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Deus X

Deus X

Titel: Deus X Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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diese Mutter der Kirche, diese Borgia-Madonna
unserer sündhaften alten Welt.
    »Wenn ich kein Priester wäre, Eure
Heiligkeit…«
    »Wenn ich nicht die Päpstin wäre…«
    Wir lachten, und in diesem harmlosen Gelächter wurde unser
Pakt besiegelt.
    »Sie können die Buckligen mit den Elektroden kommen
lassen, Eure Heiligkeit«, erklärte ich ihr
schließlich und endlich. »Es wird nie einen besseren
Augenblick geben als diesen, meine seelische Verfassung in der
Software nachzubilden.«

 
7
     
     
    »Was immer zwischen ihm und der Päpstin vorgefallen ist,
Maria hatte wieder einmal ihren Kopf durchgesetzt«, sagte
Kardinal Silver, »aber damit war die Sache nicht erledigt. Er
hat uns zwar endlich erlaubt, seine Persönlichkeits-Software
aufzuzeichnen, aber nur unter der Bedingung, daß wir keine
Backups oder Duplikate herstellen, daß das Programm erst nach
seinem Tod aktiviert wird und daß wir es innerhalb von neunzig
Tagen aus dem Speicher löschen.«
    Kardinal Silver schüttelte langsam den Kopf. »Er hat
gesagt, er wolle seiner Seele eine Chance geben, vor den Richterthron
zu treten, bevor der Teufel die Software in die Hände bekomme,
und wenn das geschähe, wolle er sicher sein, daß sie
innerhalb eines vernünftigen Zeitraums aus dem elektronischen
Limbus gerettet werde.«
    Der Kardinal seufzte. »Ergibt das für Sie einen Sinn,
Mr. Philippe?«
    Ich dachte darüber nach. Zumindest nach den Worten des
Kardinals zu schließen, war der gute Pater in vieler Hinsicht
kein Mann, für den ich mich hätte erwärmen können
– ein verkniffenes weißes Arschloch, wie mein
Urgroßvater vielleicht gesagt hätte. Aber jetzt begann er
mir beinahe sympathisch zu werden, weil er wie ein Held abgetreten,
aber nicht zu weggetreten gewesen war, um sich auf beiden Seiten
seiner cartesianischen Wette abzusichern.
    Ich zündete mir einen neuen Spliff an und sah nachdenklich
zu, wie der Rauch in die Dunkelheit stieg. »Es klingt vielleicht
komisch, Eure Eminenz, aber ich glaube schon«, erklärte ich
ihm. »Aus dem gleichen Grund sind beim Würfeln Zusatzwetten
erlaubt.«
    Seine Eminenz verzog das Gesicht zu einem schiefen kleinen
Lächeln. »Glauben Sie, daß Gott Würfelspiele mit
dem Universum macht, Mr. Philippe?«
    »Ich glaube, was das Kraut mir sagt, Kardinal, und das Kraut
sagt mir bei jedem Backbeat was anderes. Vom Kraut kriegt man
Heisenberg-Augen. Und wenn Gott keine Würfelspiele mit dem
Universum macht, dann mischt irgendwas auf alle Fälle die
Karten, bevor sie an uns ausgeteilt werden.«
    Ich hielt ihm den Spliff hin. Er nahm ihn, sah ihn an, rauchte
aber nicht.
    »Ich bin von Mystikern umgeben«, stöhnte er.
    »Ich hätte gedacht, in ihrem Job würden Sie allen
möglichen Leuten begegnen.«
    »So ist es auch«, sagte Kardinal Silver. »Aber ich
muß gestehen, daß die Pater De Leones dieser Welt ein
bißchen über meinen Horizont gehen. Vielleicht beneide ich
solche Mystiker um ihre Vision. In der Stunde meines Todes werde ich
es bestimmt tun.«
    Jetzt nahm er einen langen Zug vom Kraut. »Pater De Leone war
noch wochenlang unter uns, nachdem wir dieses
Bewußtseinshologramm aufgezeichnet hatten, aber er weigerte
sich, uns Updates machen zu lassen. Er sagte, sein Dybbuk solle ihn
auf dem Gipfel seiner Kräfte nachbilden, und er wolle sterben,
ohne daß seine letzten Gedanken aufgezeichnet würden
– außer im Geist Gottes.«
    Kardinal Silver stand auf und reckte sich. »Und so ist er
auch gestorben. Als er das Ende nahen fühlte, ließ er sich
von der Päpstin die Absolution erteilen, erlaubte ihr, ihm die
Beichte abzunehmen und das Ritual der letzten Ölung selbst
durchzuführen, und bestand dann darauf, wieder in die Berge
geflogen zu werden, um allein mit Gott zu sterben.«
    Er starrte zu den Sternen hinauf, und es schien fast, als
sähe er dort jemanden oder etwas, der oder das seinen Blick
erwiderte. »Querkopf oder nicht, ich glaube wirklich, daß
er ein Heiliger war«, sagte der Kardinal. »Wenn er recht
hatte, möge ihn das vor unserer Torheit bewahren. Möge
seiner Seele der gerechte Lohn zuteil geworden sein.«
    Kardinal Silver schaute eine Weile ins tiefe Wasser hinunter, und
als er den Blick hob und mich ansah, hatten sich seine Augen
verhärtet.
    »Doch wenn er sich geirrt hat und seine wahre Seele immer
noch auf der Anderen Seite der Grenze lebt, dann müssen wir sie
vor dem Dieb retten, wer oder was auch immer das sein mag!«
    Er gab mir das Kraut zurück. »Helfen Sie mir dabei,

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