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Desperation

Desperation

Titel: Desperation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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kann es nicht mit Sicherheit sagen.
Alles schien paletti, bis er das Dope gefunden hatte.«
Mary hielt die Hände hoch. »Moment, Moment, Auszeit.«
Marinville sah sie an.
»Dieser Stoff, den Sie dabei hatten -«
»Der gehörte nicht mir, kommen Sie bloß nicht auf die Idee.
Glauben Sie, ich fahre mit einer Harley quer durchs Land und
hab ein halbes Pfund Gras in der Satteltasche? Ich hab vielleicht zu heiß gebadet, aber so heiß nun auch wieder nicht.«
Mary fing an zu kichern. Dadurch mußte sie noch schlimmer pinkeln, aber sie konnte nicht anders. Alles war einfach
zu perfekt, zu wunderbar nahtlos. »War ein Smiley-Sticker
darauf?« fragte sie und kicherte mehr denn je. Eigentlich
brauchte sie keine Antwort auf diese Frage, aber sie wollte sie
trotzdem hören. »Mr. Smiley-Smile?«
»Woher wissen Sie das?« Marinville sah sie erstaunt am
Außerdem hatte er eine bemerkenswerte Ähnlichkeit mit Arlo
Guthrie, jedenfalls im Licht der Taschenlampen, und Marys Kichern wurde zu einem kleinen Lachanfall. Sie merkte, wenn sie
nicht bald aufs Klo ginge, würde sie sich in die Hose machen.
»W-weil es aus unserem K-K-Kofferraum stammt«, sagte
sie und hielt sich den Bauch. »Es gehörte meiner Schwä Schwä-Schwägerin. Sie ist total durchgeknallt. Entragian mag
vielleicht v-v-verrückt sein, aber zumindest re-re-recycelt
er… Entschuldigung, mir passiert gleich ein Malheur.«
Sie lief hastig über den Flur. Als sie die Tür der Herrentoilette aufriß, mußte sie noch mehr lachen. Mitten in dem
Raum stand, wie der Thron in einer komischen Oper, eine
tragbare Toilette, unter deren Sitz ein großer Beutel an einem
Stahlrahmen befestigt war. An der Wand gegenüber befand
sich eine weitere Leuchtstiftzeichnung, offenbar vom selben
Künstler, der den Fisch geschaffen hatte. Hier handelte es sich
um ein Pferd im gestreckten Galopp. Orangeroter Rauch quoll
aus seinen Nüstern, und es hatte ein tückisches purpurnes
Funkern in den Augen. Es schien auf einen Abschnitt der
Prärie östlich der Sonne und westlich der Waschbecken zuzulaufen. An dieser Wand waren keine Kacheln abgefallen, aber
die meisten wölbten sich nach außen, was dem Hengst ein
verzerrtes, traumhaftes Aussehen verlieh.
Draußen heulte der Wind. Als Mary die Hose aufmachte
und sich auf den kalten Toilettensitz setzte, mußte sie plötzlich daran denken, wie Peter manchmal die Hand an den
Mund gehalten hatte, wenn er lachte - er berührte mit dem
Daumen einen Mundwinkel, mit dem Zeigefinger den anderen, als würde das Lachen ihn irgendwie verwundbar machen
-, und auf einmal weinte sie ohne Übergang; zumindest bemerkte sie keinen. Wie dumm das alles war, mit fünfunddreißig Witwe zu sein, ein Flüchtling in einer Stadt voll toter
Menschen, in einem leerstehenden Kino in der Herrentoilette
auf einem tragbaren Klo mit Beutel zu sitzen und gleichzeitig
zu pinkeln und zu weinen, zu pissen und zu stöhnen, könnte
man sagen, und ein verschwommenes Tier an der Wand anzustarren, das so windschief aussah, als liefe es unter Wasser,
wie dumm, solche Angst zu haben und nicht trauern zu können, weil ihr Verstand so fest entschlossen war, um jeden Preis
zu überleben … als hätte ihr Peter überhaupt nie etwas bedeutet, als wäre er nur eine Fußnote im Buch ihres Lebens.
Wie dumm, immer noch solchen Hunger zu haben … aber
den hatte sie.
»Warum passiert das alles? Warum ausgerechnet mir?« flüsterte sie und verbarg das Gesicht in den Händen.
3
    Wenn einer von ihnen bewaffnet gewesen wäre, hätten sie sie
wahrscheinlich erschossen.
Steve und Cynthia gingen gerade an Bud’s Suds vorbei (auf
dem Neonschild im Fenster stand GENIESSEN SIE UNSERE
GASTFREUNDSCHAFT), als die Tür des Geschäfts nebenan
aufgerissen wurde (eine Wäscherei) und eine Frau heraussprang. Steve, der nur einen dunklen Umriß sah, hob das Abzieheisen, um nach ihr zu schlagen.
»Nein!« sagte Cynthia, ergriff sein Handgelenk und Weites
fest. »Nein, laß das!«
Die Frau
- sie hatte dichtes dunkles Haar und sehr weiße
Haut, aber das war alles, was Cynthia auf den ersten Blick sehen konnte
- packte Steve an den Schultern und kam mit
ihrem Gesicht ganz nah an seines heran. Cynthia glaubte
nicht, daß die Frau aus der Wäscherei das erhobene Abzieheisen überhaupt gesehen hatte. Sie wird ihn fragen, ob er zu Jeeeesus gefunden hat, dachte Cynthia. Wenn sie einen so packen, sagen
sie niemals Jesus, immer nur Jeeeesus.
Aber natürlich sagte sie etwas anderes.
»Wir müssen hier raus.« Ihre Stimme klang

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