Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Desperation

Desperation

Titel: Desperation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
WELTLICHEN ORGANISATIONEN waren lesbar, wenn auch mit gelber Farbe übersprüht. Darüber hatte jemand mit eckigen Buchstaben in
derselben Farbe die Worte TOTEN HUNDE gekritzelt. Darunter waren die Namen der kirchlichen und weltlichen Organisationen im einzelnen aufgelistet, aber Peter machte sich
nicht die Mühe, sie zu lesen. Ein deutscher Schäferhund hing
an dem Schild. Seine Hinterläufe schwangen drei bis vier Zentimeter über einem Flecken Erde, der dunkel und schlammig
vom Blut des Hundes war.
Marys Hände umklammerten seine wie ein Schraubstock.
Der Druck war ihm angenehm. Er beugte sich wieder zu ihr, in
den süßen Duft ihres Parfüms und den sauren Geruch ihres
Angstschweißes, beugte sich zu ihr, bis seine Lippen ihr Ohr
berührten. »Sag kein Wort, gib keinen Laut von dir«, murmelte
er. »Nick mit dem Kopf, wenn du mich verstanden hast.«
Sie nickte an seinen Lippen, und Peter richtete sich wieder
auf.
Sie kamen an einem eingezäunten Campingplatz vorbei.
Die meisten Wohnwagen waren klein und sahen aus, als hätten sie schon bessere Zeiten gesehen - etwa zu der Zeit, als Cheers zum erstenmal gesendet worden war. Wäsche flatterte
zwischen einigen von ihnen traurig im Wüstenwind. Vor
einem stand ein Schild mit der Aufschrift:
    ICH BIN EIN SCHWERBEWAFFNETER,
SCHNAPSTRINKENDER,
BIBELFESTER, UNRUHESTIFTENDER
CLINTON-HASSENDER HURENSOHN!
VERGISS DEN HUND, HÜTE DICH VOR
SEINEM HERRCHEN!
    Auf einem alten Airstream dicht am Straßenrand war eine
große schwarze Satellitenschüssel montiert. An der Seite
stand ein weiteres Schild, weißgestrichenes Blech, durch das
sich Rostspuren wie uralte blutige Tränen zogen:
    DIESE TELAKOMMUNIKATIONSEINRICHTUNG
IST EIGENTUM DES
RATTLESNAKE-CAMPINGPLATZES
BETREHTEN VERBOTEN! POLIZEIKONTROLLEN!
    Hinter dem Rattlesnake-Campingplatz befand sich eine lange
Nissen-Hütte mit rostigen Wänden und rostigem Dach. Auf
dem Schild davor stand DESPERATION MINING CORP. Auf
einer Seite lag ein rissiger Asphaltparkplatz mit einem Dutzend Autos und Pickups. Einen Augenblick später fuhren sie
am Desert Rose Cafe vorbei.
Dann befanden sie sich in der eigentlichen Stadt. Desperation, Nevada, bestand aus zwei Straßen, die sich im rechten
Winkel kreuzten (eine Ampel, die derzeit auf allen vier Seiten
gelb blinkte, hing über dieser Kreuzung) und zwei Blocks mit
Bürogebäuden. Die meisten schienen falsche Fassaden zu haben. Es gab ein Owl-Club-Casino und -Cafe, einen Lebensmittelladen, eine Wäscherei, eine Bar mit einem Schild im Fenster,
auf dem stand: GENIESSEN SIE UNSERE HASTFREUNDSCHAFT, einen Eisen- und Gemischtwarenladen, ein Kino,
das The American West hieß, und einiges anderes. Die Geschäfte machten allesamt nicht den Eindruck, als wären sie
Goldgruben, und das Kino sah aus, als wäre es schon vor langer Zeit dichtgemacht geworden. Ein einzelnes schiefes R
hing von der schmutzigen, eingeschlagenen Anzeige.
Auf der anderen Seite, in östlicher und westlicher Ric htung,
standen ein paar Holzhäuser und weitere Wohnwagen. Nichts
schien sich zu bewegen, abgesehen von dem Streifenwagen
des riesigen Cops und einer Windhexe, die langsam und träge
die Main Street entlangrollte.
Ich würde auch machen, daß ich von der Straße verschwinde,
wenn ich den Kerl hier kommen sähe, dachte Peter. Das kannst du
aber singen.
Hinter der Stadt lag ein gewaltiges rundes Bollwerk, zu
dessen Gipfel eine mindestens vier Spuren breite Schotterstraße in weiten Serpentinen hinaufführte. Der Rest des runden
Walls, der mindestens hundert Meter hoch sein mußte, war
von tiefen Ablaufkanälen durchzogen. Peter fand, daß sie wie
Runzeln in alter Haut aussahen. Am Fuß des Kraters (er
vermutete, daß es sich um einen Krater handelte, die Überreste eines Bergwerks) standen Lastwagen, die im Vergleich zu
der aufragenden, hohen Mauer dahinter wie Spielzeuge aussahen, vor einem langen, rostigen Gebäude, durch das ein
Förderband führte.
Ihr Fahrer sprach zum erstenmal, seit er ihnen gesagt hatte,
daß sein Kopf voller Löcher sei, oder was immer er gesagt
hatte.
»Rattlesnake Nummer Zwei«, sagte er. »Auch China-Mine
genannt.« Er hörte sich an wie ein Fremdenführer, dem seine
Arbeit noch Spaß macht. »Nummer Zwei wurde neunzehnhunderteinundfünfzig eröffnet, und etwa von zweiundsechzig an bis weit in die siebziger Jahre hinein war es die größte
Kupfermine im Tagebau in den Vereinigten Staaten, möglicherweise auf der ganzen Welt. Dann war sie erschöpft. Vorletztes Jahr haben sie den Betrieb wieder

Weitere Kostenlose Bücher