Devoted - Geheime Begierde: Band 1 - Roman (German Edition)
finster.
Ich wage kaum zu atmen, während ich zusehe, wie er mit gesenktem Kopf dasteht. Unvermittelt wendet er sich seinem Wagen zu – offenbar drückt er seine Zigarette im Aschenbecher aus – und schlägt die Tür zu.
Er wendet sich um, geht auf das Gebäude zu, doch dann dreht er sich zu meinem Entsetzen noch einmal um und blickt zum Wald – genau zu der Stelle, wo ich stehe.
Ich spüre das Hämmern meines Herzens, spüre, wie mir das Blut ins Gesicht schießt, während mir bewusst wird, dass ich wie eine komplette Idiotin aussehen muss – barfuß und mit den Turnschuhen in der Hand.
Hat er mich gesehen? O Gott. Ja.
Er kommt auf mich zu. Ein Lächeln spielt um seine Lippen.
Am liebsten würde ich kehrtmachen und davonlaufen, aber seine blauen Augen sind so eindringlich, dass ich wie gelähmt dastehe.
Er sieht sogar noch besser aus, als ich ihn in Erinnerung habe – größer, und seine Bewegungen sind so fließend, wie ich es noch nie bei einem Menschen beobachtet habe. Sein hellbraunes Haar ist recht lang am Oberkopf, sodass es ihm über die Stirn und in sein linkes Auge fällt.
»Miss Rose.«
Mein Mund öffnet und schließt sich wie bei einem gestrandeten Fisch. Er erinnert sich also an mich. Plötzlich fühlen sich meine Zähne viel zu groß in meinem Mund an.
»Guten Morgen, Mr Blackwell«, presse ich mühsam hervor, ohne ihm in die Augen zu sehen.
»Darf ich fragen, was Sie hier draußen machen? Barfuß? Haben Sie noch nicht gemerkt, dass wir bald Herbst haben? Sie holen sich noch eine Erkältung.«
Ich blicke auf meine nackten Füße, die bereits blau vor Kälte sind. Was muss er von mir denken? Dass ich durch den Wald schleiche und ihn beobachte? »Äh, ich habe nur ein bisschen die Füße im See baumeln lassen.«
»Im See?« Marcs Kiefer spannt sich an. »Aber das Wasser ist eiskalt.«
»Ich mag Wasser«, erkläre ich lahm.
Marc runzelt die Stirn. »Ich trage die Verantwortung für meine Schüler. Machen Sie das nicht noch einmal.« Er fährt sich mit der Hand durchs Haar. »Allerdings freut es mich, dass jemand Interesse hat, das Gelände zu erkunden. Es ist schön, wenn den Leuten meine Bäume gefallen.«
»Das sind nicht Ihre Bäume.« Eigentlich hatte ich die Worte nicht laut aussprechen wollen, und wieder spüre ich, wie sich eine tiefe Röte auf meinem Hals ausbreitet.
»Entschuldigung?«
»Das sind … Bäume. Pflanzen. Sie gehören niemandem, weder Ihnen noch mir noch sonst jemandem.« Inzwischen ist die Röte auch über meine Wangen gekrochen.
Marc starrt mich einen Moment lang an und knetet sein Ohrläppchen zwischen Daumen und Zeigefinger. »Sie korrigieren mich wieder einmal, Miss Rose?«
»Ich … nein. Ich wollte nicht, dass es so herauskommt.«
»Wie beim Vorsprechen.« Marc legt den Kopf schief. »Ich finde es immer noch interessant, was Sie damals gesagt haben. Über das Licht und das Dunkel in jedem von uns. Darüber, dass wir das Gute in jedem Menschen finden sollen. Ich frage mich, ob Sie auch beides in mir sehen, Sophia. Licht und Schatten?«
Ich sehe ihn an. Das ist unfair. Wieder zwingt er mich mit seinem durchdringenden Blick, ihn anzusehen. Ich bin unfähig, mich von der Stelle zu rühren. Ich kann nicht denken, mich nicht bewegen. Gerade als ich antworten will – ja, ich kann durchaus beides in Marc Blackwell sehen –, wendet er sich abrupt um und geht davon.
Verblüfft sehe ich zu, wie er zum Parkplatz zurückkehrt, dann schlüpfe ich in meine Turnschuhe und gehe zum College zurück.
Mein erstes Seminar mit Marc Blackwell. Allein beim Gedanken wird mir ganz anders, aber nach unserer Begegnung im Wald ist die Vorstellung, ihn wiederzusehen, noch beängstigender als zuvor.
Die Bücher fest an meine Brust gepresst stehe ich mit hämmerndem Herzen vor dem Vorlesungssaal und lasse den Vorfall noch einmal Revue passieren. Es war so surreal. Vielleicht habe ich die Begegnung mit ihm ja nur geträumt.
Ich frage mich, ob Sie auch beides in mir sehen, Sophia. Licht und Schatten? Selbst jetzt noch hallt die Tatsache, dass ich so dicht vor ihm gestanden habe, in meinem Körper nach. Ich bin ganz zittrig, so als wäre ich gerade aus einer Achterbahn gestiegen, und zwinge mich, nicht an seine Augen, seine Hände, seine Lippen zu denken.
Ich sehe auf die Uhr. Es ist fünf vor neun, aber ich stehe schon seit mehr als zehn Minuten hier, und die Bücher in meinem Arm fühlen sich allmählich zentnerschwer an.
Von Tom und Tanya ist weit und breit nichts zu sehen
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