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DHAMPIR - Blutsverrat

DHAMPIR - Blutsverrat

Titel: DHAMPIR - Blutsverrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb & J. C. Hendee
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blinzelte einma l – das war die einzige Reaktion, die Leesil bemerkte. Vielleicht lag dem Mann doch etwas an seinem Leben oder an dem seiner Männer.
    »Sechs zu drei«, sagte er. »Es sieht nicht gut aus für euch.«
    Der Alte mit dem kurzen weißen Haar kam aus seiner Hütte. Leesil hatte sein Verschwinden nicht einmal bemerkt. Einer der Soldaten zog sein Schwert. Der Anführer drehte ansatzweise den Kopf, gerade genug, um zu sehen, was hinter ihm geschah.
    Der Weißhaarige hielt einen Holzstab, so lang wie sein Arm und dick wie das Handgelenk. Der Stab war glatt, wirkte wie poliert. Wahrscheinlich hatte man ihn mit einem Kuhknochen abgerieben, damit das Holz hart und glatt wurde. Stumm stand der Alte da und erwiderte den leidenschaftslosen Blick des Anführers.
    Für Leesil schien es kaum einen Unterschied zwischen ihnen zu geben, abgesehen davon, wer Anspruch auf was erhob. Die anderen Dorfbewohner gaben keinen Ton von sich und wahrten einen sicheren Abstand. In Magieres Heimatdorf hatten sich die Bewohner trotz ihres Aberglaubens versammelt, um mit Fremden fertig zu werden, die sie für »übernatürlich« hielten. Hier sah die Sache anders aus. Diese Bauern waren so oft niedergeknüppelt worden, eine Generation nach der anderen, dass sie vor allem Angst hatten.
    Als der Blick des Anführers zu Leesil zurückkehrte, hob Helen ihren Rock und zog ein langes Eisenmesser aus dem abgetragenen Stiefel. Einige lange Sekunden verstrichen, und eine ältere Frau kam mit einer Holzfäller-Axt hinter einer Hütte hervor. Die anderen Dorfbewohner machten keine Anstalten, in das Geschehen einzugreifen. Eine Frau zog ihre beiden Töchter in ihre Hütte zurück.
    Der Junge mit dem Streitkolben trat näher zu seinem Vorgesetzten. Furcht erschien in seinen Augen.
    »Situationen verändern sich«, sagte Leesil und hob seine beiden Klingen. »Manchmal hat man Glück, manchmal Pech.«
    Der Deserteur mit dem Schal näherte sich dem Weißhaarigen, aber der Anführer hob, ohne hinzusehen, die Hand, und daraufhin blieb der Mann sofort stehen.
    Der Anführer trat den Rückzug an, mit den gleichen ruhigen, langsamen Schritten, mit denen er gekommen war. Als er, gefolgt von seinen Männern, die gegenüberliegende Seite des Dorfes erreichte, drehte er sich noch einmal um und richtete einen langen Blick auf Helen. Alle schwiegen und blieben angespannt, bis die Deserteure im Wald außer Sicht gerieten, und dann seufzte Helen.
    »Ihr habt uns einen Monat Arbeit gerettet«, sagte sie schließlich und sah Leesil und Magiere an. »Ihr braucht für die Übernachtung bei uns nichts zu bezahlen. Lasst uns die Pferde verstecken, für den Fall, dass die Soldaten des Nachts zurückkehren. Wir bringen sie im Räucherhaus unter.«
    »Und wenn die Männer zurückkehren, nachdem wir weitergezogen sind?«, fragte Wynn.
    Leesil drehte sich um und sah, dass sie auf dem Karren stand, blass und mitgenommen. Er ging zu ihr und legte seine Klingen neben das Gepäck. Während dieser Reise hatte Wynn viele Dinge gesehen, die sie sehr belasteten. Leesil nahm ihr die Armbrust aus den zitternden Händen und legte sie zu seinen Klingen.
    »Wir tun, was der Moment erfordert«, sagte Leesil. »Das ist alles.«
    »Es genügt nicht«, flüsterte Wynn.
    Er antwortete nicht, drehte sich um und stellte fest, dass Magiere ihn beobachtete.
    Der Schlafende rollte sich auf die Seite, verloren in seinem Traum von glitzernden Sternen um ihn herum. Und die Dunkelheit begann zu wogen.
    Die Bewegung wurde deutlicher, gewann an Klarheit, und die Sterne erwiesen sich als glitzernde Reflexe auf schwarzen Reptilienschuppen. Die Schlange war dicker als ein Mensch groß, umgab ihn auf allen Seiten und bewegte sich ohne Anfang und ohne Ende.
    »Wo?«, fragte der Träumende. »Zeig mir, wo.«
    Diesmal empfing er keine rätselhaften Worte. Der Schlangenleib löste sich auf.
    Er stand an einem schneebedeckten Hang und blickte in ein winterliches Tal. Auf allen Seiten ragten hohe Berge wie Zähne in den wolkenverhangenen Himmel auf. Mitten im Tal stand ein Schloss mit sechs Türmen, von Eis umschlossen. Es war riesig, aber winzig im Vergleich mit den weißen Gipfeln, die es umgaben.
    »Dort?«, fragte er.
    Sieh genauer hin. Die Kugel ist nah.
    Die Worte kamen wie ein Flüstern in die Gedanken des Träumenden. Er stapfte den Hang hinab durch alten Schnee, der unter seinen Stiefeln knackte, und bei jedem Schritt sank er bis zu den Knien ein. Als er den Talboden erreichte, sah er den Eingang des

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