Dessen, S
gerade ziemlich viel zu tun.«
»Das glaube ich dir gern.« Jason seufzte schwer. »Ichhabe mir die Kurspläne fürs Wintersemester und die Lektürelisten besorgt und lese schon eifrig. Ist wirklich eine Menge. Aber alle, die ich bisher kennengelernt habe, bereiten sich so intensiv vor.«
Ich nickte. Aus irgendeinem Grund schlug mein Herz schneller. »Kann ich mir vorstellen«, sagte ich.
»Das wurde heute in den Vorlesungen auch mehrfach betont. Man kann nicht mehr erwarten, am ersten Tag des Semesters an der Uni aufzutauchen und aus dem Stand, von null auf hundert, loslegen zu können.«
»Wirklich?«
»Allerdings. Man muss sich rechtzeitig vorbereiten, sonst hat man nichts von seinem Studium.«
»Ich habe auch schon ziemlich viel gelesen«, sagte ich. »Ich meine, abgesehen von meinem Job und allem anderen …«
»Job?«
Ich nickte.
»Was machst du denn? Praktika? Irgendwelche sozialen Projekte?«
Ich dachte an das rosa Büro in der Boutique. »Eher was Geschäftliches. Ich arbeite für eine kleine Firma, die sich gerade vergrößert, helfe in der Übergangszeit bei Buchhaltung und Marketing. Ich dachte, das wäre eine gute Möglichkeit, Erfahrungen in der Wirtschaft zu sammeln, als Vorbereitung für die Theorie, die später im Studium auf mich zukommt. Außerdem kann ich sozusagen in der Praxis die Trends beobachten.«
»Wow.« Er nickte anerkennend. »Klingt auch spannend. Trotzdem solltest du noch mal über das SiFa C-Seminar nachdenken, wo du schon hier wohnst. Dich bei unseren Diskussionen dabeizuhaben wäre eine echte Bereicherung.«
Vom Strand her ertönte begeistertes Pfeifen, Gelächter, eine neue Runde Applaus. »Ich überleg’s mir«, antwortete ich.
»Freut mich.« Jason lächelte. »Okay, aber jetzt sollte ich wieder reingehen. Wir haben uns gerade über das Pro und Kontra von Kursbewertungssystemen unterhalten, also ob man die einzelnen Universitätsveranstaltungen hierarchisch ordnen sollte. Das möchte ich ungern verpassen.«
»Klar«, erwiderte ich. »Natürlich.«
Er hatte sich schon halb umgedreht, hielt dann aber nochmal inne. »Hast du noch dieselbe Handynummer? Weil … solange ich hier bin, könnten wir uns doch mal treffen.«
Die Kickballhelden kehrten gerade vom Strand auf die Promenade zurück. Vorneweg marschierten Maggie und Adam, der von oben bis unten nass war, gefolgt von Esther und Leah. »Ja«, antwortete ich. »Gern.«
»Super.« Wieder lächelte er mich an. »Bis bald.«
Ich nickte. Und bevor ich irgendwie reagieren konnte, trat er auf mich zu, umarmte mich. Eine linkische Umarmung, in der zuviel Ellbogen im Spiel war und bei der mein Gesicht in weichgespültem Stoff versank. Doch zumindest war sie schnell wieder vorbei.
Allerdings nicht schnell genug. Denn als Jason wegging, stand Eli da. Mit dem Ball unterm Arm beobachtete er mich mit undurchdringlichem Gesicht. Einen Momentlang sahen wir uns schweigend an. Ich musste an unsere erste Nacht denken, in der wir gar nicht weit von hier auch so gestanden und uns gemustert hatten.
»Hi«, sagte ich. »Wie lief das Spiel?«
»Gut.« Er ließ den Ball aufprallen. »Wir haben gewonnen.«
Zwei Pärchen liefen fröhlich plaudernd zwischen uns her. Flüchtig verspürte ich den Wunsch, mich ihnen einfach anzuschließen.
»Was ist passiert?« Eli trat näher zu mir.
»Ich musste arbeiten«, antwortete ich. »War mit der Lohnbuchhaltung im Rückstand, dann noch die Ablage und …«
»Das meine ich nicht.« Wieder ließ er den Ball aufprallen. »Ich meine, mit dir.«
»Mit mir?«
Er nickte. »Du bist plötzlich anders. Was ist los?«
»Nichts.« Er sah mich unverwandt an, glaubte mir kein Wort. »Redest du davon?« Ich deutete mit dem Kinn Richtung
Last Chance.
Jason war längst durch die Tür verschwunden. »Das ist bloß ein alter Schulfreund. Wir wollten zusammen auf den Abschlussball, allerdings hat er mich in letzter Sekunde versetzt. Ich habe mich nicht groß darüber aufgeregt, das zwischen uns war sowieso nie etwas Ernstes. Jedenfalls ist er wegen einer Veranstaltung für Studienanfänger in Colby, sah mich vorbeilaufen und …«
»Auden.« Das sagte er wie eine Vollbremsung. Ich unterbrach mich mitten im Satz. Sogar mitten im Atem. »Jetzt mal ehrlich: Was hast du?«, fuhr Eli fort.
»Nichts«, wiederholte ich. »Warum fragst du mich das andauernd?«
»Weil es dir gestern Abend noch gut ging«, erwiderte er. »Aber heute Abend verkriechst du dich plötzlich, gehst mir aus dem Weg, schaust
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