Dhalgren
versuchte, in die gleiche Richtung wie Kamp zu blicken, fragte sich, auf welchem Mädchen seine Augen ruhten, fand jedoch nur das kahle, vergitterte Fenster.
Kamp sagte: »Um . . . nach Roger hinauf im Dunkeln . . .« Er verlagerte das Gewicht, schob eine Hand in die Hosentasche. »Den Gedanken mag ich nicht sehr.« Er trat wieder auf den anderen Fuß. »Hey, wollt ihr einen Job?«
»Huh?«
»Ich geb' euch fünf Bucks, wenn ihr mich zu dem Haus bringt - ihr wißt doch, wo es ist?« Kid nickte.
»Ich meine, ihr Typen, ihr seid doch hier so eine Art Schutztruppe. Ich hätte auch gern jemanden, der mit mir im Dunkeln durch diese Stadt geht.«
»Yeah?«
»Im Dunkeln hier herumlaufen, in einer Stadt ohne Polizei, da weiß man nicht, auf was man stößt ... ihr beide: Ich gebe jedem einen Fünfer.«
»Ich komme mit«, sagte Glas.
»Laß uns gehen«, meinte Kid.
»Da bin ich aber wirklich dankbar. Wirklich. Ich will euch aber nicht hetzen. Ich würde gern noch ein bißchen bleiben und ein paar trinken. Sagt mir bitte, wenn ihr soweit seid -«
Glas sah Kid mit einem Ist-er-bekloppt-Blick an.
Also sagte Kid: »Wir gehen jetzt«, und dachte: Hat er vor der Dunkelheit mehr Angst als vor bekannter Gefahr?
»Gut«, sagte Kamp. »Okay. Gut. Jetzt.« Er grinste und wandte sich zum Eingang, wo sich die Leute drängten.
Glas sah immer noch verwirrt aus.
»Yeah«, sagte Kid. »Er ist echt. Er war auf dem Mond.«
Glas lachte, ohne die Lippen zu öffnen. »Ich bin auch echt, Mann.« Und klatschte dann in die Hände.
Kamp blickte sich nach ihnen um.
Kid, gefolgt von Glas, drängelte sich durch die am Ausgang lärmende Menge.
Im Flur fragte Kamp: »Ihr Burschen - ihr seid doch Skorpione, oder? -, habt ihr viel Theater hier?«
»Es geht«, meinte Glas.
Kid dachte: Glas wartet immer, bevor er etwas sagt, als sei es mein Recht, zuerst zu antworten.
»Ich bin eigentlich nicht der Typ, der vor einer Schlägerei wegläuft«, sagte Kamp. »Aber man muß es auch nicht suchen. Ich habe nicht viel Geld bei mir, aber ich möchte doch mit dem was ich habe, nach Hause gelangen.« (Leute vor der Tür hörten einer Frau zu, die mitten in der Geschichte abbrach und stürmisch lachte.) »Wenn ich längere Zeit in Bellona bleibe, vielleicht sollte ich dann ein paar von euch anheuern, die mich in der Stadt begleiten? Aber vielleicht zieht gerade das Aufmerksamkeit auf sich. Ich bin euch wirklich dankbar, daß ihr mitkommt.«
»Mit uns wird Ihnen schon nichts passieren«, sagte Kid, und fragte sich warum.
Er überlegte, ob er Kamp sagen sollte, daß seine Angst albern war und merkte, daß sein eigenes Unterbewußtsein ebenfalls ängstlich geworden war.
Glas ruckte mit den Schultern, dem Kinn, die Daumen in den ausgefransten Taschen wie ein Schaufenstercowboy.
»Das ist schon okay«, wiederholte Kid.
Die Frau erholte sich soweit, daß sie die Pointe der Geschichte herausbrachte: ». . . die Sonne! Er sagte, es sei die verdammte Sonne!« Schwarze Männer und Frauen bogen sich und heulten vor Lachen.
Auch Kid lachte; sie umrundeten die Gruppe und gingen in die Dunkelheit.
»Haben Sie sich mit George unterhalten?« fragte Glas.
»Wir haben miteinander geredet. Er hat mir eine seiner Freundinnen angeboten. Aber sie war nicht so recht mein Typ. Wenn er mir die andere angeboten hätte . . .« Kamp lachte leise.
»Wie finden Sie ihn?« fragte Kid.
»Nicht vom Allerbesten. Ich meine, ich weiß nicht, warum alle so viel Angst vor ihm haben.«
»Angst?«
»Roger zittert vor ihm«, sagte Kamp. »Roger war es natürlich, der mir über ihn erzählt hat. Es ist eine interessante Geschichte, aber merkwürdig. Wie finden Sie das?«
Kid zuckte die Achseln. »Was soll man da sagen?«
»Eine ganze Menge. Was Sie so hören.«
Auf der unverputzten Mauer unter einer zitternden Laterne lappten Georges Poster so glänzend, als hätte man sie lackiert, wie die riesigen, aufgemalten Streifen eines Drachens, dessen Seiten im Dunkeln verschwammen. Glas sah sie im Vorbeigehen an. Kid und Kamp sahen Glas an.
»So wie ich das verstehe, reden alle hier ziemlich oft über ihn.«
»Über was haben Sie denn geredet, außer, daß man die Pussys tauscht?« fragte Kid.
»Unter anderem hat er auch Sie erwähnt.«
»Yeah. Was hat er gesagt?«
»Er wollte wissen, ob ich Sie kenne. Als ich das bejahte, wollte er meine Meinung über Sie wissen. Scheint so, als seien die Leute hier an Ihnen genauso interessiert wie an ihm.«
Das schien ihm lächerlich. Kamps
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