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DHAMPIR - Blutsverrat

DHAMPIR - Blutsverrat

Titel: DHAMPIR - Blutsverrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb & J. C. Hendee
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das Gewicht der Jahre, seit er seinem ersten Leben entflohen war: Sohn und Sklave, Spion und Assassine. Er verdrängte den Schmerz, bis er sich in seinem Innern kalt und taub fühlt e – es war eine alte Angewohnheit des Überlebens, auf die er jetzt zurückgriff.
    Das Schnauben eines Pferds weckte seine Aufmerksamkeit.
    Ein verletzter Reiter zog sich auf den Rücken seines knieenden Rosses und zerrte an den Zügeln, damit sich das Pferd aufrichtete. Mehrmals rutschte es an der steilen, nassen Uferböschung aus und kletterte den Hang empor.
    Leesil zog beide Klingen und machte zwei rasche Schritte, aber Magiere versperrte ihm den Weg und drückte ihm die flache Hand an die Brust.
    »Es reicht!«, flüsterte sie. »Genug.«
    Er starrte in ihr schweißfeuchtes Gesicht und atmete zweimal tief durch. Plötzlich begriff er, was ihn zu dem Versuch veranlasst hatte, dem verletzten Reiter zu folgen.
    Was auch immer getan werden muss, es darf keine Zeugen gebe n – so lautete die erste Regel, die ihn Vater und Mutter gelehrt hatten.
    »Wie soll ich auf dich aufpasse n … «, begann Magiere. Sie zeigte eine Maske des Ärgers, aber Leesil sah trotzdem die Sorge dahinter. »Wie soll ich auf dich aufpassen, wenn du jede Gelegenheit nutzt, dich in Gefahr zu bringen? Hör endlich auf damit. Von jetzt an bleibst du an meiner Seite!«
    Sie zögerte, nahm dann die Hand von seiner Brust. Leesil sah, dass Blut von seinem Kettenhemd an ihren Fingern klebte.
    In seiner Magengrube krampfte sich etwas zusammen. Sie hatte Blut an den Hände n … von ihm.
    »Leesil?«, flüsterte Magiere, und die Falten verschwanden aus ihrer Stirn.
    Sie sah ihn mit Sorge in den dunklen Augen an, als drohte ihm eine Gefahr, die er selbst nicht erkannte. Er spürte, wie die Mischung aus Blut und Schweiß auf seiner Haut und im Haar zu trocknen begann.
    Und etwas von dem Blut klebte an Magieres Händen.
    Sie trat einen Schritt auf ihn zu.
    Leesil wich zurück, lief den Hang hinunter und watete durch den Fluss zur strawinischen Seite. Dicht hinter ihm platschte Magiere durchs Wasser.
    Am liebsten wäre er in dem kalten Fluss stehen geblieben und hätte sich gesetzt, damit sich das eisige Wasser ganz um ihn schloss. Sollte es das plötzliche Leid aus ihm waschen. Aber es hätte nicht geholfen. Wie viel Wasser auch über seinen Leib strömte, wie viel Wein er auch trank, um den Albträumen zu entkommen, es war immer Blut an ihm gewesen. Er konnte es ertragen.
    Aber nicht, wenn das Blut auch an Magiere war.
    Leesil ging schneller und eilte den Hang in Richtung Stadt hoch. Dies war seine Heimkehr, auf die einzig mögliche Art und Weise.

2
    Chane zügelte sein Pferd auf einer bewaldeten Anhöhe und blickte aus dem Schatten seiner Kapuze auf das hier und dort von Schnee bedeckte Gelände weiter unten. Die Sonne hing tief am bewölkten Horizont. Die Bäume und sein weiter Mantel schützten ihn vor dem Licht der Abenddämmerung, aber er fühlte es trotzdem als Prickeln auf der Haut. Als er die Sinne weit öffnete, trug ihm der leichte Wind den Geruch von Blut entgegen.
    In der Ferne, bei der strawinischen Grenze, sah er die Reste eines Kampfes. Leesil, Magiere und Chap kehrten zur Stadt zurück. Er bemerkte auch Wynn, die im offenen Tor auf ihre Gefährten wartete.
    Bei ihrem Anblick ließ Chanes bange Sorge ein wenig nach. Wenig später schwangen die beiden Torflügel zu.
    Welstiel hielt sein Pferd neben Chanes Ross an. »Was ist hier geschehen?«
    Chane schüttelte stumm den Kopf.
    Als sie sich zum ersten Mal begegnet waren, hatte Welstiel großen Wert auf sein Erscheinungsbild gelegt. Er schien Anfang vierzig zu sein, war mittelgroß und hatte braunes Haar mit weißen Stellen an den Schläfen. Jetzt hing ihm das Haar unter der Kapuze strähnig in die Stirn. Der gute Wollmantel war verblasst und schmutzig von den Übernachtungen in einem improvisierten Zelt aus Zweigen und Laub. Während der vergangenen Monde hatte sich Welstiel sehr verändert, aber das galt auch für Chane.
    Sein zerzaustes rotbraunes Haar reichte bis auf die Schultern hinab. Er zog an dem Wollschal, der seinen Hals bedeckte. Schon seit einer ganzen Weile hatte er nicht mehr sein Spiegelbild betrachtet, aber er wusste sehr wohl, was sich unter dem Schal befand. Mit der einen Hand tastete er nach der Narbe an seiner Kehle. Vor nicht einmal einem Mond hatte Magiere ihn geköpft, und ein Echo jenes Schmerzes verfolgte ihn noch immer. Ganz gleich, wie viel Blut er trank und wie sehr er seine

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