Devoted - Geheime Begierde: Band 1 - Roman (German Edition)
Dann benutzen Sie dieses Gefühl, ungerecht behandelt worden zu sein, Ihre Demütigung, Ihre Wut, Ihren Schmerz, und übertragen Sie all das auf die Figur, die Sie darstellen sollen. Haben Sie schlechte Angewohnheiten? Benutzen Sie Ihr Schamgefühl und Ihre Selbstverachtung, um einem missverstandenen Charakter Tiefe zu verleihen. Die Schauspielerei ist ein wunderbarer Beruf, denn wir können unseren schlimmsten Schmerz in unseren größten Triumph ummünzen.«
Hat Ihr Vater Sie regelmäßig verprügelt? Das klingt ja fast, als hätte er die Erfahrung am eigenen Leib machen müssen. Und schlechte Angewohnheiten … Ja, auch die hat er, so viel steht fest.
Am Ende der Stunde kündigt Marc an, dass wir in ein paar Wochen eine weitere Darbietung liefern müssen. O Gott. Dabei habe ich mich gerade von dem Schock meines ersten Auftritts erholt, und jetzt muss ich mich schon mit dem nächsten befassen.
Mein Herzschlag beschleunigt sich, und mein Magen zieht sich zusammen. Noch ein Vorsprechen. Ich schaffe das alles nicht. Zumindest nicht ohne Hilfe. Ich brauche Marcs Hilfe. Er muss mir zeigen, wo ich Fehler gemacht habe und wie ich sie korrigieren kann.
Als die anderen den Raum verlassen, bleibe ich zurück. Mir entgeht nicht, dass mir einige meiner Mitschüler scheele Blicke zuwerfen und sich gegenseitig anstoßen.
Ich warte, bis alle gegangen sind, dann trete ich vor das Podium, wo Marc gerade seine Unterlagen in der Laptoptasche verstaut.
»Kann ich Ihnen helfen, Miss Rose?«, fragt er, ohne aufzublicken.
»Ich hoffe es«, antworte ich so selbstsicher, wie ich nur kann.
»Und wie?«
»Darf ich … Mr Blackwell, ich brauche zusätzliche Hilfe. Vor dem nächsten Vorsprechen.«
Ist das wirklich eine gute Idee? Wohl kaum. Aber wenigstens entspricht es der Wahrheit. Ich brauche tatsächlich Hilfe . Eilig verdränge ich den Gedanken an die anderen Gründe, weshalb ich gern mehr Zeit mit ihm verbringen würde.
Marc klappt seine Laptoptasche zu und sieht auf. »Zusätzliche Hilfe? Sophia, hören Sie. Sie sind eine vielversprechende Schauspielerin. Sehr vielversprechend sogar. Und Sie haben etwas …« Er hält inne und blickt zur Zimmerdecke. »Es ist schwer, es in Worte zu fassen. Keine Ahnung. Ihre Darbietung hat etwas Unaffektiertes, etwas Authentisches. Etwas, das ich noch bei keinem anderen Schauspieler gesehen habe. Aber ich will ganz ehrlich zu Ihnen sein. Ich habe große Hoffnungen in Sie gesetzt, aber vielleicht war die Herausforderung auch zu groß für Sie. Bleiben wir erst einmal bei den Rollen der netten jungen Frau und sehen dann, wie es weitergeht.«
»Aber ich will eine Herausforderung«, beharre ich. »Ich will mein Potenzial entfalten können. Deshalb bin ich schließlich hier.«
»Tja.« Marc nimmt seine Laptoptasche vom Podium. »Ihr Ehrgeiz ist bewundernswert, aber manchmal müssen wir unsere Grenzen akzeptieren und unser Bestes geben, um sie zu überwinden. Gehen wir erst einmal einen Schritt zurück. Für Ihre nächste Darbietung habe ich etwas Einfacheres für Sie vorgesehen.«
»Moment«, beharre ich. »Ich will eine Herausforderung. Ich will es noch einmal versuchen. Ich will nicht, dass Sie einen Schritt zurückgehen, sondern ich bin hier, um mein Bestes zu geben.«
»Das freut mich zu hören, aber ich denke, dass zusätzliche Hilfe keine gute Idee ist.« Er sieht auf seine Uhr. »Ich muss jetzt gehen.«
»Bitte«, rufe ich. »Sie sind mein Lehrer. Wenn ich Sie nicht um Hilfe bitten kann, wen dann?«
Er geht zur Tür, bleibt jedoch noch einmal stehen und legt die Hand an den Türrahmen. Ich sehe, wie sich sein Brustkorb hebt und senkt, ehe er sich umdreht.
Seine Kiefermuskeln mahlen. »Sie haben recht. Ich bin Ihr Lehrer.« Er schließt kurz die Augen und öffnet sie wieder. »Ich bin heute bis um halb acht auf dem Campus. Das Queen’s Theatre ist den ganzen Abend frei. Wir treffen uns um sieben, dann sehen wir, was wir tun können.«
Er macht kehrt und verlässt den Raum.
Um sieben Uhr. Ich treffe Marc Blackwell heute Abend um sieben Uhr. O Gott, in welchen Schlamassel habe ich mich da nur hineingeritten?
❧ 23
E s ist noch hell, als ich das Queen’s Theatre erreiche. Ich trage Jeans und einen dünnen Kaschmirpulli und fröstle ein wenig in der abendlichen Kühle.
Die Tür ist abgeschlossen, also lehne ich mich gegen die Hauswand und warte.
Um Punkt sieben Uhr kommt Marc den Weg entlanggeschlendert. Plötzlich weiß ich nicht mehr, was ich mit meinen Armen anfangen soll.
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