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Dezembersturm

Titel: Dezembersturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Gefährdung durch Ruppert ihre eigene Situation aus den Augen verloren hatte. Ihr Großvater hatte sie ja gerade deswegen aus Deutschland fortlotsen wollen, damit Ottokarseine Macht über sie nicht ausspielen konnte. Wäre ich doch in England bei Mary geblieben!, dachte sie verzweifelt. Doch für Reue war es zu spät. Sie konnte nur hoffen, Ottokar würde sich von Thomas Simmern überzeugen lassen, dass es besser war, sie in Bremen zu lassen.
    Genau das aber wollte Ermingarde verhindern. Sie verteidigte Ottokar von Trettins Rechte vehement und erklärte, dass er als gesetzlicher Vormund gewiss am besten geeignet sei, für Lore zu sorgen.
    Der Gutsherr kaute auf seinen Lippen herum und fragte sich, was er tun sollte. Am liebsten hätte er alles so belassen, wie es war, doch er wusste nur zu gut, dass er nicht ohne Lore nach Hause kommen durfte. Außerdem zweifelte er an Simmerns Behauptung, das Geld des alten Trettin sei mit der
Deutschland
untergegangen. Und falls dieses Vermögen noch existierte, würde er nur dann seine Hand darauf legen können, wenn Lore unter seinem Dach lebte.
    Nach diesen Überlegungen plusterte er sich auf und musterte Simmern und dessen Frau verkniffen. »Ich werde Lore mit nach Hause nehmen. Daran kann mich keiner hindern.«
    »Du irrst, Vetter«, mischte sich jetzt Fridolin ein, der dem Geschehen bislang schweigend gefolgt war. »Bevor du Lore nach Ostpreußen verschleppen kannst, werde ich dich niederschießen!« Er griff in seine Tasche, um die Pistole hervorzuholen, doch da legte Dorothea ihm die Hand auf den Arm.
    »Bitte, Herr Fridolin! Wir wollen doch keinen Skandal verursachen.«
    »Aber das wird einer!«, keifte Ermingarde.
    »Tun Sie sich keinen Zwang an, meine Liebe. Nur wird es sich dann zeigen, wer den Schaden davonträgt.« Dorothea blieb weiterhin verblüffend souverän. »Und Sie, Herr von Trettin, müssen selbst entscheiden, ob Sie Lore unter unserer Obhut lassen oder sie nach Ostpreußen mitnehmen wollen.«
    »Ich nehme sie mit. Morgen früh reisen wir ab!«
    »Nein!«, rief Lore empört.
    Doch auch hier griff Dorothea ein. »Wenn dein Vormund sagt, du musst mit ihm kommen, dann darfst du dich nicht sträuben. Komm mit! Wir wollen deine Sachen packen.«
    »Aber was ist mit Nathalia?«, brachte Gerhard Klampt mühsam hervor. »Sie sollte mein Mündel werden und ich ihr Vermögensverwalter!«
    »Ich glaube kaum, dass mein Ehemann die Pflicht, die sein Freund Graf Retzmann ihm aufgetragen hat, aus der Hand geben wird. Und nun adieu! Ich werde, wenn Lore und ich mit dem Packen fertig sind, nicht noch einmal hierherkommen, um mich zu verabschieden. Ach ja, Thomas, du und Herr Fridolin, ihr braucht nicht auf mich zu warten. Ich werde eine Droschke nehmen.«
    »Ich schicke dir den Wagen zurück!« Onkel Thomas’ Stimme versprach ihr einen heftigen Ehekrach für ihre Rückkehr, doch auch das schien sie nicht zu berühren. Sie fasste Lore unter und führte sie zur Tür. »Komm! Wir haben noch einiges zu tun.«
    Simmern sah den beiden nach und wandte sich dann mit grimmiger Miene an Ottokar von Trettin. »Hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Sie werden noch von mir hören.«
    Dann winkte er Fridolin, ihm zu folgen. Auf dem Flur blieb er kurz stehen und stieß die angehaltene Luft aus der Lunge. »Wenn ich noch länger geblieben wäre, hätte ich dieses intrigante Biest Ermingarde erwürgt und Ottokar von Trettin dazu!«
    »Ich werde Lore nicht diesem Mörder überlassen«, stieß Fridolin aus.
    Da mischte sich Konrad ein. »Käpt’n, bevor Sie beide irgendetwas unternehmen, sollten Sie mit Ihrer Frau Gemahlin sprechen. Sie hatte eben so einen schelmischen Blick!«

XV.
     
    Lore warf sich auf ihr Bett, vergrub das Gesicht im Kissen und schluchzte, Nati aber blieb mitten im Raum stehen und funkelte Dorothea wütend an.
    »Du bist eine ganz böse Frau, weißt du das?«
    »Ganz im Gegenteil, ich bin eine ganz liebe Frau«, antwortete die Gescholtene mit einem amüsierten Glucksen. »Nach dem Gesetz ist dein Vormund im Recht, Lore. Dich gegen seinen Willen hierzubehalten würde einen Skandal nach sich ziehen, der meinen Mann zwingen könnte, die Vormund- und Treuhänderschaft über Nati und ihr Vermögen aufzugeben. Darauf lauern Ermingarde und ihre Bagage doch nur. Außerdem würde auch an dir einiges hängenbleiben und es dir unmöglich machen, jene Stellung einzunehmen, die dir angemessen ist.«
    »Ich werde nicht auf Trettin bleiben«, antwortete Lore

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