DHAMPIR - Blutsverrat
mit drei Beinen. Unter jeden Arm hatte er sich eine Decke geklemmt. Mattes Licht drang aus dem Topf und erhellte das Gesicht des Hauptmanns. In dem eisernen Gefäß lagen glühende Kohlen auf Kieselsteinen. Der junge Offizier stellte es nicht etwa in den offenen Bereich beim Tisch, sondern neben Wynns Bett.
Magiere runzelte die Stirn. Warum weckte das dumme Mädchen, das sie verraten hatte, solche Anteilnahme in jedem Mann, dem es begegnete?
»Wynn?« Der Hauptmann reichte ihr eine Decke.
Die junge Weise schüttelte sie aus und schlang sie um sich. »Danke.«
Mit einem Räuspern wandte sich der Hauptmann an die beiden anwesenden Soldaten, einer auf dem Bett über Wynn und der zweite auf der anderen Seite des Mittelgangs.
»Bôska, Stevan«, sagte er. »Ein bisschen Privatsphäre wäre nicht schlecht.«
Die Soldaten nickten und gingen.
»Danke, Stasi«, sagte Wynn, kroch nach hinten in ihr Versteck zurück und legte unter der Decke die nasse Kleidung ab.
Der Hauptmann warf die zweite Decke auf Magieres Bett, und sie nickte ihm kurz zu, woraufhin er die Arme verschränkte, Wynn den Rücken zukehrte und wie jemand dastand, der über Wynns Sittsamkeit wachte. Nur mit Mühe hielt Magiere ein verächtliches Schnaufen zurück.
Hauptmann Stasis Blick glitt zu Leesil. Argwohn erschien in seinem langen, pferdeartigen Gesicht.
»Und welches neue Unheil bringt jemanden von deiner Art zu uns?«, knurrte er.
Leesil stand so schnell auf, dass Magiere ihm rasch ausweichen musste. Wenn er Mantel und Kapuze nicht trug, war seine Abstammung deutlich zu erkennen. Es geschah nicht zum ersten Mal, dass man ihn für einen Angehörigen des Volkes seiner Mutter hielt.
Magiere wollte ihn festhalten, zog die Hand aber wieder zurück, um ihn nicht noch mehr zu verärgern. Sie trat ihm in den Weg und richtete einen finsteren Blick auf den Hauptmann. Wynn krabbelte erneut zum Fußende des Bettes und hielt die Decke um sich gewickelt.
»Leesil ist nur ein halber Elf«, wandte sie sich an Stasi, bevor Magiere etwas sagen konnte.
»Ein Mischlin g … mit Elfenblut in den Adern?« Der Hauptmann runzelte ungläubig die Stirn, entspannte sich aber. »Wenn ich an die kalte Verachtung denke, mit der uns die Elfen begegnen, kann ich mir kaum vorstellen, dass sich eine oder einer von ihnen mit einem Menschen einlässt.«
Magiere hörte, wie Leesil hinter ihr zur Seite trat. Sie wich zurück und streckte die Arme nach hinten, damit er an Ort und Stelle blieb.
»Niemand von uns wählt seine Abstammung, Stasi«, sagte Wynn und kam Magiere erneut zuvor. Sie schaute kurz in ihre Richtung und senkte dann den Blick. »Und niemand von uns trägt deshalb Schuld. Leesils Mutter lebte bei den Menschen. Er weiß nichts über ihr Volk.«
»Na schön.« Der Hauptmann räusperte sich. »Ich habe jedenfalls nie von einem Elfen gehört, der sich wegen einiger Menschen, noch dazu Bauern, in Gefahr begibt.«
»Was weißt du von Elfen?«, fragte Magiere. Der einzige Elf, dem sie seit Miiska begegnet war, hatte den Auftrag gehabt, Leesil zu töten.
»Nicht viel, denn man kriegt sie hier kaum zu Gesicht«, sagte Stasi. »Aber eines weiß ich: Sie bringen Unglück.« Er musterte Leesil und seufzte. »Heute kommen mehr Flüchtlinge zur Grenze als jemals zuvor. Ich muss euch danken, dass ihr geholfen hab t … und dass wir dadurch Gelegenheit bekamen, einige Soldaten der Kriegsländer endlich mit ihrem eigenen Blut bezahlen zu lassen.«
Bei den letzten Worten verzog Wynn das Gesicht.
»Was war überhaupt los?«, fragte Magiere. »Warum metzelten jene Soldaten Frauen und Kinder nieder, nahmen die Männer aber gefangen?«
»Die Männer sollen als Rekruten zwangsverpflichtet werden«, antwortete Stasi. »Die Frauen und Kinder werden nicht gebraucht. Seit dem Herbst ist es schlimmer geworden. Darmouths Provinz liegt direkt hinter der Grenze, und deshalb sind es meistens seine Leute, die die Flüchtlinge verfolgen. Wie dem auch se i … Ich weiß nicht, warum er zu so verzweifelten Maßnahmen greift, um seine Streitmacht zu vergrößern.«
»Es sind keine neuen Rekruten, sonder Deserteure«, sagte Leesil.
Sein plötzlicher Kommentar überraschte Magiere. Sie drehte sich um, wobei ihre Schulter über seine Brust strich. Leesil trat rasch einen Schritt zurück und wandte sich zur Seite. Das lange weißblonde Haar verbarg sein Gesicht.
»Woher weißt du das?«, fragte Magiere. Seit der Flucht aus seinem Heimatland waren viele Jahre vergangen.
»Die Soldaten
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