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DGB 10 - Engel Der Tiefe

DGB 10 - Engel Der Tiefe

Titel: DGB 10 - Engel Der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Lee
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Caliban blickte
von dem Buch hoch. »Jonson natürlich«, erwiderte er. »Da waren wir unterwegs,
mitten im übelsten Teil der Norderwildnis, so tief im Wald, dass wir seit einer
Woche nicht mehr die Sonne gesehen hatten. Wir hatten bereits zwei Bestien
getötet und dabei Sar Lutiel verloren. Die meisten von uns hatten Verletzungen
erlitten, und wir litten unter Fieber, aber wir rückten trotzdem weiter.« Er lächelte
flüchtig. »Niemand war jemals so tief in die Wildnis vorgedrungen, und wir
lechzten alle nach Ruhm.«
    Die Erinnerungen stürzten auf
Luther ein, der den Blick auf einen Punkt weit jenseits dieser Bibliothek
gerichtet hatte.
    »Gegen Mittag erreichten wir
einen Fluss«, fuhr er fort. »Der ideale Ort für Jäger, um ihrer Beute
aufzulauern, aber da unsere Wasserflaschen leer waren, beschlossen wir das
Risiko einzugehen. Ich hielt Wache, indem ich im Sattel sitzen blieb und meine
Pistole feuerbereit hielt. Und auf einmal stand dieser kleine Junge in unserer
Mitte. Er war lautlos aus dem Wald herausspaziert und stand einfach nur da.«
    Der Meister von Caliban lachte
betrübt. »Einen Moment lang starrten wir ihn nur an. Ich glaube, jeder von uns
war der Meinung, dass es sich nur um einen Fiebertraum handeln konnte. Er stand
völlig nackt da wie ein Neugeborenes, Blätter und Zweige hatten sich in seinem
goldenen Haar verfangen. Und seine Augen ...« Luther schüttelte den Kopf.
»Seine Augen waren kalt und wissend, so wie die eines Wolfs ... und zeigten
keine Spur von Angst. Sar Adriel sah in diese Augen und wurde leichenblass. Er
und Sar Javiel hatten die Arme voll mit Wasserflaschen und konnten sich nicht
schützen. >Töten Sie ihn!<, forderte Adriel mich auf. Ich hatte ihn noch
nie so verängstigt erlebt wie in diesem Moment.«
    Nach einer kurzen Pause fuhr er
fort: »Beinahe hätte ich es gemacht. Sie können sich nicht vorstellen, wie kurz
ich davor war, Brüder. Ich wusste, was Adriel dachte. Wir waren mehr als
hundert Meilen vom nächsten Dorf entfernt, mitten im tödlichsten Wald von ganz Caliban,
und hier stand ein Kind vor uns, nicht mal groß genug, um meinen Sattel
berühren zu können, ohne einen einzigen Kratzer am Körper. Der Junge konnte
nicht allein in dieser Wildnis überlebt haben, das war schlicht unmöglich. Ich
erinnere mich noch gut«, fügte er an, während ihm Tränen in die Augen stiegen,
»dass ich dachte, er muss ein Monster sein. Was sollte er sonst sein? Also
richtete ich meine Pistole auf ihn und zielte genau. Ein Schuss in den Kopf,
mehr war nicht nötig. Mein Finger drückte schon auf den Abzug, da drehte sich
der Junge zu mir um und sah mich an. Beim Anblick meiner Waffe zuckte er nicht
mal mit der Wimper, schließlich hatte er ja gar keine Ahnung, was sie darstellte.
In dem Moment wurde mir klar, was ich da eigentlich tun wollte. Vor Scham über
mein eigenes Handeln schleuderte ich die Waffe weg.«
    Tränen liefen Luther über die
Wangen, und Zahariel sah zu Israfael und Astelan, die beide das Verhalten des
Großmeisters mit Sorge betrachteten. Er versuchte, irgendetwas darauf zu
erwidern, doch ehe ihm etwas Passendes einfiel, kam ihm Ramiel zuvor.
    »Niemand muss sich schämen,
weil er einen Unschuldigen verschon hat«, sprach der alte Meister leise.
    »Aber er war nicht unschuldig!«,
hielt Luther unter Tränen dagegen. »Er wusste es. Jonson wusste von Anfang an
von dem Makel, und er vergoss einen Ozean voller Blut, um die Wahrheit vor uns
zu verbergen.«
    »Das kann nicht Ihr Ernst sein,
Milord«, wandte Zahariel benommen ein, als er den nachdrücklichen Tonfall
vernahm.
    »Warum hätte er sonst die
Ritter des Lupus-Ordens in einen Krieg hineingezogen und sie anschließend
ausgelöscht? Warum sonst hätte er ihre Bücher mitgenommen?«, er hielt Zahariel
den Band hin, in dem er geblättert hatte, »und sie hier vor unseren Blicken
verborgen? Weil sie uns etwas über den Makel dieses Planeten verraten hätten.
Lion El'Jonson hat sich sehr viel Mühe gegeben, diejenigen zum Schweigen zu
bringen, die zu viel wussten. Und als dann der Imperator eintraf, wurde es nur
noch schlimmer.«
    »Das reicht!«, brüllte
Bruder-Scriptor Israfael. »Ich werde nicht zulassen, dass Sie so über unseren
Primarchen reden, und schon gar nicht über den Imperator!«
    Schmerz flammte in Zahariels
Hinterkopf auf, so plötzlich und heftig, dass er ihn fast überwältigte. Er
stöhnte auf und drückte eine Hand an seine Schläfe, während er versuchte, Herr
über diese Schmerzen zu

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