Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R Delany
Vom Netzwerk:
suchte, geriet man an Straßenschilder, die durch Rauch, Dunkelheit oder Vandalismus unleserlich waren, vertauscht waren oder fehlten.
    Als sie Jackson überquerten, fragte Kid: »Ich möchte zurück zu der Party . . .«
    »Klar, Motherfucker«, grinste Glas. »Warum nicht? Willst du wirklich?«
    »Nur sehen, was los war.«
    Glas seufzte.
    Auf der anderen Seite der Straße, am Ende des Blocks, sah Kid das dämmrige Trapez. »Da ist noch Licht.«
    Von dem Bündel aus drei Laternen im Eingang brannte noch eine. Drinnen war die Tür zum Flur geschlossen.
    »Hört sich nicht so an, als wäre da noch jemand.«
    »Mach die Tür auf«, sagte Kid, weil Glas vor ihm stand.
    Glas stieß sie auf, ging hinein; Kid ging hinterher.
    Nur zwei Lampen brannten, eine dritte im Flur flackerte. Der Versammlungsraum war leer; die Überreste der Party lagen zerfetzt im Schatten.
    Neben der einflügligen Statue, die zwischen die stachligen Pflanzen gefallen war, lag der schwarze Wachmann, mit dem sie draußen geredet hatten, und schnarchte. Die Gewehrspitze deutete auf seinen Bauch, der Kolben lag auf dem Linoleum. Die Gipsspuren, die umgekippten Stühle und verstreuten Flaschen riefen in Kids Gedanken flüchtig den Eindruck einer Schießerei unter Betrunkenen hervor, wobei der Gewehrlauf Sekunden bevor es ihn erwischte, durch den Raum geschwungen war. Es fehlten nur die Einschußlöcher.
    Auf dem Balkon war niemand zu sehen.
    Auf einem Stuhl an der gegenüberliegenden Wand schwankte, in einen absurden Mantel eingehüllt, die einzige andere Person im Raum auf eine Seite, erstarrte, erholte sich, schwankte zur anderen, erstarrte wieder in einem Winkel, der den Ernst herausforderte.
    »Was hat er bloß in sich, einen Kreisel?« fragte Glas.
    »Wohl mehr als einen halben Löffel Schnaps.«
    Glas lachte.
    Im Flur stand eine Tür, die vorher geschlossen gewesen war, nun offen und ließ ein Treppenhaus erkennen. »Willst du nachsehen?« fragte Glas. »Klar«, sagte Kid.
    Glas kniff sich ein zweites Mal in die breite Nase, saugte beide Lippen nach innen, räusperte sich und ging hinab. Kid folgte ihm.
    Unten stand eine Tür offen. Kids Fuß zerknüllte eine Times, an der sich ein schwacher Luftzug fing (die schmutzige Treppe war kalt, der Handlauf vom Geländer warm) und sie abwärtsfegte. Auf der letzten Stufe raschelte sie wieder an seinem Fuß.
    Kid gelangte hinter Glas in den Flur.
    Die Couch war zu einem Bett aufgeklappt. Das magere, ziegelhaarige Mädchen, das bei George gewesen war, schlief mit der optischen Kette um den Hals unter einer zerknüllten Decke. Auf ihren kleinen, kaffeefarbenen Brüsten saßen dunkle, kleine Spitzen.
    Eine Lampe neben dem Bett trug einen gläsernen Schirm, aus dem ein Dreieck herausgebrochen war. Der Lichtschein, der sich knapp um Körper und Bett legte, berührte einen Hof in Höhe des ausströmenden Atems.
    »Hey, Mann«, flüsterte Glas und grinste.
    Kid atmete zusammen mit ihr, schwankte auf der untersten Stufe und mußte die Füße auseinanderstellen.
    »Wie fändest du das?«
    »Ich könnte ungefähr dreimal zulangen«, gab Kid zurück. »Wo ist George?«
    »Mann, er ist wahrscheinlich mit der anderen weg -« Glas' begeistertes Flüstern brach in ein Falsett.
    Dann: »Was zum Teufel macht ihr hier?« Sie setzte sich ruckartig auf, ihr Gesicht verschob sich von Schläfrigkeit zu Wut, wie zwei verschiedene Filmaufnahmen.
    »Jesus Christus, Mädchen«, sagte Kid. »Wir haben nur geguckt.«
    »Dann hört damit auf! Los, haut ab, aber sofort! Wo zum Teufel sind die anderen? Ihr beide, raus hier!«
    »Schätzchen, nicht so, bitte«, sagte Glas. »Deine Tür steht doch weit offen -«
    »Hat dieser Irre die Tür offengelassen -?« Sie zog das Laken hoch, griff ans Fußende und zerrte ein Kleidungsstück hinauf. »Los! Raus jetzt! Raus! Ich mach' keinen Scherz! Raus!«
    »Sieh doch mal -« Kid überlegte dumpf die Möglichkeit einer Vergewaltigung (die überraschende Erinnerung an den blutenden Jugen in seinen Armen; er rückte die Füße wieder zusammen) und fragte sich, was Glas wohl dachte -, »wenn du aufhörst zu brüllen, können wir vielleicht darüber diskutieren; vielleicht änderst du deine Meinung -?«
    »Zum Teufel, nein!« Sie schüttelte den zerknitterten Jump-suit aus, schwang die Beine über die Bettkante und stieg hinein. »Ich weiß nicht, was ihr vorhabt. Aber wenn ihr es versucht, werdet ihr euch den Arsch weh tun!«
    »Niemand will irgend jemandem weh tun«, sagte Kid und hielt inne, weil

Weitere Kostenlose Bücher