Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Desperation

Desperation

Titel: Desperation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
Geschwindigkeit konnte einen ein heftiger Windstoß von der
Straße fegen. Und wenn dann die Reifen in den Sand einsanken, hatte man echte Schwierigkeiten. Man konnte umkippen.
Der Boß war auf seinem Motorrad noch anfälliger gegen Seitenwind, überlegte Steve. Vielleicht war das passiert.
Inzwischen hatte er Cynthia über seine Hauptaufgaben
aufgeklärt: Er buchte Reservierungen, suchte Strecken aus,
checkte die Soundsysteme dort, wo der Boß sprechen sollte,
und ging ihm ansonsten aus dem Weg, um das Bild nicht
kaputtzumachen, das der Boß vorgeben wollte - Johnny Marinville, der einsame Wolf der Intellektuellen, ein politisch
korrekter Sam-Peckinpah-Held, ein Schriftsteller, der nicht
vergessen hatte, wie man hart ranging und cool blieb.
Der Kleinbus, weihte Steve sie ein, war leer, abgesehen von
einer langen Holzrampe, auf der Johnny die Harley hineinfahren konnte, sollte das Wetter zu schlecht werden. Im Hochsommer war das unwahrscheinlich, aber es gab noch einen
anderen Grund für die Rampe, und für die Halterungen, die
Steve vor Beginn der Fahrt auf dem Boden angebracht hatte.
Niemand sprach diesen Grund aus, aber beide kannten ihn
von dem Tag an, als sie von Westport, Connecticut, aus aufgebrochen waren. Johnny Marinville könnte eines Morgens aufwachen und einfach keine Lust mehr haben, mit der Harley
weiterzufahren.
Oder nicht mehr dazu imstande sein.
»Ich hab von ihm gehört«, sagte Cynthia, »aber nie was von
ihm gelesen. Ich mag hauptsächlich Dean Koontz und Danielle Steele. Ich lese nur zum Vergnügen. Aber das Motorrad ist
toll. Und der Typ hat tolle Haare. Rock-and-Roll-Haare, wissen Sie?«
Steve nickte. Er wußte es. Marinville wußte es auch.
»Machen Sie sich echt Sorgen um ihn, oder nur darum, was
aus Ihnen werden könnte?«
Die Frage hätte ihn getroffen, wenn jemand anders sie gestellt hätte, aber er spürte keine unterschwellige Kritik in Cynthias Tonfall. Bloß Neugier. »Ich mach mir um beides Sorgen«,
sagte er.
Sie nickte. »Wie weit sind wir gefahren?«
Er sah auf den Tacho. »Fünfundvierzig Meilen, seit ich ihn
am Telefon verloren habe.«
»Aber Sie wissen nicht genau, von wo er angerufen hat.«
»Nein.«
»Glauben Sie, daß er nur sich selbst in die Scheiße geritten
hat, oder noch jemand anders?«
Er sah sie überrascht an. Daß der Boß jemand anders in die
Scheiße geritten hatte, war exakt das, wovor er Angst hatte,
aber wenn sie das Thema nicht selbst angeschnitten hätte,
hätte er das nie offen ausgesprochen.
»Es könnte jemand anders darin verwickelt sein«, sagte er
zögernd. »Er hat was von State Cops und städtischen Cops gesagt. Möglicherweise: >Rufen Sie nicht die State Cops, sondern die städtischen Cops.< Aber ich kann es nicht mit Sicherheit sagen.«
Sie zeigte auf das Handy, das wieder am Armaturenbrett
hing.
»Auf gar keinen Fall«, sagte er. »Ich werde gar keine Cops rufen, bevor ich gesehen habe, in was für einer Scheiße er
steckt.«
»Und ich verspreche Ihnen, daß das nicht in meine Aussage
kommt, wenn Sie versprechen, mich nicht mehr Rehlein zu
nennen.«
Er lächelte ein wenig, obwohl ihm nicht nach Lächeln zumute war. »Das ist wahrscheinlich eine gute Idee. Sie könnten ja sagen -«
»- daß Ihr Telefon nicht mehr funktioniert hat«, beendete
sie den Satz. »Jeder weiß, wie empfindlich diese Dinger sind.«
»Sie sind ganz in Ordnung, Cynthia.«
»Sie sind auch nicht so schlecht.«
Bei knapp unter neunzig schmolzen die Meilen dahin wie
Schnee im Frühjahr. Als sie sechzig Meilen westlich von der
Stelle waren, wo Steve den Kontakt verloren hatte, bremste er
den Ryder für jede Meile, die sie zurücklegten, um zwei Meilen pro Stunde ab. Weder aus der einen noch aus der anderen
Richtung waren Streifenwagen an ihnen vorbeigefahren, und
er schätzte, daß das ein gutes Zeichen war. Er sagte etwas in
diesem Sinn, und Cynthia schüttelte zweifelnd den Kopf.
»Es ist unheimlich, das ist es. Wenn es einen Unfall gegeben
hat, bei dem Ihr Boß oder sonst jemand verletzt wurde, hätten
uns dann nicht längst ein paar Polizeiautos passieren müssen?
Oder eine Ambulanz?«
»Nun, wenn sie aus der anderen Richtung gekommen sind,
von Westen -«
»Laut meiner Karte ist Austin die nächste Stadt in der Richtung, und die ist viel weiter vor uns als Ely hinter uns. Irgendwas Offizielles - was mit Sirenen, meine ich - müßte von Osten
nach Westen fahren. Uns überholen. Kapiert?«
»Ich denke schon, yeah.«
»Und wo sind sie dann?«
»Weiß nicht.«
»Ich auch

Weitere Kostenlose Bücher