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Dessen, S

Dessen, S

Titel: Dessen, S Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Because of you
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morgen warten.«
    »Nein«, antwortete ich. Er ließ die Hand sinken und sah mich unverwandt an. Mir wurde erst leicht verzögert bewusst, dass er auf eine Erklärung wartete. »Ich war gerade in der Nähe, sah das Licht.« Ich hielt meinen Kaffeebecher hoch, als würde das alles erklären. »Lange Nacht und so.«
    Er musterte mich einen Augenblick lang forschend. »Stimmt«, erwiderte er schließlich. »Dann komm mal rein.«
    Ich trat ein. Er schloss die Tür hinter mir ab. Ich folgte ihm durch den Laden in den Raum dahinter, wo sich eine Art Werkstatt befand. Fahrräder waren, in ihre Einzelteile zerlegt, auf Ständer montiert. Reifen lehnten an Werkbänken. Auf einem Tisch stapelten sich Zahnräder und Getriebe, überall lag Werkzeug herum. In einer Ecke stand ein Fahrrad, bei dem dieses und jenes fehlte, und darüber hing ein mit Hand geschriebenes Schild: ADAMS ARBEITSPLATZ – ANFASSEN = STERBEN! Darunter der obligatorische Totenschädel mit gekreuzten Knochen.
    »Setz dich.« Eli deutete auf einen Hocker, der direkt danebenstand.
    »Kommt mir gefährlich vor.«
    Er warf einen Blick auf das Schild, verdrehte die Augen. »Alles halb so wild.«
    Ich setzte mich mit meinem Kaffeebecher hin. Eli ließ sich auf einen Stuhl hinter einem Schreibtisch sinken, auf dem sich diverse Unterlagen, Fahrradersatzteile und – wen wundert’s? – eine ansehnliche Kollektion leerer Getränkedosen und Snackpackungen türmten. Eli nahm einen Briefumschlag in die Hand und betrachtete ihn, während er sagte: »Du bist also nicht wegen eines Fahrrads hier.«
    »Nein«, wiederholte ich.
    »Warum dann? Kleiner Nachtspaziergang auf der Strandpromenade?«
    Eli redet nicht,
hatte Leah gesagt.
Mit niemanden. Nie.
Doch, mit mir schon, und vielleicht hatte das ja wirklich etwas zu bedeuten, selbst wenn nicht klar war, was.
    »Keine Ahnung«, antwortete ich. »Ich fand nur   … ich dachte, du möchtest vielleicht reden oder so etwas.«
    Eli schloss langsam eine offen stehende Schreibtischschublade. Und sah mich an. Das Geräusch, mit dem sich die Schublade schloss, kam mir sehr laut vor. »Reden«, antwortete er lakonisch.
    »Ja.«
    Er saß einfach bloß da, starrte mich an und ich fühlte mich auf einmal so wie unter dem strengen Blick meiner Mutter.
    »Du bist wach. Ich bin wach. Ich dachte eben   …«
    »Schon kapiert.« Er nickte. »Das ist es. Du weißt Bescheid.«
    »Bescheid   …?«
    Er schüttelte abwehrend den Kopf. »Ich hätte es in dem Moment wissen müssen, als du vor der Tür auftauchtest. Und von der Sache auf der Party. Maggie ist nicht eben bekannt dafür, dass sie Informationen zurückhält.«
    Ich saß einen Moment schweigend da, wusste nicht, was ich tun sollte. Schließlich sagte ich: »Hör zu, es tut mir leid. Ich dachte ja nur   …«
    Wieder unterbrach er mich. »Ich weiß schon, was du dachtest.« Er nahm ein paar Briefe in die Hand, sah sie flüchtig durch. »Nett, dass du mir helfen willst oder so was. Ist aber nicht nötig. Okay?«
    Ich nickte, wie betäubt. Plötzlich kam mir der Raum entschieden zu hell vor, sodass all meine Schwächen und Fehler beleuchtet wurden. Ich stand auf. »Ich gehe dann mal besser«, sagte ich. »Ist schon spät.«
    Eli warf mir einen Blick zu. Mir kam in den Sinn, dass er mir gleich zu Beginn – schon in der ersten Nacht – wie ein Getriebener vorgekommen war. Und dabei hatte ich in dem Moment noch gar nicht gewusst, wie sehr das tatsächlich zutraf.
    »Möchtest du wissen, warum ich mit dir rede?«, fragte er.
    »Klar«, antwortete ich.
    »Weil du von Anfang an, seit der Nacht auf der Promenade, anders warst«, erwiderte er. »Bist nicht auf Zehenspitzen um mich rumgeschlichen, hast dich nicht irgendwie komisch verhalten, als würde ich dir leidtun, oder mich so angeschaut.«
    »Wie angeschaut?«
    »So.« Er zeigte unverblümt auf mein Gesicht. Ich spürte, wie ich rot wurde. »Du warst einfach   … normal. Bis heute Abend.«
    Bis heute Abend, dachte ich, und hörte noch einmal Maggies und Leahs Stimmen in meinem Kopf, die vor gerade mal einer Stunde etwas ganz Ähnliches gesagt hatten. Eli hatte die Schublade mittlerweile wieder geöffnet und kramte mit gesenktem Kopf darin herum. Ich dachte daran, wie er in jener ersten Nacht auf der Promenade mit Thisbe umgegangen war, mit welcher Selbstverständlichkeit er sie beruhigt hatte. Es gab viele Möglichkeiten, jemanden zu trösten. Nicht nur den Aufzug, sondern auch andere, auf die man nicht so leicht kam.
    »Weißt du, ich

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