DGB 12 - Verlorene Söhne
einigen Büchern hatte ich
darüber gelesen, dass man Tote wieder zum Leben erwecken kann, aber das waren alles
nur schrecklich vage Beschreibungen. Nichts davon funktionierte, und dann ergab
sich die Gelegenheit, für den Orden der Memoratoren ausgewählt zu werden. Ich nutzte
diese Chance, um mich für die Thousand Sons zu bewerben.«
»Wieso ausgerechnet die
Thousand Sons?«
»Ich hatte Gerüchte über sie
gehört. Du nicht?«
»Ich gebe nichts auf Gerüchte«,
erwiderte Camille lächelnd.
»Ich setze sie bloß in die
Welt.«
Lemuel musste leise lachen.
»Touché, meine Liebe. Auf der Suche nach einem Heilmittel für Malika habe ich mir
sehr viele Gerüchte anhören müssen, und dabei war oft von der Hexerei der
Thousand Sons die Rede. Man tuschelte, dass viele von ihnen von schrecklichen
Mutationen heimgesucht worden waren und wie Magnus seine Legion gerettet haben
sollte. Ich dachte, ich könnte von ihnen etwas lernen, um Malika zurück ins
Leben zu holen.«
»Oh, Lemuel«, sagte sie, nahm
seine Hand und küsste sie. »Glaub mir, man kann keinen Toten ins Leben
zurückholen. Ich weiß es, denn ich habe die Toten berührt, und ich habe ihrem
Leben gelauscht. Ich habe ihre Liebe und ihren Schmerz gefühlt. Aber bei jedem
von ihnen habe ich auch die Freude am Leben gefühlt, die Menschen, die sie
kannten und liebten. Letztlich kann man sich doch nichts Besseres erhoffen,
nicht wahr?«
»Vermutlich hast du recht«,
stimmte Lemuel ihr zu.
»Aber ich habe mir solche Mühe
gegeben.«
»Das wusste sie doch. Bei
allem, was du gemacht hast, wusste sie, dass du sie liebst und dass du nur
versucht hast, sie zu retten.«
»Könnte ich dir etwas von ihr
geben?«, fragte Lemuel.
»Vielleicht könntest du es ja
lesen.«
»Natürlich. Was immer du
willst, Chaiya. Das weißt du doch«, antwortete sie leicht schläfrig.
Lemuel stutzte. »Hast du gerade
Chaiya zu mir gesagt?«
»Klar ... wieso? So heißt ...
du doch«, sagte sie.
»Oder nicht ... meine Liebe?«
Als Camilles Hand aus seinen
Fingern glitt, verkrampfte sich sein Magen. Plötzlich riss sie die Augen auf,
gleichzeitig schien ihre komplette linke Gesichtshälfte abzusacken, als würden
unsichtbare Hände ihr Fleisch zu einer schiefen Maske ummodellieren.
»O nein! Camille! Camille!«
Sie ballte die Fäuste und
krallte die Finger in das Bettzeug, als ein Krampf sie überkam. Ihre Augen
waren starr vor Entsetzen, blutiger Speichel lief aus ihrem Mundwinkel. Ihr Gesicht
war wie ein wortloses Flehen, während ihr ganzer Körper von Schmerzen
heimgesucht wurde.
Lemuel drehte sich zur Tür um.
»Hilfe! Thron von Terra, helft mir bitte!«, brüllte er aus Leibeskräften.
»Können Sie sie sehen?«, fragte
Phosis T'kar.
»Ja«, antwortete Hathor Maat.
»Aber sie zu sehen, ist auch nicht weiter schwierig. Das Problem besteht darin,
etwas gegen sie zu unternehmen.«
»Bitte«, flehte Lemuel sie an.
»Tun Sie, was Sie können!«
Camilles Zimmer war zum
Mittelpunkt einer Fülle von Akti-vitäten geworden, seit er um Hilfe gerufen
hatte.
Chaiya war zurückgekehrt, aber
nicht mit irgendwelchen Medi-zinern oder einem Hirnscanner, sondern mit zwei Hauptleuten
der Thousand Sons. Sie hatte sich als Phosis T'kar von der Zweiten und als
Hathor Maat von der Dritten Gefolgschaft vorgestellt.
Offenbar hatte sie tatsächlich
einflussreiche Freunde.
Während Phosis T'kar Camille
mit der Kraft seiner Gedanken festhielt, damit sie sich nicht rühren konnte,
legte der absurd gut aussehende Hathor Maat die Hände an ihren Kopf. Seine
Augen waren geschlossen, doch nach den Bewegungen hinter den Lidern zu
urteilen, sah er mit anderen Sinnen, was er sehen wollte.
»Es sind sechs Stück, tief in
ihrem Gehirn vergraben. Sie wachsen schnell«, erklärte er. »Hässliche weiße Dinger.
Noch keine Larven, aber es dauert nicht mehr lange, bis sie sich verpuppen
werden.«
»Können Sie Camille retten?«,
fragte Chaiya mit brüchiger Stimme.
»Was glauben Sie, was wir hier
versuchen!«, herrschte Phosis T'kar sie an. »Das sind raffinierte kleine
Mistkerle«, zischte Hathor Maat, drehte den Kopf und schob die Finger über
Camilles Kopf.
»Organische Ranken, eine Art
Anker, die sich tief in der Hirnmasse festsetzen und sich mit den Nervenbahnen
verbinden. Ich werde sie langsam ausbrennen müssen.«
»Ausbrennen?«, wiederholte
Lemuel voller Entsetzen.
»Natürlich«, sagte Maat. »Oder
haben Sie einen besseren Vor-schlag? Und jetzt seien Sie ruhig.«
Lemuel hielt Chaiyas
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