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D.E.U.S.

D.E.U.S.

Titel: D.E.U.S. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Degas
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Pistole geschossen. Jetzt war
ich es, der, als Folge seiner plötzlichen Sprachlichkeit, überrascht war.
     »Du
sieht mir nicht aus wie ein Nomade.« Ich schob ein festgefrorenes Haar aus
meinem Gesicht. »Zuerst dachte ich, du wärst aus einem Kinderhaus entflohen.
Aber diese Kinder haben keine Mütter.«
     » Hatten keine Mütter«, wandte er trotzig ein.
     »Du
hast recht«, erwiderte ich schuldig. »Ich weiß nicht, wie man sich fühlt, wenn
man seine Mutter so früh verliert, geschweige denn seine Eltern.« Ich schluckte
einen Anflug von Schwäche hinunter. »In diese Situation sollte man nicht
kommen.«
     »Sie
war nicht gut zu mir.« Er entspannte seine müden Glieder, ließ den Mantel von
seinen Schultern purzeln und trottete abweisend zu einer kleinen Senke. Dort angekommen
drehte er mir den Rücken zu und spielte an seiner Hose herum. Ich hörte es
plätschern und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.
     »Und
dennoch hast du sie geliebt.« Ich sagte es melancholisch, wartete auf eine
Reaktion. Der Strahl aus seiner Hose wurde nicht unterbrochen. Die Worte
verpufften im Wind. Er wurde schnell erwachsen.
     Ich
kämpfte gegen die Umgebung an: »Ich bin ein Nomade. Zuhause wartet eine
wunderschöne Frau auf mich. Ich hätte dich mit zu mir genommen, aber wir
erwarten ...« Ich stolperte über das Gesagte »... wir erhoffen uns, ein Kind in
die Welt zu setzen. Darum bin ich mit dir hier.« Er hörte damit auf, das Gras
zu wässern.
     »Hier
kann man dir eine Unterkunft bieten.« Mit entleerter Blase kraxelte er zurück.
Unter ihm knackten Äste im Gras. »Und hier kann man meine Fragen beantworten.«
     Ich
hob den Mantel vom Boden. Raureif glitzerte auf dem Stoff. »Wir sind gleich
da.«
     Sean
war noch immer bereit, mir zu folgen. Der Plan schreckte ihn nicht ab. Neu New
York hatte ihn vorerst aufgegeben. Mutter Natur würde es nicht tun.
     
     Die
Bäume wurden immer höher und dichter. Was mich aber mehr erschreckte, war die
Tatsache, dass es keine Tiere in diesen Wäldern gab. Die Flora eroberte sich
Quadratmeter um Quadratmeter, die Fauna glänzte dagegen mit kompletter
Abwesenheit. Das Echte war ein Mythos, das Unechte wurde in Käfigen gehalten.
So sah der Lauf der Evolution aus. Fressen oder gefressen werden.
     Wir
standen vor einer meterhohen Steinmauer. Ranken wanden sich als Warnung daran
empor. Ihre Dornen sollten jeden Eindringling fernhalten.
     In
der Mauer war ein Durchgang, welcher zu einem Weg führte. Wir spazierten den
eingetretenen Pfad entlang. Was er geschaffen hatte, ließ einen vor Ehrfurcht
innehalten. Zu beiden Seiten sprossen Rosen aus der Erde. Es war ein
flimmerndes Meer aus allen nur erdenklichen Farben. Rot war die dominante
Farbe, aber auch Weiß, Gelb, Blau und sogar Schwarz kamen hier zusammen. Er
mochte die Veränderung, war er doch ein Pionier in der Erschaffung neuer
Organismen und Lebensformen. Nur wussten nicht viele davon.
     Quentin
hatte sein eigenes Reich. Fernab der erdrückenden Menschenmenge lebte er,
alleine mit seiner Forschungsarbeit, ein ruhiges, unauffälliges Leben. Die
Wälder waren sein Zuhause. Schon lange blieb er dem System fern; aus Paranoia
oder einer weisen Vorahnung, das mochte nicht einmal er selbst sagen. Die
Festlegung stand ihm nicht.
     
     Aus
einem minimalistischen Tropenhaus drang Musik aus einer vergangenen Zeit. Licht
schien durch die Fassade nach draußen. Eine Tür stand am Ende des Weges offen.
     Wir
schlängelten uns an Farnkraut und Blütenhecken vorbei. Ich bemerkte
Süßwasserpolypen in einem Teich, ihre Tentakel in wilder Ekstase vereint.
     Sean
beugte sich zu ihnen herunter. Wie fasziniert betrachtete er die Nesseltiere
aus der Nähe, in ihrem Element, so wie ich es bei meinem ersten Besuch auch
getan hatte.
     Die
Musik aus dem Inneren verstummte plötzlich.
     »Sie
mögen unsterblich sein. Du bist es nicht.« Quentin stand im Türrahmen. »Ich
rate dir zur Vorsicht, ...« Er wartete auf einen Namen. Ich gab ihn ihm:
»Sean.«
     »...
Sean«, wiederholte er pflichtbewusst. Er sah mich an. »Lange nicht gesehen,
alter Freund. Ich dachte schon, das Leben da drinnen habe dich zermürbt.« Er
deutete mit einer Handbewegung über seine Sträucher.
     »Das
hat es auch. Deswegen bin ich hier.«
     Quentin
sah aus wie eh und je. Seine Forschungen hielten ihn fit. Wir waren gleich alt,
nur fielen ihm seine Haare, bis auf einen lichten Kranz schwarzen Flaums, schon
vor Jahren aus. Stoppeln auf den Wangen deuteten einen

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