DHAMPIR - Blutsverrat
allmählich in Verzweiflung, als die Tür erneut knarrte.
Leesil drehte das Stilett in der Hand und hielt es zum Wurf bereit. Die Tür öffnete sich, und im wenigen Licht, das aus dem Schankraum nach draußen fiel, zeigte sich ein bleiches Gesicht.
»Nimm das weg«, sagte Magiere.
Sie trat ein und schloss die Tür. Ihr langes schwarzes Haar fiel offen über die Schultern ihres für den Kampf geschlossenen Kettenhemds. In der einen Hand hielt sie das Falchion.
Leesil fröstelte unwillkürlich, als er sie sah. »Was hast du draußen gemacht?«
»Ich traue dem Mann nicht«, sagte sie. Ihre Pupillen wurden groß und dunkel, als sie das Messer im Tisch sah. »Was ist hier drin passiert?«
»Hast du mir nicht zugehört?«, erwiderte Leesil. »Ich habe dir gesagt, dass du dich aus dieser Sache heraushalten sollst. Ich komme auch allein mit Byrd zurecht.«
»Es ist mir gleich, was du gesag t … «, begann Magiere scharf. Sie unterbrach sich und fügte etwas sanfter hinzu: »Du wirst nicht von meiner Seite weichen. Finde dich damit ab.«
Leesil senkte den Blick. Magiere versuchte, Leibwächterin zu spielen, ohne zu begreifen, dass sie es war, die Schutz brauchte. Sie verstand diese Welt nicht. Leesils Hand zitterte, als er das Stilett in die Unterarmscheide zurückschob.
»GehzuBett«,forderteersieaufundgabsichalleMühe,ruhigzuklingen.Alssiewidersprechenwollte,kamerihrzuvor.»IchnehmenurdieZeichnungenundmachedasLichtaus,dannkommeichnach.«
Sie sah kurz dorthin, wo das Stilett verschwunden war, steckte dann das Falchion in die Scheide und ging die Treppe hoch.
Leesil lehnte sich zurück. Seine Hände zitterten.
Magiere war die ganze Zeit draußen gewesen.
Er war mit der Bereitschaft hierhergekommen, einen alten Bekannten zu töten. So war das in diesem Land; Gewissen und Moral spielten dabei keine Rolle. Wenn es einen Kampf gegeben hätt e …
Magiere wäre hereingestürmt, um ihn zu beschützen. Und sie hätte gesehen, wie er einen Mann ermordete.
»Du Idiot!«
Es war Welstiel nicht schwergefallen, Chane zu folgen. Er wartete, bis er sicher sein konnte, dass Chane alle anderen Verfolger abgeschüttelt hatte, näherte sich ihm dann. Als Chane sich umdrehte, packte Welstiel ihn und drückte ihn gegen die Mauer.
Chane leistete keinen Widerstand. Es drang noch immer schwarze Flüssigkeit aus seinem Hal s – der Garrottendraht hatte eine klar erkennbare Schnittlinie darin hinterlassen, dicht über der Enthauptungsnarbe. Seine Augen wirkten leer und ohne jede Teilnahme, als wüsste er nicht, wo er war, und als scherte er sich auch gar nicht darum.
Welstiel gab ihn frei und trat zurück. Der gesunde Menschenverstand sagte ihm, dass es Zeit wurde, Chane loszuwerden, so oder so, aber das wollte er noch nicht.
»Jetzt brauchst du Blut, um deine Wunde zu heilen«, sagte er. »Wir gehen in den östlichen Teil der Stadt, weit weg von den Toren und unserem Gasthof, zu einem Unterschlupf für geflohene Bauern.«
Chane sah auf sein Hemd und betrachtete die Flecken, die das Stilett hinterlassen hatte. »Sie haben vor, Darmouth zu töten. Der Mann, der mich angegriffen ha t … Er war ein Elf.«
Welstiel trat wieder näher. »Was? Wer plant Darmouths Tod?«
Zögernd und mit rauer, heiserer Stimme erzählte Chane von dem Gespräch zwischen der Adligen und einem Mann namens Byrd. Er wies darauf hin, dass ein gewisser Halbelf in Byrds Gasthof wohnte, was bedeutete, dass auch Magiere dort untergekommen war.
Welstiel hörte aufmerksam zu, und der Zorn verschwand aus ihm. »Für dich ist es in der Bronzenen Glocke nicht mehr sicher. Jene Wächter oder die Frau könnten dich wiedererkennen. Aber ich muss schnell zurück, bevor sich die Aufregung legt. Wir sind an einem Gasthaus in der Nähe des Stadttors vorbeigekommen. Es heißt Efeurebe, erinnerst du dich?«
Chane fasste sich und zog den Mantel enger um die verwundete Brust. »Ja, ich habe das Gasthaus gesehen.«
»Geh und trink Blut, aber sei vorsichtig. Begib dich anschließend zur Efeurebe und halte dich verborgen.«
»Was machst du?«
»Geh! Ich habe andere Dinge zu tun und komme später zu dir.«
Welstiel lief durch die Gasse und sah nicht zurück, um festzustellen, welchen Weg Chane einschlug. Durch die kurvenreichen, schmalen Nebenstraßen eilte er zur Bronzenen Glocke und wurde langsamer, als er sich seinem Ziel näherte. Er strich sich das Haar glatt und streifte die schwarzen Lederhandschuhe über, bevor er durch die vordere Tür eintrat und sich wie ein ganz
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