DGB 12 - Verlorene Söhne
wir sie. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Sie machen die Dinge nur
unnötig kompliziert, mein Freund.«
Ahriman lächelte und richtete
sich auf. Er war geringfügig größer als Wyrdmake, dafür war der Runenpriester von
breiterer Statur und hatte muskulösere Schultern.
»Oder aber Sie sehen die Dinge
zu einfach.«
Wyrdmakes Miene verhärtete
sich.
»Sie sind melancholisch«, sagte
er frostig.
»Mag sein«, pflichtete Ahriman
ihm bei und sah zum Horizont, dorthin, wo die silbernen Städte lagen. »Mich ärgert,
wenn ich mir vorstelle, was hier verloren geht. Wir verpassen die Chance, von
diesen Leuten etwas zu lernen. Wenn wir von hier weggehen, was bleibt dann
außer Asche und Hass?«
»Was hier geschieht, wenn wir
weg sind, hat uns nicht zu interessieren.«
Ahriman schüttelte den Kopf.
»Aber es sollte uns interessieren. Guilleaume macht es anders. Jede Welt, die
von seiner Legion eingenommen wird, verehrt seinen Namen und ist angeblich ein
Utopia. Die Bewohner arbeiten unermüdlich zum Wohl des Imperiums, und sie sind
die treuesten Diener. Die Leute auf diesen Welten hier werden im besten Fall
Imperiumsbürger wider Willen sein, schlimmstenfalls zukünftige Rebellen.«
»Dann werden wir zurückkehren
und ihnen zeigen, was wir mit Leuten machen, die ihren Eid gegenüber dem Imperium
brechen«, knurrte Wyrdmake.
»Manchmal denke ich, wir sind
uns sehr ähnlich«, sagte Ahriman, der sich über Ohtheres Schwarz-Weiß-Sicht der
Dinge ärgerte.
»Dann wieder wird mir klar, wie
verschieden wir sind.«
»Aye, wir sind verschieden,
Bruder«, bestätigte Wyrdmake sanfter. »Aber wir sind im Krieg vereint. Nur
Phönixfels ist noch übrig, und wenn diese Stadt fällt, dann muss unser Feind
entweder kapitulieren oder seine völlige Auslöschung akzeptieren. In spätestens
einer Woche wird Shrike uns gehören, und dann werden wir beide unser Blut im
Siegeskelch vermischen.«
»Heliosa«, korrigierte Ahriman
ihn.
»Diese Leute nennen ihre Welt
Heliosa.«
»Nicht mehr lange«, meinte
Wyrdmake und sah über den höchsten Gipfel hinweg, von wo das laute Dröhnen von
Trieb-werken bis zu ihnen schallte. »Der Wolfskönig ist hier.«
Leman Russ: der Wolfskönig, der
Große Wolf, der Wolfslord von Fenris, der Vernichter der Grünhäute.
Ahriman hatte all diese und
noch viel mehr Titel gehört, die man dem Meister der Space Wolves gab, aber keiner
vermittelte auch nur annähernd die Dynamik, die der hünenhafte Wolf in
Menschengestalt ausstrahlte, als er die geborstenen Felsen von Rabenhorst 93
betrat. Der Rückstoß aus den Triebwerken seiner Stormcrow hatte den fahlen
Untergrund versengt, und nun roch es nach verbranntem Gestein.
Ein Rudel in Wolfsfelle
gekleideter Terminatoren, bewaffnet mit funkelnden Harpunenspeeren, folgte dem Primarchen
der Space Wolves. Der Mann selbst war ein Krieger geschmiedet aus Eis von
Fenris und gehärtet in den eisigen Ozeanen. Sein Glanz und seine Wildheit waren
wie ein Destillat aus der Kraft und Brutalität der Space Wolves, das man zur
schärfsten Klinge geschliffen hatte. Ein schwarzer Wolfspelz lag um seine
breiten Schultern, Klauenfetische hingen am Brustpanzer und um seinen Hals. Die
Rüstung war vom gleichen Grau wie das Herz einer Unwetterwolke, die Oberfläche
wies Kratzer und Schrammen auf, als hätte er erst vor Kurzem mit den beiden
großen Wölfen — einem silbernen und einem nachtschwarzen — gerungen, die ihn
begleiteten.
In der Gegenwart von Leman Russ
bekam Ahriman eine Gänse-haut, als würde ein eisiger Wind durch seine Rüstung wehen.
Das Haar des Primarchen war eine mit Harz gehärtete Mähne aus geschmolzenem
Kupfer, die stechenden grauen Augen wirkten eiskalt und waren ständig in
Bewegung, als sei der Mann unentwegt auf der Jagd. Eine eineinhalb Meter lange
Klinge steckte in einer Scheide an seinem Gürtel. Ahriman sah, dass das Heft mit
Symbolen runengebunden war, um das Eis des Winters auf die Klinge zu holen.
Es erschien unmöglich, dass
sich irgendein Widersacher diesem Krieger in den Weg stellen würde. Ahriman sah
in Russ eine wilde, unbändige Kraft, eine Unbekümmertheit, die einen krassen
Gegensatz zu seiner Disziplin und seinem ausgeprägten Pflichtbewusstsein
darstellte. Leman strahlte in einem weißen Feuer, seine Aura leuchtete in Farben,
die Ahriman nicht zu benennen vermochte. Dieses Feuer war so intensiv, dass
sich Ahriman aus dem Äther zurückzog, da die sengende Präsenz des Primarchen
auf dem Großen Ozean so grell war wie eine
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