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Desperation

Desperation

Titel: Desperation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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gewesen.
Wenn es darum ging, Mary zu holen, würde nie ein günstigerer Zeitpunkt kommen als jetzt. Während es das tat, würde
Audrey vielleicht den Jungen finden und töten. Das wäre
herrlich. Keine Sorgen mehr. Kein Herumschleichen. Es
konnte Ellen gegen Mary tauschen und sich dann die anderen
schnappen, ganz wie es ihm beliebte.
Und später? Wenn sein derzeitiger (und begrenzter) Vorrat
an Körpern zu Ende ging? Sollte es sich weitere Durchreisende auf dem Highway greifen? Vielleicht. Und wenn Leute,
neugierige Leute, in die Stadt kamen, um nachzusehen, was
eigentlich in Desperation los war, was dann? Es würde über
diese Brücke gehen, wenn es den Fluß erreichte; es besaß
wenig Erinnerungen und noch weniger Interesse an der Zukunft. Vorerst würde es ausreichen, Mary zur China-Mine zu
bringen.
Tak ging die Treppe des Rathauses hinunter, warf einen
Blick auf den Polizeiwagen und überquerte die Straße dann
zu Fuß. Kein Auto, nicht für dieses Unterfangen. Als es auf
dem gegenüberliegenden Bürgersteig stand, lief es mit langen
Schritten; Sand wirbelte unter den Turnschuhen auf, die an
den Seiten aufgeplatzt waren, da sie die zu groß gewordenen
Füße nicht mehr fassen konnten.
2
    Audrey konnte hören, wie sie alle auf der Bühne Davids Namen riefen … und ihren. Bald würden sie ausschwärmen und
nach ihnen beiden suchen. Sie hatten Gewehre, und das
machte sie gefährlich. Der Gedanke, getötet zu werden,
machte ihr nichts aus - jedenfalls nicht viel, nicht so viel wie
am Anfang
-, wohl aber die Vorstellung, daß es passieren
könnte, bevor sie den Jungen töten konnte. Für den Puma war
die Stimme des Dings aus der Erde wie ein Angelhaken gewesen; für Audrey Wyler war sie wie eine Schlange, die Säure absonderte, während sie sich in sie hineinfraß und die Personlichkeit der Frau dahinschmelzen ließ, die vorher dort gewesen war. Dieses Gefühl des Dahinschmelzens war über die
Maßen angenehm, als würde man eine weiche Süßspeise zu
sich nehmen. Zuerst war das nicht so, zuerst war es unangenehm gewesen, als würde man von einem Fieber übermannt
werden, aber je mehr der can tahs sie sammelte (wie ein Kind,
das an einer Schnitzeljagd teilnahm), desto schwächer wurde
dieses Gefühl. Jetzt mußte sie nur den Jungen finden. Tak, der
Ungeformte, wagte nicht, sich ihm zu nähern, daher mußte sie
es an seiner Stelle tun.
Oben an der Treppe blieb die Frau stehen, die einsachtundsiebzig groß gewesen war, als Tom Billingsley sie zum erstenmal gesehen hatte, und sah sich um. Eigentlich hätte sie
gar nichts sehen dürfen - es gab nur ein Fenster, und das einzige Licht, das zu der schmutzigen Scheibe hereinfiel, kam
von der blinkenden Ampel und einer einzigen kümmerlichen
Straßenlampe vor Bud’s Suds
-, aber ihr Sehvermögen hatte
sich mit jedem can tah, das sie gefunden oder bekommen
hatte, deutlich verbessert. Jetzt hatte sie fast das Sehvermögen
einer Katze, daher barg der abfallübersäte Flur keinerlei Geheimnisse für sie.
Die Leute, die sich in diesem Teil des Gebäudes herumgetrieben hatten, waren bei weitem nicht so ordentlich gewesen
wie Billingsley und seine Truppe. Sie hatten ihre Flaschen in
den Ecken zerschmettert, statt sie zu sammeln, und anstelle
von phantastischen Fischen und Pferden, die Rauch aus den
Nüstern stießen, waren die Wände mit breiten Magie-MarkerPiktogrammen geschmückt. Eins von ihnen, primitiver als
alle Höhlenzeichnungen, zeigte ein mißgestaltetes Kind mit
Hörnern, das an einer riesigen Brust hing. Darunter war ein
kleines Couplet gekritzelt: KLITZEKLEINES BABY SMITTEN, DU BEISST GERN IN MAMAS TITTEN. Papiermüll Essenstüten aus Imbißrestaurants, Süßigkeitenverpackungen,
Kartoffelchipsbeutel, leere Zigarettenpackungen und Kondompäckchen - häuften sich auf beiden Seiten des Flurs. Ein
gebrauchtes Kondom hing am Knauf der Tür mit der Aufschrift MANAGER; es klebte wie eine tote Schnecke an seinen
eigenen, längst getrockneten Säften fest.
Die Tür zum Büro des Managers lag rechts. Gegenüber lag
eine mit der Aufschrift HAUSMEISTER. Links vorne befand
sich eine weitere Tür ohne Aufschrift, dann kam ein Torbogen, über dem mit uralter, abblätternder schwarzer Farbe ein
Wort geschrieben worden war. Nicht einmal mit ihren
Augen konnte sie das Wort lesen, jedenfalls aus dieser Entfernung nicht, aber nach einem oder zwei Schritten wurde
es deutlich: BALKON. Der Durchgang war zugenagelt worden, aber jemand hatte die Bretter entfernt und rechts und
links von dem

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