Devoted - Geheime Begierde: Band 1 - Roman (German Edition)
überhaupt keine Kraft.«
»Beim Singen geht es nicht nur um Kraft«, erklärt sie. »Sondern auch um die Gefühle. Sie legen beim Singen sehr viel Gefühl in Ihre Stimme, deshalb klingt sie wunderschön. Wir müssen nur noch ein bisschen an der Technik arbeiten, an der Lautstärke, der Tonlage und, was das Wichtigste ist, an Ihrer Selbstsicherheit, wenn Sie die Technik erst einmal beherrschen. Sie müssen Sicherheit gewinnen, Ihre Stimmbänder trainieren, dann klappt es auch.«
»Wirklich?«
»Wirklich.«
Der Rest der Gesangsstunde macht riesigen Spaß. Denise zeigt uns ihre Lieblingsstars aus uralten Filmen, und wir singen die Lieder aus der Trapp-Familie und Mary Poppins mit. Außerdem gibt sie uns noch ein paar Übungen mit auf den Weg.
»Sie können in Ihren Zimmern üben«, sagt sie. »Unter der Dusche oder sonst überall, wo Sie allein sind. Auf diese Weise gewinnen Sie Sicherheit.«
Beim Hinausgehen legt Tanya mir die Hand auf die Schulter. »Und jetzt auf zu Mr Blackwell. Höchste Zeit für unsere Beurteilungen.«
❧ 22
N atürlich bin ich sehr früh dran. Viel zu früh sogar. Die Tür zum Vorlesungssaal ist offen, also gehe ich hinein und setze mich auf denselben Stuhl wie am Vortag. Allein die Vorstellung, nicht in der ersten Reihe zu sitzen … völlig ausgeschlossen. Ich will ihm unbedingt nahe sein. Obwohl mir klar ist, dass es zwecklos ist und auch immer sein wird. Doch ihm nahe zu sein ist besser als gar nichts.
Ich blättere in meinen Lehrbüchern und kritzle auf meinem Block herum. Nach einer Weile kommen weitere Schüler herein. Gerade als ich anfange, meine Notizen mit Blümchen zu verzieren, spüre ich, dass mich jemand beobachtet. Die Härchen in meinem Nacken richten sich auf.
Ich hebe den Kopf. Da ist Marc, nicht einmal einen Meter neben mir. Wieder begegnen sich unsere Blicke, und für einen kurzen Moment ist es, als würde ich in seinen Augen versinken. Heute wirken sie noch blauer und klarer als je zuvor. Schließlich löst er den Blick und geht mit seiner Laptoptasche unterm Arm weiter zum Podium.
Ich sehe zu, wie er Unterlagen herausnimmt und sie konzentriert durchsieht, beobachte die dunklen Schatten unter seinen Wangenknochen, als sich seine Kiefermuskeln anspannen und wieder lockern.
Während der nächsten Minuten trudeln immer mehr Schüler ein. Tanya und Tom – heute überpünktlich – setzen sich neben mich, während Cecile sich einen Platz so nahe wie möglich beim Podium sucht.
Marc klappt seine Laptoptasche zu. »Guten Tag«, sagt er und hebt abrupt den Kopf. »Ich habe gestern und heute Vormittag einige sehr interessante Darbietungen erlebt.« Mich sieht er dabei nicht an. »Ein schönes Gefühl, die richtigen Studenten ausgewählt zu haben.«
Die richtigen Studenten … Ich spüre, wie mein ganzer Körper vor Erleichterung in sich zusammensackt. Gott sei Dank. Ich habe es also nicht komplett vergeigt. Alles ist gut. Es ist nichts passiert.
»Allerdings gibt es bei Ihnen allen einige Punkte, an denen Sie noch arbeiten müssen. Ich möchte Ihre verborgenen Talente ans Tageslicht bringen. Dinge, die Sie geheim halten, sogar vor sich selbst. Und Sie müssen an Ihrer Disziplin arbeiten. Als Schauspieler müssen wir in der Lage sein, unsere Gefühle zu kontrollieren. Deshalb ist es mir auch so wichtig, dass Sie sich an meine Regeln halten und pünktlich zum Unterricht erscheinen. Ohne Disziplin haben Sie als Schauspieler keine Zukunft.«
Er kehrt zum Podium zurück. »Wenn ich Ihnen eines beibringen kann, dann ist das, Disziplin und Handwerk miteinander zu vereinen. Ohne Disziplin, die Bereitschaft, sich in eine Rolle einzuarbeiten, etwas über das Leben und die Gewohnheiten eines Charakters zu erfahren, sind wir machtlos. Aber mit Disziplin allein – wenn wir nicht loslassen und unserem Instinkt und unseren Gefühlen folgen können – sind wir ebenfalls verloren.«
Marc tritt vor die weiße Tafel. Sein Blick streift mich kurz, doch er wendet ihn sofort wieder ab. »Ich war früher ganz genauso wie Sie. Nervös. Voller Angst. Unkontrolliert. Ehrlich gesagt war ich sogar ein sehr ängstliches Kind. Aber diese Angst hat mir zu einigen meiner spektakulärsten Darbietungen verholfen. Sie brauchen also kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn Sie ängstlich sind. Aber Sie müssen lernen, diese Angst unter Kontrolle zu bringen. Dabei können Sie auf all Ihre bisherigen Erfahrungen zurückgreifen, egal, ob gute und schlechte. Hat Ihr Vater Sie regelmäßig verprügelt?
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