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Deutschlandflug

Titel: Deutschlandflug Kostenlos Bücher Online Lesen
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Vordertaunus, hatte das Siedlungsgebiet des keltischen Stammes gelegen, das die Befestigungen auf dem Berggipfel erbaute.
    Die Ringwälle sahen aus, als habe ein Schizophrener versucht, zwei Kreise ineinander zu skizzieren.
    Er beugte sich tief und dicht ans Fenster: vorbei! So flüchtig verging alles.
    Er sah Margot auf sich zukommen. Sie sah müde aus. »Eben haben wir unsere Heimat überflogen!« sagte er. Er warf einen Blick auf seine Sitznachbarin; sie schlief. »Jetzt einfach aufwachen und daheim sein – was?«
    Sie nickte.
    »Kein Interesse an dem Film?« Dollinger schüttelte fragend den Kopf. »Es läuft ›Papillon‹. Das uralte Thema von Menschenjagd, Flucht und Folter. Nicht sehr erbaulich.« Sie räumte Dollingers leeres Glas fort. »Noch einen – einen letzten vor der Landung, ja?«
    »Okay, Frau Gundolf!«
    Sie kniete sich in der Galley an den Container und zog die Flasche mit Jack Daniels Bourbon hervor. In Sachen Spirituosen ließ ›Avitour‹ sich nie lumpen. Sie führte nur die teuersten und besten Whiskys und Cognacs mit sich. Im Hintergrund entdeckte sie eine Flasche mit mexikanischem Tequilla. Die Flasche war weiß aufgerauht und undurchsichtig. Was, wenn sich darin die Bombe befand?
    Sie starrte fasziniert auf dieses neue Objekt ihres Verdachtes. Sie packte die Flasche am Hals und zerschlug sie resolut auf der Kante der Metalltheke. Intensiver Alkoholgeruch durchzog die Galley. Der kostbare Saft rann an den Containertüren entlang auf den Boden. Sie starrte auf die Flaschenscherben und schleuderte sie in den Abfall.
    »Findet hier ein Besäufnis statt?« fragte eine Kollegin, die mit dem Kaffeewagen aus der Kabine zurückkehrte, stirnrunzelnd.
    »Kleines Mißgeschick!« murmelte Margot.
    Sie fühlte sich erschöpft. Jetzt schlafen. Tief und traumlos. Sich ganz in den Schlaf betten und aufwachen und daheim bei den Kindern sein … Michael an ihrem Bett, mit dem Zeigefinger verträumt Männchen auf den Nachttischspiegel kritzelnd. Beatrix, wie sie ein Lied im Halbschlaf summte, die Oberlippe krausgezogen … Einfach aufwachen und daheim sein.
    Niko war selten von so konsequenter Leidenschaft besessen gewesen wie an dem Tag in Hannas Bett. Hätte man ihm das Objekt seiner großen Liebe entzogen – er wäre in diesen Sekunden bereit gewesen, die Scheidung von Penelope zu versprechen.
    Plötzlich geschah etwas Unerwartetes: Grelles Licht flammte auf. Als der Halbdämmer hinter den zugezogenen Vorhängen wiederhergestellt war, entzog sich Hanna ihm jäh. Wieder blitzte es auf.
    Mühsam und ungläubig gewann der schockierte Niko eine Erkenntnis dessen, was sich hier abspielte. Langsam, aber unaufhaltsam stürzte in ihm zusammen, was sich so großartig, so triumphal in ihm aufgebaut hatte.
    »Alles okay!« sagte der junge Mann kurz angebunden zu Hanna und zog das erste der fertigen Bilder aus der Polaroid-Kamera. Er hatte hinter der Wandschranktür gehockt und vier Blitzlichtaufnahmen geschossen. »Gib dem alten Lüstling bis morgen abend Zeit. Mehr haben wir nicht!«
    Hanna hatte sich in Sekundenschnelle einen fast keuschen Morgenrock übergeworfen und präsentierte ihm das erste, noch feuchte Bild. Es zeigte alles klar und eindeutig.
    »Hübsch?« Niko schluckte. Er brachte kein Wort heraus. »Du hast gehört: Spätestens morgen abend ist er hier!«
    »Was – hier?«
    In Nikos Gehirn sah es aus wie in einer Ölwanne mit dickflüssigem Altöl.
    »Der Sender, Trottel! Und eine Flugzeugskizze mit der Lage des Senders.«
    Langsam drang in sein Hirn ein erster Erkenntnisstrahl. »Den bekommt er nicht, dein reizender Kommi …« Er fand das deutsche Fachwort nicht. »Nie!«
    »Ich glaube doch!« sagte sie und näherte sich im, fast zärtlich, so daß er gewillt war, alles für einen makabren Scherz zu halten. »Morgen abend ist der Notsender hier! Sonst liegen diese Bilder (sie legte ihm das zweite vor) morgen abend auf dem Tisch deiner Frau!«
    Er schrak zusammen. Erst jetzt wurde ihm bewußt, worum es ging.
    »Nie!« wiederholte er kreideweiß.
    »Was nie?«
    »Nie – alles nie!«
    Es dauerte noch die ganze Entwicklungszeit für die beiden übrigen Bilder, ehe sich Niko des ganzen grausigen Umfanges der Situation bewußt war.
    Sechsundzwanzig Stunden später stieg Niko in seinen VW auf dem Parkplatz für die Werftangestellten der ›Avitour‹ und rollte in der 15-Uhr-Schlange langsam und zitternd der Sperre beim Pförtner entgegen. Im Kofferraum, versteckt unter scheinbar achtlos

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