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DHAMPIR - Blutsverrat

DHAMPIR - Blutsverrat

Titel: DHAMPIR - Blutsverrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb & J. C. Hendee
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rannen und in der Kälte dampften.
    Chane verlor in dem Augenblick den Kontakt mit seinem Diener, als das Rotkehlchen vom Fenstersims sprang und wegflog. Es spielte keine Rolle, denn der Vogel würde von sich aus zurückkehren. Nach Leesils scharfen Worten über die Ereignisse im düsteren Wald bei Apudâlsat hatte Chane kaum mehr etwas gehört.
    Besessenheit, Hass und sogar Furcht hatten Chanes Gedanken viele Nächte lang getrübt, und alle diese Empfindungen bezogen sich letztendlich auf Magiere. Er hatte nicht darüber nachgedacht, wie es Wynn ergangen war. Sie hatte ihn sterben sehen und war an seiner Leiche zusammengesunken.
    Hatte sie um ih n … geweint?
    Chanes Augen waren noch immer geschlossen, und er blieb völlig reglo s – dass die Erkundung aus der Ferne beendet war, bemerkte sein Begleiter erst bei der Rückkehr des Rotkehlchens. Es landete auf dem Sattelknauf von Chanes Ross.
    »Nun?«, fragte Welstiel, und Verärgerung erklang in seiner tiefen Stimme. »Was hast du herausgefunden?«
    Chane antwortete nicht und grub seine Finger in die Mähne des Pferds.
    »Chane!«, sagte Welstiel scharf. »Was hast du gehört?«
    Zu Anfang ihrer Reise hatte Welstiel nie die Geduld verloren. Auch das war inzwischen anders geworden.
    Chane zwang sich zu Ruhe und verdrängte alle Gedanken, die nicht diesen Moment betrafen. Auf diese Weise brachte er sich dazu, weiterzumachen, jeden Abend zu erwachen und wieder aufs Pferd zu steigen.
    » Venjètz«, brachte er hervor. »Sie wollen nach Leesils Vater suchen und den Weg anschließend zum Reich der Elfen fortsetzen, um dort festzustellen, was aus Leesils Mutter geworden ist.«
    »Venjètz?«, fragte Welstiel erstaunt und zögerte einige Sekunden. »In welchen Unsinn zieht der Halbelf Magiere hinein?«
    Chane hob die Hand und stieg ab. Welstiel folgte seinem Beispiel ungeduldig. Bevor ihn sein Reisegefährte noch mehr bedrängen konnte, erzählte Chane von dem belauschten Gespräch zwischen Magiere und Leesil. Welstiel ging in die Hocke, strich sich mit der Hand übers Gesicht und hörte aufmerksam zu.
    »Das Reich der Elfen befindet sich zu weit im Norden«, sagte er schließlich. »Weit entfernt von dem, was ich such e … nehme ich an.« Er hob langsam den Kopf und sah Chane an, als trüge er die Verantwortung für dieses Problem.
    »Wir reiten nach Venjètz«, entschied er. »Wenn Leesil herausfindet, dass seine Eltern tot sind, macht sich Magiere vielleicht wieder auf den Weg. Dann gibt es für sie beide keinen Grund mehr, ihre Reise zum Reich der Elfen fortzusetzen. Ich sehe keine andere Möglichkeit. Aber ich weiß nicht, was Leesil davon überzeugen könnte, dass sein Vater und seine Mutter tot sin d … «
    Chane war es völlig gleichgültig, wohin die Reise ging. Für ihn gab es kein Ziel. Und selbst wenn es eins gegeben hätt e – ihm fehlte der Wille, über das Morgen hinauszublicken. Er brachte das Rotkehlchen wieder im Käfig unter, den er dann mit dem Rehleder bedeckte. Welstiel saß schon wieder auf dem Rücken seines Pferdes, und Chane stieg ebenfalls auf.
    Eins nach dem andere n … Es half ihm, auf diese Weise vorzugehen.

3
    Nach vier Reisetagen durchs bewaldete Hügelland der Kriegsländer war Leesil müde. Die Lage schien nicht besser zu sein als bei der Flucht vor acht Jahren. Das allein genügte, ihm die Kraft zu nehmen. Nach dem, was Magiere und er bisher gesehen und gehört hatten, schienen die Dinge sogar noch schlimmer zu sein als damals. Fast immer überließ Leesil es Magiere und Wynn, den Karren zu lenken, und saß gedankenverloren hinten.
    Er hatte die Schönheit dieses Landes vergessen. Fichten und Tannen mit dicken Stämmen säumten den Weg. Oft kamen sie durch Schluchten oder vorbei an brachliegenden Feldern, die eine dünne Decke aus Schnee trugen. An manchen Stellen öffnete sich der Baldachin des Waldes und gab den Blick auf den Himmel frei. Es war fast eine willkommene Abwechselung nach den feuchtkalten Wäldern von Dröwinka, doch jede aufkommende Erleichterung verschwand schnell wieder. Der Eindruck täuschte. Die vermeintliche Schönheit dieses Landes war so hohl und leer wie die Dörfer, an denen sie vorbeikamen.
    »Entspricht dies deinen Erinnerungen?«, fragte Wynn leise.
    »Ja«, antwortete Leesil. »Das heiß t … nein. Es ist schlimmer geworden.«
    Als sie auf dem Weg nach Norden, nach Strawinien, die Grenze von Dröwinka passiert hatten, war Leesil klar geworden, dass er Wynn etwas von seiner Vergangenheit erzählen

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