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Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R Delany
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in eine sitzende Position. »Mr. Fenster, ich glaube wirklich, wir sollten diesen armen, jungen Mann mit hineinnehmen. Mr. Calkins kann unmöglich etwas dagegen haben. Dies hier sind außergewöhnliche Umstände.«
    Fenster zog dunkelbraune Hände aus den Taschen und kam herüber. »Ich fürchte, es ist nicht außergewöhnlich. Wir haben es überprüft. Kommen Sie jetzt ins Haus zurück.«
    Mit überraschender Kraft zog ihn Fenster auf die Beine. Dabei explodierte seine rechte Schläfe dreimal. Er hielt sich den Kopf. Geronnenes Blut klebte im Haar und flüssiges, frisches an der Seite.
    »Können Sie stehen?« fragte Fenster.
    »Ja.« Das Wort war wie Teig in seinem Mund. »Ah . . . danke für mein -« fast hätte er wieder den Kopf geschüttelt, erinnerte sich jedoch rechtzeitig - »für mein Notizbuch.«
    Der Mann in der Krawatte sah ehrlich verdutzt aus. Mit einer sehr weißen Hand berührte er ihn an der Schulter. »Sind Sie sicher, daß alles in Ordnung ist?«
    »Ja.« Das kam automatisch. »Könnte ich etwas Wasser haben?«
    »Sicher.« Und dann zu Fenster: »Wir können ihn doch wohl auf einen Schluck Wasser mit hineinnehmen?«
    »Nein« - Fenster sprach mit ungeduldiger Resignation - »wir können ihn nicht auf einen Schluck Wasser hineinbringen.« Er schloß mit zusammengezogenen Kiefern; kleine Muskeln spielten unter dunkler Haut. »Roger ist da sehr streng. Sie müssen sich wohl damit abfinden. Bitte, lassen Sie uns hineingehen.«
    Der weiße Mann - fünfundfünfzig, sechzig? - nahm schließlich einen Atemzug. »Ich bin . . .« Dann drehte er sich einfach um.
    Fenster - vierzig? fünfundvierzig? - sagte, »das ist hier keine gute Gegend, mein Junge. Ich würde so schnell wie möglich wieder runter in die Stadt gehen. Tut mir leid.«
    »Ist schon gut«, brachte er heraus. »Alles in Ordnung.«
    »Tut mir wirklich leid.« Fenster eilte hinter dem älteren Herrn her.
    Er sah, wie sie an die Ecke kamen, herumbogen. Er hob seine eingesperrte Hand, sah zwischen den Klingen hindurch. War es deshalb . . .? Er sah wieder die Straße hinab.
    Sein Kopf pochte einmal mehr.
    Er nahm die Zeitung und das Notizbuch, murmelte Belanglosigkeiten und ging.
    Sie waren offensichtlich durch das Tor zurückgegangen. Und hatten es verschlossen. Motherfucker, dachte er. Die Dunkelheit war dichter geworden. Er fragte sich, wie lange es wohl schon her sei, daß er den Park verlassen hatte. Vier oder fünf Stunden? Sein Kopf schmerzte sehr. Und es wurde dunkler.
    Es sah auch nach Regen aus . . . aber die Luft war trocken und unverändert.
    Brisbain South wurde zu Brisbain North, als er einen Block weiter sah, wie drei Leute von einer Seite der Avenue auf die andere rannten.
    Sie waren zu weit weg, um erkennen zu können, ob sie Ketten um den Hals trugen. Doch ihn überzog eine Gänsehaut. Er hielt sich mit der Hand an einem Laternenpfahl (die Kuppel war eine umgedrehte Krone aus gezackten Glasscherben über dem kleineren gezackten Rand der Glühbirne). Er spürte, wie sich seine Schultern unfreiwillig zusammenzogen. Er blickte in den dunkler werdenden Himmel. Und den Terror der barbarisch zerstörten Stadt überfiel ihn: Sein Herz schlug. Sein Achselhöhlen wurden glitschig.
    Schwer atmend saß er mit dem Rücken an den Sockel des Pfahls gelehnt.
    Er nahm den Schreiber aus der Tasche und begann, die Mine heraus- und hineinzudrücken. (Er hatte die Orchidee nicht an . . .?) Nach einem Moment unterbrach er sich, um die Waffe vom Handgelenk abzuschnallen und sie wieder durch die Gürtelschlaufe zu hängen: Bewaffnet durch die Straßen zu gehen, könnte provozierend wirken . . .?
    Er blickte sich wieder um, öffnete das Notizbuch, blätterte nach »Brisbain« schnell um bis zu einer leeren Seite ungefähr in der Mitte.
    »Holzkohle« schrieb er in kleinen Buchstaben, »wie die Körper verbrannter Käfer, häuften sich vor der glitzernden Schwarzen Wand des Hauses an der nächsten Ecke.« Er biß sich auf die Lippen und schrieb weiter: »Der nasse, beißende Geruch eines verbrannten Polstergeschäfts durchschnitt den normalen, rußigen Gestank der Straße. Aus einem gezackten Kellerfenster wälzte sich eine graue Rauchschlange über das Pflaster und löste sich« - strich die beiden letzte Worte aus und ersetzte sie durch: »verflüchtigte sich im Rinnstein. Durch ein anderes Fenster«, und strich »Fenster« durch, »das unversehrt war, flackerte es. Dieses einzige brennende Haus inmitten Dutzender anderer war«, stoppte und begann noch

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