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Desperation

Desperation

Titel: Desperation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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seinen
Augen stand ein gequälter Ausdruck.
Steve gab Ralph die Schlüssel. »Vielleicht einer von denen.«
Es dauerte nicht lange. Der dritte Schlüssel, den Ralph
ausprobierte, paßte ins Schloß der Truhe mit der Aufschrift
SPRENGSTOFF. Einen Augenblick später sahen die Fünf
hinein. Die Truhe war in drei Fächer unterteilt. Die an den
Enden waren leer. In dem in der Mitte befand sich etwas, das
wie lange Tüten aus Mullbinden aussah. Dazwischen ein
paar Flüchtlinge: weiße Kügelchen, die aussahen wie gebleichte Vogelscheiße, fand Steve. Die Tüten hatten Schnüre
an einem Ende. Er holte eine heraus. Sie sah aus wie eine
Bratwurst, und er schätzte, daß sie etwa zehn Pfund wog.
Auf der Seite standen in Schwarz die Buchstaben ANMO.
Darunter, in Rot: VORSICHT: FEUERGEFÄHRLICH, EXPLOSIV.
»Okay«, sagte Steve, »aber wie sollen wir es ohne Zünder
zünden? Sie hatten recht, Boß - kein Dynamit, keine Zündhütchen. Nur ein Typ, dem man mit einer -3o-3oer die Haare geschnitten hat. Ich nehme an, der Sprengmeister.«
Johnny sah Steve an, dann die anderen. »Ich frage mich, ob
Sie alle einen Moment zu David rausgehen würden. Ich
würde gern allein mit Steve sprechen.«
»Warum?« fragte Cynthia sofort.
»Weil es sein muß«, sagte Johnny mit einer seltsam sanften
Stimme. »Eine kleine Angelegenheit, die noch nicht erledigt
ist, mehr nicht. Eine Entschuldigung. Ich kann mich schon unter normalen Umständen nicht gut entschuldigen, aber ich bin
nicht sicher, ob ich es mit Publikum könnte.«
Mary sagte: »Ich glaube nicht, daß dies der geeignete Zeitpunkt ist, um -«
Der Boß hatte ihm Signale
- dringende Signale
- mit den
Augen gegeben. »Schon recht«, sagte Steve. »Es dauert nicht
lange.«
»Aber gehen Sie nicht mit leeren Händen«, sagte Johnny. »Jeder nimmt einen Beutel von diesem Instant-Feuerwerk mit.«
»Soweit ich weiß, ist es ohne Zündhütchen mehr ein Instant-Lagerfeuer«, sagte Ralph.
»Ich will wissen, was hier vorgeht«, sagte Cynthia. Sie hörte
sich besorgt an.
»Nichts«, sagte Johnny mit beschwichtigender Stimme zu
ihr. »Wirklich.«
»Von wegen«, sagte Cynthia verdrossen, aber sie ging mit
den anderen, und jeder nahm einen Beutel ANMO mit.
Bevor Johnny etwas sagen konnte, kam David hereingeschlüpft. Er hatte immer noch Spuren getrockneter Seife an
den Wangen, und seine Lider waren purpurn verfärbt. Steve
hatte sich einmal mit einem Mädchen getroffen, das einen
Lidschatten in genau derselben Farbe getragen hatte. Bei David sah es zum Erbarmen aus, nicht aufreizend.
»Ist alles okay?« fragte David. Er sah kurz Steve an, redete
aber in Wirklichkeit mit Johnny.
»Ja. Steve, geben Sie David einen Beutel ANMO.«
David blieb noch einen Moment mit dem Beutel in der
Hand stehen, den Steve ihm gegeben hatte, und sah nachdenklich darauf hinab. Unvermittelt schaute er zu Johnny auf
und sagte: »Kehren Sie Ihre Taschen nach außen. Alle.«
»Was -« begann Steve.
Johnny brachte ihn zum Schweigen und lächelte seltsam. Es
war das Lächeln von jemand, der in etwas gebissen hat, das
bitter und bezwingend zugleich schmeckt. »David weiß, was
er tut.«
Er knöpfte die lederne Überhose auf, drehte die Taschen seiner Jeans darunter nach außen und gab Steve seine Habseligkeiten - die berühmte Brieftasche, seine Schlüssel, den Hammer, der im Gürtel gesteckt hatte
-, damit er sie hielt. Er
beugte sich nach vorne, damit David in seine Hemdtasche sehen konnte. Dann knöpfte er die Hose auf und ließ sie runter.
Darunter trug er einen knappen blauen Slip. Sein nicht unbeträchtlicher Bauch hing darüber. Steve fand, er sah aus wie
einer der alten reichen Männer, die man manchmal am Strand
entlangschlendern sehen konnte. Man wußte nicht nur, daß
sie reich waren, weil sie immer Uhren von Rolex und Sonnenbrillen von Oakley trugen, sondern weil sie es überhaupt
wagten, in diesen winzigen Spandex-Sackhaltern rumzulaufen. Als würde die eigene Wampe zu den Aktiva zählen, wenn
dein Einkommen eine bestimmte Grenze überschritt.
Wenigstens trug der Boß kein Spandex, sondern gute alte
Baumwolle.
Er drehte sich mit ausgestreckten Armen um dreihundertsechzig Grad und zeigte David alle Winkel und Blutergüsse,
dann zog er die Hose wieder hoch. Anschließend die Überhose. »Zufrieden? Wenn nicht, ziehe ich die Stiefel aus.«
»Nein«, sagte David, steckte aber eine Hand in die Taschen
der Überhose, bevor er zurückwich. Sein Gesicht sah beunruhigt, aber nicht übertrieben besorgt aus. »Los, regeln Sie

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