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Dezembersturm

Titel: Dezembersturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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verstehst du?«
    »Ich werde schweigen«, antwortete der Arzt, verwundert über die Lebenskraft, die der Kranke aufbrachte. Dabei wusste er, dass er alles tun musste, um weitere Aufregung von ihm fernzuhalten.

VI.
     
    Ottokar von Trettin hatte das Gut noch in der Unglücksnacht verlassen, um, wie er sagte, an einer Versammlung des Gutsbesitzerverbandes in Königsberg teilzunehmen. Doch das, was geschehen war, ließ ihn nicht zur Ruhe kommen. Als er nach mehr als zwei Wochen nach Trettin zurückkehrte, wirkte sein Teint fahl, und sein Blick wanderte unstet umher.
    Seine Frau Malwine, eine mittelgroße, schlanke Erscheinung mit früher recht hübschen, nun aber scharf geschnittenen Zügen, betrachtete ihn spöttisch. »Du siehst aus wie das leibhaftige schlechteGewissen, mein lieber Ottokar. Hast du in Königsberg Dinge getrieben, die ich besser nicht wissen sollte?«
    »Natürlich nicht!«, fuhr der Gutsherr sie an. »Es geht um meinen Onkel. Standesgenossen, mit denen ich mich in Königsberg getroffen habe, haben mir sehr deutlich zu verstehen gegeben, dass sie mir einen weiteren Prozess gegen den Alten verargen würden. Der arme Mann wäre durch den Verlust seines Gutes und den Tod seiner Tochter bereits genug gestraft, meinen sie.«
    »Du vergisst den Schlaganfall, der ihn am Tag deiner Abreise niedergeworfen hat«, antwortete seine Frau mit einem zufriedenen Lächeln.
    Ottokar starrte sie überrascht an. »Dann stimmt es also! Ich habe zwar davon gehört, es aber für bloßes Gerede gehalten.«
    »Es ist Tatsache, dass dein Onkel im Krankenbett liegt und es wohl kaum noch lebend verlassen wird.«
    Während Frau Malwines Stimme beinahe vergnügt klang, hieb ihr Mann ärgerlich mit der Faust durch die Luft. »Wenn er so schwer krank ist, wie du behauptest, kann ich ihn sowieso nicht mehr verklagen, ohne endgültig in unseren Kreisen scheel angesehen zu werden. Außerdem wissen wir nicht einmal, ob der alte Bock das vom Gut abgezweigte Geld überhaupt noch besitzt. Es kann genauso gut mit allem anderen im Haus seiner Tochter verbrannt sein.«
    Malwine maß ihn mit einem schiefen Blick, als zweifele sie an seinem Verstand. »Du solltest deinen Onkel besser kennen. Der gibt doch keinen Taler her, bevor ihn der Teufel geholt hat. Zudem hat ein so altmodischer Mensch wie er sein Vermögen sicher nicht in Aktien oder Renten angelegt, sondern in Gold. Im Schutt des niedergebrannten Lehrerhauses hat man jedoch nichts gefunden.«
    Ottokar von Trettin atmete auf. »Dann gibt es ja noch Hoffnung, ihm das unrechtmäßig an sich gebrachte Vermögen entreißen zu können. Dieser alte Lump muss im Lauf der Jahre Tausende vonTalern auf die Seite geschafft haben. Mich packt die Wut, wenn ich bloß daran denke.«
    »Und mich packt die Wut, wenn ich sehe, wie kleinmütig du bist!«, schalt seine Frau. »Wärst du nicht so überstürzt abgereist, aus Angst, man könne dich mit dem Brand in Verbindung bringen, hättest du bei den Behörden durchsetzen können, als Lores Vormund eingesetzt zu werden.«
    »Was soll ich mit dem Balg?«, fragte Ottokar missmutig.
    Für einen Augenblick verzerrte sich das Gesicht seiner Frau zu einer entnervten Grimasse. »Du bist ja noch dümmer, als ich dachte! Nach dem Tod ihrer Mutter und ihrer Geschwister ist Lore die einzige Erbin, die der alte Wolfhard noch hat. Daher wird er ihr das unterschlagene Geld zukommen lassen wollen.«
    Bei diesen Worten atmete Ottokar von Trettin erleichtert auf. »Du hast recht, meine Liebe! Dieses bedauerliche Unglück hat die Situation zu unseren Gunsten gewandelt. Jetzt müssen wir nur noch auf Lore achten.«
    »War es wirklich ein Unglück? Dein Kutscher machte letztens Andeutungen, die besser nicht unter die Leute kommen sollten«, sagte Malwine, die ihn lauernd beobachtete.
    »Florin ist ein Narr! Es war ein Unglück«, antwortete Ottokar mit viel zu schriller Stimme.
    Seine Frau nahm es mit einem Schulterzucken zur Kenntnis. »Dann sorge dafür, dass der Kerl den Mund hält und du nicht in ein schlechtes Licht gerätst.«
    Ihr Mann nickte und fragte sich, womit er seinen Kutscher eher zum Schweigen bringen mochte, mit Drohungen oder dem Angebot einer gewissen Summe.
    Seine Frau hing ganz anderen Überlegungen nach. »Du hast dich doch vor Gericht verpflichten müssen, deinem Onkel vierteljährlich eine gewisse Summe für seinen Lebensunterhalt zur Verfügung zu stellen. Wenn du diese Zahlungen einstellst, wird derAlte gezwungen sein, auf seine Reserven

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