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Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R Delany
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die Sätze daneben, während er den Kugelschreiber aufstieß:
    Es ist die Verzweiflung über die strukturelle Unzulänglichkeit von Sprache, die uns veranlaßt, die Strukturen zugunsten  
    »Ann!« kam es laut heraus. In diesem Haufen gab es kein hübsches Wort. Er riß das Notizbuch herum, um Ablenkungen zu vermeiden.
    Mit den beiden letzten Zeilen im Kopf sah er wieder zu den Gebäuden hinüber. (Warum nicht gefährlich leben?) Schnell schrieb er die letzten Worte nieder, notierte sie, bevor sie sich wieder auflösten.
    Oben auf die Seite schrieb er in Druckbuchstaben: »Brisbain«.
    Als er den Schreiber vom »n« abhob, dachte er, ob dieses Wort wohl eine andere Bedeutung haben könnte als nur als Straßenname ... Er hoffte es, und begann, mit einer möglichst ordentlichen Schrift, das durchzugehen, was er sich überlegt hatte. Er änderte in den letzten beiden Zeilen noch ein Wort, schloß dann, verdutzt über das, was er soeben getan hatte, das Buch.
    Dann stand er auf.
    Schwindel überfiel ihn, als er vom Bordstein wegstolperte. Er schüttelte den Kopf, bis es ihm schließlich gelang, die Welt unter sich im rechten Winkel zu sehen. Die Rückseiten der Beine waren verkrampft; praktisch eine halbe Stunde lang hatte er in fötusähnlicher Haltung da gehockt.
    Der Schwindel war vorbei, aber der Krampf dauerte noch die nächsten beiden Blocks lang. Er fühlte auch, wie es ihm schwerfiel, zu atmen. Dies brachte ihn auf die vielen anderen kleinen Störungen, die er bislang unbeachtet gelassen hatte. So merkte er erst einen Block weiter, daß er keine Angst hatte.
    Das Ziehen hinter seinem rechten Schienbein oder die geistige Unruhe? Er gab es auf, hin und her zu überlegen, was wohl besser sei, sah ein Straßenschild und merkte, daß Brisbain-N in Brisbain-S übergegangen war.
    Klick-klick. Klick-klick. Klick-klick: merkte, was er tat, und steckte den Schreiber in die Brusttasche. An seiner Seite zog sich eine Steinmauer die Straße entlang. Die Häuser auf der anderen Seite mit Veranden und Rasenflächen davor, weiträumig und mit Säulen, hatten alle zerbrochene Fenster.
    Das Auto - ein stumpfes, dunkelrotes Ding, das mindestens zwanzig Jahre alt war - rumpelte hinter ihm heran.
    Er war aufgesprungen, überrascht, und hatte sich umgedreht.
    Es fuhr vorbei. Der Fahrer blieb ausdruckslos. Zwei Blocks weiter bog es in eine Einfahrt.
    Weidenzweige hingen über die Ziegel neben ihm. Als er weiterging, ließ er die Finger durch die Mörtelritzen gleiten.
    Das Tor war aus Messing und grünspanüberzogen. Oben waren Spitzen angebracht, und es war verschlossen. Ein paar Meter dahinter bog die Straße durch die zerrupftesten Kiefern, die er jemals gesehen hatte, ab. Auf der Messingplatte, auf der Reste von Politur rosa Streifen bildeten, stand: ROGER CALKINS.
    Er blickte durch die Kiefern. Dann sah er zurück zu den anderen Häusern. Schließlich ging er weiter.
    Die Straße endete in Gebüsch. Er ging an der Mauer entlang um die Ecke in die Büsche hinein. Zweige verfingen sich in den Riemen seiner Sandalen. Barfuß ging es einfacher.
    Auf der Lichtung hatte jemand zwei Bierkästen an der Mauer aufeinandergestellt. Kinder beim Obstklauen oder bei Streichen?
    Als er hochstieg (Notizbuch und Zeitung ließ er auf dem Boden) lachten zwei Frauen hinter der Mauer. Er hielt inne.
    Das Lachen kam näher, wurde gedämpfter. Ein Mann lachte laut und scharf auf; der doppelte Sopran nahm es auf und verebbte.
    Er kam gerade bis zur Kante, zog sich hoch und stützte sich auf die Ellenbogen. Es war viel schwerer, als es in Filmen immer aussah. Er kratzte mit den Zehen an der Mauer entlang. Ziegel rissen an Knien und Kinn entlang.
    Seine Augen blickten über die Kante.
    Auf der Mauer lagen Tannennadeln, Zweige und überraschenderweise eine Glasscherbe. Durch einen Mückenschwarm hindurch sah er die stumpfen Kiefernspitzen und die runden, lockeren Ulmenkronen. War das graue da die Kuppel eines Hauses?
    »Oh, ich kann es gar nicht glauben!« schrie eine unsichtbare Frau und lachte wieder. Seine Finger wurden taub, die Arme zitterten.
    »Was zum Teufel machst du da, Kleiner?« sagte jemand hinter ihm gedehnt.
    Er zitterte, ließ sich herab; Gürtelschnalle fing sich an einem Stein, der ihm in den Bauch drückte; die Zehen berührten die schmale Kante, dann die Kästen: Er fuhr herum.
    Und wich mit zusammengekniffenem Gesicht zurück gegen die Wand.
    Ein Molch, eine Spinne und ein monströses Insekt, riesig und asymmetrisch, starrten ihn mit

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