Devil Riders 1 Herz im Sturm
selbst überlasse.“
Nein, das konnte Gabriel sich nicht vorstellen, beim besten Willen nicht. Seine Callie ... seine Callie war eine Frau, wie man sie nur ganz selten fand.
Er zog sie in seine Arme und hielt sie lange Zeit ganz einfach nur fest. Dann hob er ihr tränennasses Gesicht an und küsste sie. Er küsste die Tränen von ihren Wangen und den Schmerz von ihren Lippen.
Es war ganz anders als bei ihrem letzten Kuss; dieser Kuss bot Trost. Zuversicht.
Als Ethan zurückkehrte, betrat er das Haus durch die Küche. „Haben Sie eine Ahnung, wo Miss Tibby sein könnte?“, fragte er Mrs Barrow.
Sie nickte. „Das arme Seelchen, sie ist vollkommen fertig. Sie ist im Wintergarten, aber warum jemand an diesem düsteren Ort sitzen möchte, ist mir ein Rätsel.“
„Vielen Dank.“ Ethan machte sich auf den Weg zum Wintergarten.
„Sie hat gesagt, sie möchte allein sein!“, rief Mrs Barrow ihm nach, doch er achtete nicht auf sie.
Der Wintergarten war an die Rückseite des Hauses angebaut worden. Die Wände bestanden größtenteils aus Fenstern. Der Raum muss von demselben Menschen entworfen worden sein wie der Salon mit dem achteckigen Erkerfenster, denn vom Stil her ähneln sie sich, dachte Ethan. Sie stammten auch ungefähr aus derselben Zeit, nur war der Wintergarten wohl zu lange vernachlässigt worden. Die Fensterscheiben waren verkrustet von Meersalz und die wenigen Topfpflanzen längst verwelkt.
Er konnte verstehen, warum Miss Tibby beschlossen hatte, sich hierher zurückzuziehen. Es war der perfekte Ort zum Trübsalblasen. Sie saß still auf einer Bank zwischen einer eingegangenen Palme und einem verwelkten Farn. „Miss Tibby?“, machte er sich bemerkbar und nieste.
Sie zuckte zusammen und drehte sich zu ihm um. „Mr Delaney! Sie haben mich erschreckt! “
„Haben Sie etwas dagegen, wenn ich mich zu Ihnen geselle?“ „Nein, natürlich nicht“, erwiderte sie kläglich. „Ich fürchte nur, ich bin zurzeit keine sehr gute Gesellschafterin.“
„Verständlich.“ Er bahnte sich einen Weg durch die Töpfe mit den verwelkten Pflanzen. Unmittelbar vor Tibby blieb er stehen. Ihre Augen waren rot und geschwollen. Kurz sah sie zu ihm hoch, dann senkte sie den Blick wieder. Sie weiß, wie sie aussieht, dachte er, aber es ist ihr mittlerweile gleichgültig.
„Mr Delaney, Ihre Hände!“, rief sie plötzlich aus, als sie an ihm hinabsah. „Sie sind ja ganz blutig und zerkratzt!“
Ethan verzog das Gesicht. „Ich weiß.“ Wieder musste er niesen. „Aber wie ... “ Verdutzt richtete sie den Blick auf seinen Mantel, der sich vor seiner Brust merkwürdig wölbte. Darunter bewegte sich etwas.
„Ich habe etwas für Sie.“ Vorsichtig knöpfte Ethan den Mantel auf. Ein gedämpftes Miauen ertönte aus seiner Weste. Er öffnete auch diese, fasste hinein, fluchte und zog die Hand wieder hervor. Frische Kratzspuren waren auf seinem Handrücken zu sehen. Beherzt versuchte er es noch einmal und zog schließlich eine wütend fauchende Katze hervor.
„Mein kleines Kätzchen!“, rief Tibby überglücklich und nahm ihm das Tier ab.
„Vorsicht, das ist ein bösartiger, wilder ...“Er verstummte. Das bösartige Tier, das seine Hände zerkratzt hatte, schmiegte sich jetzt an Miss Tibbys Brust, schnurrte wie eine Kaffeemühle und rieb seinen dicken hässlichen Kopf an ihrem Kinn. Aus dem einen gelben Auge warf es Ethan einen boshaft triumphierenden Blick zu.
„Oh, Mr Delaney, ich danke Ihnen ja so sehr! Ich dachte, ich hätte ihn für immer verloren.“ Tränen glitzerten an den Spitzen ihrer Wimpern, aber jetzt waren es Freudentränen. Ihre Wangen waren gerötet und nicht mehr so totenblass wie vorher. Immer wieder küsste sie den Kater auf den Kopf und herzte und streichelte ihn, als wäre er das wunderbarste Geschöpf der Welt.
Frauen sind seltsam, dachte Ethan nicht zum ersten Mal. „Ich wusste, dass Sie sich Sorgen um ihn gemacht haben, daher ...“ „Ja, und ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie dankbar ich Ihnen bin! Aber wie haben Sie ihn nur gefunden? Zu Männern kommt er normalerweise nicht.“
Er war auch nicht zu Ethan gekommen. Ethan hatte ihn mit ein paar Würfeln Schinken, den er auf einem Bauernhof gekauft hatte, in einen Schuppen gelockt. Dort hatte er ihn in eine Ecke gedrängt und den Mantel über ihn geworfen. Der Kater hatte sich nach Leibeskräften gewehrt, doch Ethan hatte den Sieg davongetragen, auf Kosten seiner Hände, eines halb zerfetzten Hemdes, einer ruinierten Weste und
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