DGB 12 - Verlorene Söhne
möglich wieder bei dir.« Dann
ging sie zur Tür.
Nachdem sie das Zimmer
verlassen hatte, setzte sich Lemuel auf den Stuhl. Er lächelte Camille schwach
an und legte die Hände in den Schoß.
»Arzt werde ich wohl niemals
werden, nicht wahr?«, fragte er.
»Nicht wenn du alle deine
Patienten so behandelst wie mich.«
»Was macht dein Kopf?«
»Tut immer noch weh.«
»Oh.«
»Die Fahrt in Khalophis'
Speeder war ziemlich holprig, und dabei habe ich mir den Kopf gestoßen.«
»Dann liegt es sicher daran«,
sagte Lemuel.
»Lügner.«
»Ist ja gut«, fauchte er. »Was
erwartest du von mir? Dass ich dir sage, dass ich glaube, es könnten Eier in deinem
Kopf ausgebrütet werden, die dann bei lebendigem Leib dein Gehirn auffressen
werden? Tut mir leid, aber so was kann ich dir nicht sagen!«
Sie betrachtete ihn schweigend.
»Ja, du hast recht«, entgegnete sie schließlich. »Du musst wirklich erst noch
lernen, wie man mit Patienten umgeht.«
Ihr aufgesetzter Humor ließ
einen Damm in seinem Inneren brechen, er vergrub das Gesicht in den Händen und ließ
seinen Tränen freien Lauf, während er immer wieder schluchzend nach Luft
schnappte.
Camille setzte sich auf. »Hey,
tut mir leid, Lemuel, aber ich bin hier diejenige, die im Bett liegt.«
»Entschuldige«, brachte er nach
einer Weile heraus. »Aber du und Kallista ... das ist zu viel. Das ist einfach zu
viel für mich. Ich kann nicht euch beide verlieren!«
»Und das wirst du auch nicht«,
erwiderte sie. »Wir kriegen das schon hin. Wenn da wirklich was in meinem Kopf
sein sollte, dann gibt es wohl keinen besseren Planeten als diesen, auf dem wir
uns jetzt befinden könnten, meinst du nicht?«
Lemuel wischte mit dem Ärmel über
seine Augen und lächelte schwach. »Ich schätze, da hast du recht. Du bist sehr
tapfer, weißt du das?«
»Ich habe ziemlich starke
Medikamente bekommen, darum würde ich darauf nicht viel geben.«
»Du bist tapferer, als du
glaubst«, beteuerte Lemuel. »Ganz egal, wie stark deine Medikamente sind. Das
kannst du mir glauben.«
»Ja, ich und Kalli kommen
wieder auf die Beine, darauf kannst du wetten«, sagte sie.
»Ja, und das ist auch das
Einzige, was ich machen kann«, meinte er verbittert.
»Nein, das stimmt so nicht. Du
hast getan, was du konntest, um sie zu retten.«
Als Camille nach ihm zu fassen
versuchte, zog Lemuel seine Hand weg. »Bitte nicht.«
»Es ist schon in Ordnung«,
sagte sie leise.
»Erzähl mir von Malika.«
Er begann zögerlich, da es
viele Jahre her war, seit er das letzte Mal über Malika geredet hatte. Die
Worte waren so von Trauer durchdrungen, dass sie nur mit Mühe über seine Lippen
kamen — aber dann erzählte er Camille stockend von der klügsten und schönsten
Frau der Welt.
Ihr Name war Malika, und sie lernten
sich bei einem Wohltätigkeitsdinner kennen, das der Lord des Sangha-Distrikts
veranstaltete. Der wollte genügend Spendengelder zusammen-bekommen, damit er
einen gewaltigen Bestand an Proconnesus-Marmor von der anatolischen Halbinsel
aufkaufen konnte, um das Ganze der Imperialen Steinmetzgilde zu schenken. Der
gegenwärtige Gildemeister Vadok Singh hatte versprochen, dass die aus diesem
Marmor zu schaffenden Statuen an einem bedeutenden Platz aufgestellt werden
würden, womöglich sogar im Investiarium des Imperators. Den Gerüchten zufolge war
kein Geringerer als Ostian Delafour damit beauftragt worden, die Statuen zu
erschaffen.
So etwas kostete viel Geld, und
die reichsten Bürger des Distrikts waren eingeladen worden, um zu zeigen, wie
viel ihnen dieses Projekt wert war. Lemuel zählte zu den Reichen, er hatte sich
ein großzügiges Anwesen zugelegt, was er einer Kombination aus Geschäftssinn
und seiner Fähigkeit verdankte, die Auren anderer Menschen lesen zu können,
sodass er immer wusste, wer ihn übers Ohr hauen wollte und wer nicht. Über ganz
Mobayi verteilt besaß er Grundstücke, und er war beliebt, weil er viel von
seinem Reichtum für mildtätige Zwecke spendete.
Malika war die Tochter des
Lords des Sangha-Distrikts, und sie beide verliebten sich an diesem Abend beim
Licht der Sterne und bei einer Flasche Palmwein. Sie heirateten ein Jahr
darauf, wobei die Zeremonie mehr kostete, als viele der Familien, die auf
Lemuels Grundstücken lebten, in einem Jahr verdienten. Es gab keinen
glücklicheren Menschen als Lemuel, und während er von den ersten sieben Jahren
seiner Ehe erzählte, strahlte er übers ganze Gesicht, so glücklich waren
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