezwungenen Lächeln zu, das die Wärme eines sibirischen Schneesturms innehatte. Er hatte seine Hände mit den weichen, rosigen Fingern gefaltet.
    Vater Frank schien in der vergangenen Woche um zehn Jahre gealtert zu sein. Sein dunkles Haar, für gewöhnlich gekämmt und ordentlich geschnitten, war zerwühlt und wies ein paar graue Strähnen auf. Auf seinem Kinn lag ein Bartschatten, seine Augen waren tief in ihre Höhlen gesunken, als wäre ihm das Leben, wenn nicht gar sein Glaube aus der Seele gesaugt worden. Seine Finger waren permanent in Bewegung. Nervös. Er konnte als Beispiel eines Mannes gelten, der von seinen eigenen Sünden heimgesucht wurde.
    Schwester Louise versuchte, mit traurigen Augen seinem Blick zu begegnen, stellte Lucia fest, doch Vater Frank war in seiner eigenen Welt gefangen. Er war zwar körperlich anwesend, geistig jedoch meilenweit entfernt.
    Doch es ging nicht nur den Priestern so. Alle in St. Marguerite waren nervös, mutmaßte Lucia, und hinterfragten ihre Berufung, und zwar nicht nur diejenigen, die kirchliche Gewänder trugen. Auch die Laienkräfte waren betroffen.
    Der Hausmeister, Elwin Zaan, stützte sich auf seinen Besen und machte ein todunglückliches Gesicht.
    Neron Lopez, der für gewöhnlich so unbeschwerte Gärtner, hatte die ganze Woche über noch nicht gelächelt. Lucia hatte ihn dabei ertappt, dass er sich ständig bekreuzigte und zu den Kirchtürmen hinaufblickte, als erwartete er, von irgendetwas Schrecklichem ereilt zu werden, während er die Beete harkte und Unkraut jätete.
    Regina, die sauertöpfische Köchin, war ungewöhnlich still und blieb für sich. Das Kreuz, das sie um ihren Hals trug, war noch deutlicher zu sehen als sonst und baumelte an seiner glänzenden Kette, wenn sie Pastetenteig ausrollte oder Suppe schöpfte. Die Befehle, die sie für gewöhnlich in der Küche bellte, waren nicht mehr so scharf, und es ging das Gerücht, dass sie erwog, ihre Stelle zu kündigen. Eileen, die Rezeptionistin mit dem krausen, bläulichen Haar und den farblich abgestimmten Hosenanzügen, hatte den Großteil der vergangenen Woche damit verbracht, sich die Augen zu tupfen. Nur Clifton Sharkey, der Wartungstechniker, der anscheinend alles reparieren konnte, von Schuhen bis hin zu Maschinen, wirkte relativ unberührt, obwohl er mächtig schwitzte. Lucia blickte in seine Richtung und sah, wie er die Stirn runzelte.
    »Es ist Zeit, dass wir uns zusammennehmen. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Furcht in unsere Seelen dringt«, psalmodierte die Mutter Oberin. Aller Augen folgten ihr, als sie hinter ein Pult in der Nähe der Fenster trat.
    Alle Nonnen von St. Marguerite waren beunruhigt, jetzt, da das Gefühl von Sicherheit innerhalb der heiligen Konventsmauern erschüttert war.
    Sie hatten miteinander geredet, wenn sie nach St. Elsinore fuhren, Gartenarbeit oder ihre Pflichten im Haushalt verrichteten. Immer, wenn sie zwischen ihren Gebetsstunden, den Meditationen und ihren Aufgaben bei den Bedürftigen Zeit fanden, hatten sie sich im Flüsterton über ihre Ängste unterhalten. Erst gestern, im Garten, direkt vor der Abendmesse, waren einige der Frauen zusammengekommen, darunter auch Lucia. Sie hatte die Nervosität der Nonnen gespürt.
    »Warum Asteria?«, hatte Schwester Dorothy gefragt und besorgt die Perlen ihres Rosenkranzes zwischen den dicklichen Fingern gedreht. »Sie war so … gut, so rein.«
    »Ach, war sie das wirklich?«, hatte Schwester Maura geflüstert und die kleinere Nonne mit einem finsteren Blick bedacht. »Glaubst du nicht, dass es genau darum geht? Dass sie umgebracht wurde, weil sie eben nicht rein, sondern unkeusch war? Genau davon gehe ich aus.«
    »Nein, sie war keusch«, widersprach Schwester Angela und blickte durch ihre schmalen Brillengläser in die Runde.
    »Glaubst du etwa, Keuschheit rettet einen vor einem Wahnsinnigen?«, hatte Maura gefragt. »Denn genau so einer geht doch hier um.«
    Lucia hatte an die Stimme in ihrem Ohr gedacht und den Mund gehalten, doch insgeheim pflichtete sie Dorothy und Angela bei.
    »Ich sage doch nur«, verteidigte sich Dorothy nervös, »dass es möglicherweise Gründe für Camilles Ermordung gab …« Ihre Stimme verklang, und sie bekreuzigte sich.
    »Vielleicht sollten wir lieber nicht darüber reden«, erwiderte Schwester Zita, wie immer ganz die Stimme der Vernunft, und zupfte sich einen verirrten Fussel vom Ärmel.
    »Sie hat recht«, bestätigte Devota. »Wir dürfen nicht

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