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Desperation

Desperation

Titel: Desperation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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jeweiligen Stapel.
    Er hat nur die mitgebracht, die ihm wirklich am Herzen lagen, dachte er und lächelte verhalten. Die er auf gar keinen Fall zu
Hause lassen konnte. »Er heißt David.«
Verblüfft: »Woher, zum Teufel, wissen Sie das?«
»Hab ich alles gelernt, als ich >Die unheimlichen Fälle des
FBI< gesehen hab.« Er nahm den Kreditkartenbeleg einer
Tankstelle von dem Stapel, der ins Kartenfach des Armaturenbretts gequetscht worden war, und strich ihn glatt. Der
Name darauf lautete Ralph Carver, Adresse irgendwo in
Ohio. Über dem Namen der Stadt hatte das Kohlepapier geschmiert, aber es konnte Wentworth gewesen sein.
»Ich nehme an, sonst wissen Sie nichts über ihn, oder?«
fragte sie. »Nachname? Wo er herkommt?«
»David Carver«, sagte er grinsend. »Sein Dad ist Ralph Carver. Sie kommen aus Wentworth, Ohio. Hübsches Städtchen.
Bei Columbus. 1986 war ich mit Southside Johnny dort.«
Sie kam nach vorne und hielt die Puppe an einen Moskitostich von einer Brust gedrückt. Draußen wehte der Wind und
schleuderte Sand gegen das Wohnmobil. Es hörte sich an wie
prasselnder Regen. »Das haben Sie erfunden!«
    »Nein, Ma’am«, sagte er und hielt die Benzinquittung hoch.
»Hier steht das mit den Carvers. David habe ich von den
Baseballkarten des Jungen. Er hat ein paar verdammt wertvolle Stücke, kann ich Ihnen sagen.«
Sie nahm die Karten, betrachtete sie, legte sie wieder hin
und drehte sich langsam und mit ernstem, schweißnassem
Gesicht zu ihm um. Er schwitzte selbst, und zwar nicht zu
knapp. Er konnte spüren, wie ihm der Schweiß wie ein
dünnflüssiges, klebriges Öl am Körper hinablief. »Wo sind
sie hin?«
»Wahrscheinlich in die nächste Stadt, um Hilfe zu holen«,
sagte er. »Wahrscheinlich hat sie jemand mitgenommen. Erinnern Sie sich von der Karte her, was für Ortschaften hier in der
Nähe liegen?«
»Nein. Ich glaube, es gibt eine Stadt, aber ich hab den Namen vergessen. Aber wenn sie das getan haben, warum haben
sie den Wagen nicht abgeschlossen, als sie gegangen sind? Ich
meine, ihre ganzen Sachen sind hier.« Sie hob eine Hand und
winkte damit in Richtung der Kabine. »Wissen Sie, was da
hinten bei der Couch steht?«
»Nee.«
»Das Schmuckkästchen der Frau. Ein Keramikfrosch. Man
legt Ringe und Ohrringe dem Frosch ins Maul.«
»Das klingt geschmackvoll.« Er wollte hier raus, aber nicht
nur, weil es so unerträglich heiß war oder er den Boß finden
mußte. Er wollte raus, weil das Wohnmobil tatsächlich an die
verdammte Mary Celeste erinnerte. Man konnte sich zu leicht
vorstellen, daß sich Vampire in den Schränken versteckten,
Vampire in Bermudashorts und T-Shirts, die Sprüche von sich
gaben wie: ICH HABE HIGHWAY 50 ÜBERLEBT, DIE EINSAMSTE STRASSE AMERIKAS!
»Eigentlich ist er ziemlich niedlich«, sagte sie, »aber darum
geht es nicht. Es sind zwei Paar Ohrringe und ein Fingerring
darin. Nicht richtig teuer, aber auch kein Tinnef. Ich glaube,
der Stein des Rings ist ein Turmalin. Warum haben sie -«
Sie sah etwas in dem Kartenfach, das freigelegt worden
war, als er die hineingequetschten Zettel durchsucht hatte,
und zog einen Geldclip in Form eines Dollarzeichens heraus,
der aussah, als wäre er aus echtem Silber. Geldscheine waren
darin festgeklemmt. Sie blätterte sie hastig mit einer Fingerspitze durch, dann warf sie den Clip in das Kartenfach
zurück, als wäre er heiß.
»Wieviel?« fragte er.
»Rund vierzig«, sagte sie. »Der Clip selbst ist wahrscheinlich
drei- oder viermal soviel wert. Also, warum haben sie nicht abgeschlossen? Ich will Ihnen was sagen, Pilger - da ist was faul.«
Eine weitere Windbö schleuderte Sand gegen die nördliche
Seite des Wohnmobils, diesmal so fest, daß es ein wenig auf
den platten Reifen schwankte. Die beiden sahen einander mit
ihren schweißglänzenden Gesichtern an. Steve mußte an den
leeren Blick der blauen Puppenaugen denken. Was ist hier passiert, Schätzchen? Was hast du gesehen?
Er wandte sich zur Tür.
»Zeit für die Cops?« fragte Cynthia.
»Gleich. Zuerst möchte ich eine Meile zurücklaufen und
nachsehen, ob ich eine Spur von meinem Boß finden kann.«
»Bei dem Wind? Mann, das ist wirklich blöd!«
Er sah sie einen Moment wortlos an, dann drängte er sich an
ihr vorbei und ging die Treppe hinunter.
Sie holte ihn ein, als er unten war. »He, sagen wir unentschieden, ja? Sie haben sich über meine Grammatik lustig gemacht, ich mich über Ihre Was-weiß-ich …»
»Meine Intuition.«
»Intuition, würden Sie es so nennen? Na gut,

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