Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Desperation

Desperation

Titel: Desperation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
meinetwegen.
Unentschieden? Sagen Sie ja. Bitte. Ich grusle mich zu sehr, als
daß ich Lust hätte, ins Katzenklo zu pinkeln.«
Er lächelte sie an und war sogar ein wenig gerührt von ihrem besorgten Gesichtsausdruck. »Okay, yeah«, sagte er. »So
unentschieden wie nur möglich.«
»Soll ich mit dem Bus zurückfahren? Ich kann eine Meile
laut Tacho fahren, damit Sie einen Anhaltspunkt haben.«
»Können Sie ihn wenden, ohne
-« Ein Sattelschlepper mit
der Aufschrift KIMBERLY-CLARK auf der Seite brauste mit
siebzig Sachen Richtung Osten vorbei. Cynthia zuckte zurück
und schirmte sich mit einem Kate-Moss-Arm die Augen vor
dem aufgewirbelten Sand ab. Steve legte ihr einen Arm um
die knochigen Schultern und stützte sie einen Moment. »ohne steckenzubleiben?« beendete er seine Frage.
Sie bedachte ihn mit einem verärgerten Blick und trat unter
seinem Arm hervor, »’türlich.«
»Nun … anderthalb Meilen, okay? Nur, um auf Nummer
Sicher zu gehen.«
»Okay,« Sie ging zu dem Ryder, drehte sich aber noch einmal um. »Mir ist gerade der Name der kleinen Stadt eingefallen, die hier in der Nähe liegt«, sagte sie und zeigte nach
Osten. »Sie liegt da oben, südlich vom Highway. Hübscher
Name. Wird Ihnen gefallen, Mann aus Lubbock.«
»Und?«
»Desperation.« Sie grinste und stieg in den Bus ein.
5
    Er ging langsam am Rand der westwärts führenden Fahrspur
nach Osten und hob die Hand, um zu winken, sah aber nicht
auf, als der Ryder mit Cynthia am Steuer langsam vorbeirollte. »Ich habe nicht die geringste Ahnung, wonach Sie suchen!« rief sie zu ihm herunter.
Sie war vorbei, bevor er antworten konnte, aber das
machte nichts; er selbst hatte auch nicht die geringste Ahnung. Spuren? Eine lächerliche Vorstellung bei dem Wind.
Blut? Splitter von Chrom oder dem Glas der Heckscheinwerfer? Er ging davon aus, daß das am wahrscheinlichsten
sein würde. Er wußte nur zweierlei mit Sicherheit: Daß seine
Instinkte nicht nur darum baten, daß er das tat, sondern es verlangten, und daß er den Blick der blauen Glasaugen der
Puppe nicht vergessen konnte. Die Lieblingspuppe eines
kleinen Mädchens … aber das kleine Mädchen hatte Alice
Blaurock mit dem Gesicht nach unten auf der Straße im
Dreck liegen lassen. Mom hatte ihre Ringe dagelassen, Dad
seinen Geldclip, und Sohn David seine mit Autogramm versehenen Baseballkarten.
Warum?
Weiter vorne machte Cynthia einen weiten Bogen und wendete den hellgelben Bus, so daß er wieder in Richtung Westen
stand. Das tat sie auf derart ökonomische Weise - sie brauchte
nur einmal zurückzusetzen -, daß Steve es kaum hätte besser
machen können. Sie stieg aus, ging ihm mit schnellen Schritten entgegen, wobei sie kaum einen Blick auf den Boden warf,
und ihm blieb sogar noch Zeit, gelinde sauer zu sein, daß sie
gefunden haben sollte, wonach ihn sein Instinkt auf die Suche
geschickt hatte. »He!« sagte sie. Sie bückte sich, hob etwas auf
und schüttelte Sand davon ab.
Er lief dorthin, wo sie stand. »Was? Was ist es?«
»Ein kleines Notizbuch«, sagte sie und hielt es ihm hin. »Ich
schätze, er war wirklich hier. J. Marinville steht vorne drauf.
Sehen Sie?«
Er nahm das kleine spiralgebundene Notizbuch mit dem
schiefgedrückten Einband und blätterte es rasch durch. Richtungsangaben, Karten, die Steve selbst gezeichnet hatte, und
hingekritzelte Notizen in der kopflastigen, krakeligen Handschrift des Bosses, die meisten über geplante Empfänge. Unter
die Überschrift St. Louis hatte Marinville gekritzelt: »Patricia
Franklin. Rotschopf, große Möpse. Niemals PAT ODER PATTY
NENNEN! Org. heißt FREUNDE DER OFFENEN BIBL. Bill
sagt, F.F. auch aktiv in Tierschutzdingen. Veggie.« Auf der letzten
beschriebenen Seite stand ein Wort in einer noch großzügigeren Version der Handschrift des Bosses:
    Das war alles. Als ob er angefangen hätte, ein Autogramm für
jemanden zu schreiben, und es dann nicht zu Ende gebracht
hätte.
Er sah Cynthia an und stellte fest, daß sie die Arme unter
ihrem kümmerlichen Busen verschränkt und angefangen
hatte, sich die Ellbogen zu reiben. »Puh«, sagte sie. »Es ist
unmöglich, hier draußen zu frieren, aber ich friere trotzdem.
Die Sache wird immer unheimlicher.«
»Wieso ist das hier nicht einfach weggeflogen bei dem
Wind?«
»Reines Glück. Es ist gegen einen großen Stein geweht worden, und dann hat sich Sand auf der unteren Hälfte gesammelt. Wie bei der Puppe. Wenn er es zwanzig Zentimeter weiter rechts oder links fallengelassen hätte, wäre es

Weitere Kostenlose Bücher