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Desperation

Desperation

Titel: Desperation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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felsenfestes Versprechen von
mir an dich.«
David starrte weiter über die Sitze hinaus. »Ich weiß nicht,
was ich tun soll«, sagte er. »Ich weiß, ich muß Gott bitten,
daß er mir hilft, einen klaren Kopf zu bekommen, aber im
Augenblick bin ich so wütend auf Gott, daß ich es nicht
kann. Jedesmal, wenn ich versuche, mich zu beruhigen,
kommt mir das in die Quere. Er hat zugelassen, daß der
Cop meine Mutter mitgenommen hat! Warum? Herrgott,
warum?«
Weißt du, daß du vor kurzer Zeit erst ein Wunder vollbracht
hast? dachte Steve, sprach es aber nicht aus. Das würde Davids Verwirrung und Elend vielleicht nur noch schlimmer
machen. Nach einem Moment stand Steve auf, steckte die
Hände tief in die Taschen und sah mit sorgenvollem Blick auf
den Jungen hinab.
5
    Das Pumaweibchen ging langsam, mit gesenktem Kopf und
angelegten Ohren, die Gasse entlang. Die Katze wich den
Mülltonnen und dem Stapel Abfallholz sehr viel geschickter
aus als die Menschenwesen; sie sah im Dunkeln weitaus besser. Trotzdem blieb sie am Ende der Gasse stehen, und ein tiefes, klägliches Knurren entrang sich ihrer Kehle. Das gefiel ihr
nicht. Einer von ihnen war stark - sehr stark. Die Kraft dieses
einen, die wie ein Lichtschein pulsierte, konnte sie sogar
durch die Backsteinmauer des Gebäudes spüren. Dennoch
kam Ungehorsam nicht in Frage. Der Außenseiter, der aus der
Erde, war im Kopf des Pumaweibchens, wo sich sein Wille
festgesetzt hatte wie ein Angelhaken. Derjenige sprach in der
Sprache der Ungeformten, aus der Vorzeit, als alle Tiere, abgesehen von den Menschen und dem Außenseiter, eins gewesen waren.
Aber dieses Gefühl der Stärke gefiel ihr nicht. Dieses
Leuchten.
Das Pumaweibchen knurrte wieder, ein Brummen, das anund abschwoll und mehr aus seinen Nasenlöchern als aus seinem geschlossenen Mund kam. Es schob den Kopf um die
Ecke und zuckte zusammen, als ein Windstoß ihr das Fell zerzauste und ihre Nase mit Gerüchen von Trespe und Akelei
und altem Fusel und noch älterem Backstein attackierte.
Selbst von hier konnte sie den bitteren Geruch aus der Mine
südlich der Stadt wahrnehmen, den Geruch, der da war, seit
sie das letzte halbe Dutzend Löcher gesprengt und den bösen
Ort wieder geöffnet hatten, den die Tiere kannten und die
Menschen zu vergessen versucht hatten.
Der Wind ließ nach, und das Pumaweibchen glitt langsam
den Pfad zwischen dem Bretterzaun und der Rückseite des
Kinos entlang. Es verweilte bei den Kisten, allerdings länger
bei der, die umgestoßen worden war, als bei der, die noch an
der Mauer stand. Hier nahm es eine Vielzahl verschiedener
Gerüche wahr. Der letzte Mensch, der auf die Kiste geklettert
war, hatte sie von der an der Mauer heruntergestoßen. Das
Pumaweibchen konnte seine Hände riechen, ein anderer,
strengerer Geruch als der der anderen. Ein Hautgeruch, irgendwie unbekleidet, von Schweiß und Ölen durchdrungen. Er
gehörte einem Männchen in der Blüte seiner Jahre.
Außerdem konnte die Katze Schußwaffen riechen. Unter
anderen Umständen wäre sie vor diesem Geruch geflohen,
aber jetzt war es einerlei. Sie würde dorthin gehen, wohin der
Große Alte sie geschickt hatte; ihr blieb keine andere Wahl.
Die Wildkatze schnupperte an der Wand, dann sah sie zum
Fenster hinauf. Das Fenster war nicht verriegelt, sie konnte sehen, wie es sich leicht im Wind bewegte. Nicht viel, weil es in
einer Nische lag, aber das reichte ihr aus, um zu wissen, daß es
offen war. Sie könnte hinein. Es wäre leicht. Das Fenster würde vor ihr aufschwingen, es würde nachgeben, wie es Menschendinge manchmal taten.
Nein, sagte die Stimme des Ungeformten. Das kannst du
nicht.
Ein Bild flackerte kurz im Kopf des Pumas auf: glänzende
Gegenstände. Menschen-Trinkgefäße, die manchmal an Steinen zu funkelnden Bruchstücken zerschmettert wurden,
wenn die Menschen mit ihnen fertig waren. Sie begriff (etwa
so, wie ein Laie eine komplizierte geometrische Ableitung
verstehen konnte, wenn sie einfach genug erklärt wurde), daß
sie eine Anzahl dieser Menschen-Trinkgefäße auf den Boden
werfen würde, wenn sie versuchen sollte, zu dem Fenster hineinzuspringen. Sie verstand nicht, wie das möglich sein
konnte, aber die Stimme in ihrem Kopf sagte, daß es so wäre
und die anderen hören könnten, wie das Glas kaputtging.
Das Pumaweibchen schlich wie ein dunkler Schattenwirbel
unter dem angelehnten Fenster vorbei, schnupperte kurz an
der Feuertür, die zugenagelt war, und kam zu einem zweiten
Fenster. Das war in derselben Höhe wie

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