Desperation
machen?«
»Handy«, sagte Steve.
»Die funktionieren hier in der Gegend normalerweise nicht
besonders gut«, sagte die dunkelhaarige Frau. »Zu viele Erzvorkommen.«
Sie traten unter den Baldachin des Kinos (eine Windhexe,
die im Winkel zwischen dem verglasten Kartenhäuschen und
der linken Tür feststeckte, rasselte wie eine Rumbakugel) und
blieben am entgegengesetzten Ende stehen. »Da ist die
Gasse«, sagte Cynthia. Sie ging hinein, aber die Frau blieb wie
angewurzelt stehen und sah stirnrunzelnd von Steve zu Cynthia und wieder zurück zu Steve.
»Was für ein Freund? Was für andere Leute?« fragte sie.
»Wie sind sie hierher gekommen? Und wieso hat dieser
Scheißkerl Collie sie nicht umgebracht?«
»Das klären wir später.« Steve ergriff ihren Arm.
Sie widersetzte sich ihm, und als sie wieder sprach, klang
ihre Stimme ängstlich. »Sie bringen mich zu ihm, nicht
wahr?«
»Lady, wir wissen nicht mal, von wem Sie sprechen«, sagte
Cynthia. »Möglicherweise läuft hier jemand frei herum und
bringt Leute um, aber wir haben ihn nicht gesehen. Und jetzt kommen Sie.«
»Ich höre einen Motor«, sagte Steve. Er legte den Kopf
schief. »Ich glaube, er kommt von Süden. Auf jeden Fall in unsere Richtung.«
Die Frau riß die Augen auf. »Er«, flüsterte sie. »Er.« Sie sah
nur einen Moment über die Schulter, als sehnte sie sich nach
der sicheren Wäscherei, dann traf sie ihre Entscheidung und
lief die Gasse entlang. Als sie zu dem Holzzaun kamen, der an
der Rückseite des Kinos verlief, mußten Steve und Cynthia
sich sputen, um auch nur mit ihr Schritt zu halten.
4
»Sind Sie sicher…« begann die Frau, dann leuchtete etwas entfernt in dem Gebäude einmal kurz eine Taschenlampe auf. Sie
standen hintereinander, Steve zwischen den Frauen, die aus
der Wäscherei war vor ihm. Er nahm ihre Hand (die sehr kalt
war) in seine rechte, die von Cynthia (nur unmerklich wärmer) in seine linke. Die dunkelhaarige Frau führte sie kurz
den Weg entlang. Die Taschenlampe leuchtete wieder auf;
diesmal schien ihr Lichtstrahl auf zwei aufeinandergestapelte
Kisten.
»Klettern Sie da rauf und hier rein«, flüsterte eine Stimme.
Steve hörte sie mit Freuden.
»Boß?«
»Na klar doch.« Marinville hörte sich an, als würde er lächeln. »Den Overall find ich riesig - sieht so männlich aus.
Kommen Sie rein, Steve.«
»Wir sind zu dritt.«
»Je mehr ihr seid, desto lustiger wird’s.«
Die dunkelhaarige Frau schob den Rock hoch, damit sie auf
die Kisten steigen konnte, und Steve sah, wie der Boß den Anblick genoß. Offenbar konnte manche Dinge nicht einmal die
Apokalypse ändern.
Steve half Cynthia hinauf, dann kletterte er selbst hoch. Er
drehte sich herum, schlüpfte teilweise hinein, griff nach unten
und stieß die obere Kiste von der unteren. Er wußte nicht, ob
das reichte, den Kerl zu täuschen, vor dem die dunkelhaarige
Frau solche Angst hatte, sollte er hierher kommen und herumschnüffeln, aber es war besser als nichts.
Er glitt vollends in den Raum, einen Pennerunterschlupf,
wie er im Buche stand, packte den Boß und umarmte, ihn.
Marinville lachte überrascht und erfreut zugleich. »Bitte keinen Zungenkuß, Steve, darauf muß ich bestehen.«
Steve hielt ihn grinsend an den Schultern. »Ich dachte, Sie
sind tot, Boß. Wir haben Ihre Mühle unter dem Sand gefunden.«
»Die haben Sie gefunden?« Jetzt hörte sich Marinville regelrecht entzückt an. »Verdammter Hurensohn!«
»Was ist mit Ihrem Gesicht passiert?«
Marinville hielt sich die Linse der Taschenlampe unters
Kinn und verwandelte sein fleischiges, farbloses Gesicht in etwas aus einem Horror-Film. Seine Nase sah aus wie ein auf
der Straße überfahrenes Tier. Sein Grinsen war zwar fröhlich,
verschlimmerte aber den Gesamteindruck noch. »Was meinen
Sie? Wenn ich so eine Rede vor den amerikanischen PEN-Brüdern halten würde, glauben Sie, diese Arschlöcher würden
mir dann endlich mal zuhören?«
»Mann«, sagte Cynthia ehrfürchtig, »Sie hat aber echt jemand in die Mangel genommen.«
»Entragian«, sagte Marinville ernst. »Haben Sie ihn kennengelernt?«
»Nein«, sagte Steve. »Und nach allem, was ich bisher gehört
und gesehen habe, will ich das auch nicht.«
Die Tür des Badezimmers ging mit quietschenden Scharnieren auf, und ein Junge stand da - kurzes Haar, blasses Gesicht, T-Shirt der Cleveland Indians. Er hielt eine Taschenlampe in der Hand, schwenkte sie rasch und leuchtete den
Neuankömmlingen nacheinander ins Gesicht. Die dunkelhaarige Frau zuckte zusammen,
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