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DGB 05 - Fulgrim

DGB 05 - Fulgrim

Titel: DGB 05 - Fulgrim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham McNeill , Ralph Sander
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Geheimnisse
kommen.«
     
    Die Farben auf der Palette
wirbelten vor Serenas Augen umher, und ihre Blässe ärgerte sie über alle Maßen.
Sie hatte den größten Teil des Morgens mit dem Versuch zugebracht, das Rot
jenes Sonnenuntergangs zu mischen, den sie auf Laeran gesehen hatte, doch die
mittlerweile leeren Farbdosen und die zerbrochenen Pinsel ringsum ließen
deutlich erkennen, dass es ihr einfach nicht gelingen wollte. Die Leinwand vor ihr
war ein Durcheinander aus hektisch hingeschmierten Bleistiftstrichen; Konturen dessen,
was ganz bestimmt ihre beste Arbeit überhaupt werden würde ... sofern ihr denn
jemals der richtige Rotton gelingen sollte!
    »Verdammt!«, brüllte sie und
schleuderte die Palette mit solcher Wucht von sich, dass sie an der Wand in
tausend Stücke zersplitterte.
    Sie war nur zu kurzen,
schmerzhaften Atemzügen in der Lage, da sie zunehmend frustrierter wurde.
Serena legte die Hände vors Gesicht und ließ ihren Tränen freien Lauf, bei
jedem Schluchzer ging ein Stich durch ihre Brust.
    Die Wut über ihr Versagen
breitete sich in ihrem Körper aus, und sie griff nach einem abgebrochenen
Pinselstiel, um sich die Bruchstelle gegen ihren Oberarm zu pressen. Der
Schmerz war intensiv, doch wenigstens konnte sie ihn fühlen. Blut sammelte sich
rings um die Splitter, die ihre Haut durchdrungen hatten. Nur der Schmerz ließ
alles echt werden, und Serena drückte das Holz tiefer in ihr Fleisch, während
sie zusah, wie das Blut über die älteren Narben auf ihrem Arm lief.
    Ihr dunkles, mit Farbklecksen
übersätes Haar hing ihr in Strähnen bis zur Taille, ihre Haut wies die
ungesunde Blässe eines Menschen auf, der seit Tagen nicht geschlafen hatte.
Ihre Augen waren blutunterlaufen, die Fingernägel eingerissen und mit Farbe
verklebt.
    Das Atelier war nach ihrer
Rückkehr von der Planetenoberfläche komplett auf den Kopf gestellt worden, doch
verantwortlich war dafür kein Fall von Vandalismus. Vielmehr war es leiden-schaftlicher
Eifer gewesen, etwas zu erschaffen, der ihr vormals so makelloses, aufgeräumtes
Atelier in ein Schlachtfeld verwandelt hatte.
    Der Wunsch zu malen war wie
eine Naturgewalt über sie gekommen, der sich nichts und niemand in den Weg stellen
konnte. Es war aufregend und auch ein wenig beängstigend gewesen, dieses
brennende Verlangen zu spüren, leidenschaftliche und sinnliche Kunst zu
schaffen. Serena hatte drei Leinwände in Farben und Licht getaucht, hatte wie
eine Besessene gemalt, ehe sie vor Erschöpfung mitten in ihrem verwüsteten
Atelier zusammen-gesunken und eingeschlafen war.
    Als sie irgendwann viel später
wieder erwachte, sah sie sich ihre Gemälde mit kritischem Blick an und erkannte
das Plumpe in den Arbeiten. Die primitiven Farben besaßen nichts von der
Lebendigkeit und Intensität, die sie aus dem Tempel in Erinnerung hatte. Im
herrschenden Chaos ihres Ateliers begab sie sich auf die Suche nach den Fotos,
die sie von der gewaltigen Korallenstadt mit ihren maskulinen Türmen, ihrem
wundersam eingefärbten Himmel und dem Ozean gemacht hatte.
    Seit Tagen versuchte sie, jene
mitreißenden Empfindungen wiederaufleben zu lassen, von denen sie auf Laeran
erfasst worden war, doch ganz gleich, in welchem Verhältnis sie die Farben auch
mischte, sie erreichte einfach nie das Resultat, das ihr vorschwebte.
    Serena dachte zurück an Laeran
und erinnerte sich an die Traurigkeit, die sie erfüllt hatte, da Ostian der
Flug auf den Planeten verweigert worden war. Diese Traurigkeit war schlagartig
dahin — was ihr ein schlechtes Gewissen bereitete —, als sie die Wolkendecke
durchbrachen und Serena den gewaltigen blauen Ozean zu Gesicht bekam.
    Noch nie hatte sie ein so
lebendiges, strahlendes Blau gesehen, und noch bevor sie Kurs auf das
Laer-Atoll nahmen, hatte sie bereits ein Dutzend Fotos geschossen. Als sie dann
um die schwebende Stadt gekreist waren, erwachten in Serena Gefühle, von deren
Existenz sie nie zuvor gewusst hatte, und mehr als alles andere wollte sie
dieses Atoll betreten.
    Nach der Landung wurden sie
durch die Ruinen der Stadt geführt, und keiner der Memoratoren hatte vor Erstaunen
den Mund wieder zubekommen, so atemberaubend war diese ganz andere Welt. Von
Hauptmann Julius erfuhren sie, dass die hohen Türme während des Kriegs ein
unablässiges Kreischen ausgestoßen hatten, nun aber fast alle verstummt waren,
nachdem sie in Trümmer geschossen worden waren. Die leisen Schreie, die Serena
noch hören konnte, schienen unendlich weit entfernt und

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