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DHAMPIR - Blutsverrat

DHAMPIR - Blutsverrat

Titel: DHAMPIR - Blutsverrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb & J. C. Hendee
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leeren Augenhöhlen übrig.
    Die Flüssigkeit im Napf reichte jetzt bis zum Rand und war so dunkelrot, dass sie schwarz erschie n – wie das rötliche Schwarz von Magieres Haar. Welstiel nahm das Messinggefäß behutsam vom Dreibein, neigte den Kopf nach hinten und schüttete sich die Flüssigkeit direkt in den Hals, damit er sie nicht schmecken musste. Ein letzter Tropfen traf die Zunge und brachte ihm ein Aroma von Metall und Salz.
    Mit zitternder Hand setzte Welstiel den Napf aufs Dreibein zurück und stützte sich dann ab, indem er beide Hände flach auf den Boden legte. Es kam einem Schock für ihn gleich, so viel Leben in dieser reinen Form aufzunehmen. Wie brennendes Sonnenlicht breitete es sich in ihm durch sein totes Fleisch aus.
    Welstiel wartete, bis das Schlimmste vorüber war.
    Als er nach dem Napf griff, um ihn ins Kästchen zu legen, war er sauber und trocken, ohne den geringsten Hinweis darauf, dass er etwas enthalten hatte. Er verstaute auch die drei Eisenstäbe und die weiße Flasche. Dann stand er vorsichtig auf, begleitet von einem Schwindelgefühl, das jedoch schnell verschwand und Klarheit in seinem Geist hinterließ. Normalerweise hätte er nach einer Möglichkeit gesucht, die Leiche der Frau verschwinden zu lassen, aber wenn man sie fand, griff die Angst in der Stadt weiter um sich. Es würde Darmouth einen weiteren Grund geben, auf Magieres Dienste zurückzugreife n – immerhin trieben sich in der Stadt Ungeheuer herum, die es zu jagen galt.
    Welstiel machte sich auf den Rückweg zur Efeurebe und überlegte, wie es Chane all die Zeit allein in ihrem Zimmer ergangen war. Als er den Gasthof betrat, traf er unten niemanden an. Er ging die Treppe hoch, öffnete die Tür des Zimmers, ohne anzuklopfen, und trat ein.
    Chane saß barfuß auf dem Boden und fütterte sein Rotkehlchen mit zerdrückten Nüssen und Brotkrumen. Er trug eine Kniehose und ein gut gearbeitetes Musselinhemd, sah aus wie ein junger Adliger, der sich die Zeit vertrieb.
    Das Pergament und die Federkiele lagen unbeachtet auf dem Bett.
    »Offenbar hast du Nahrung aufgenommen«, sagte Chane mit rauer Stimme. »Du siehst besser aus.«
    Welstiel antwortete nicht, kramte stattdessen in seinem Rucksack und holte einen Beutel mit Holzkohle und ein Bündel nach Urin riechender, zerlumpter Kleidung hervor.
    »Lord Darmouth wird auf Magieres Dienste zurückgreifen«, erklärte er. »Du sollst sie beschäftigt halten, indem du in die Rolle eines besonders wilden Ungeheuers schlüpfst.«
    Chane starrte auf das Bündel in Welstiels Händen. »Was ist damit?«
    »Dies habe ich von einem Bediensteten in der Festung gekauft. Wenn man dich bei einem Angriff beobachtet und als hochgewachsenen Adligen mit rötlichem Haar beschreibt, könnte Magiere nachdenklich werden. Wir müssen ein anderes Geschöpf für ihre Jagd schaffen. Setz dich, damit ich dir das Haar schneiden und mit Holzkohle und Öl schwarz färben kann.«
    Welstiel holte seinen Dolch hervor und deutete auf einen Stuhl. Chane zögerte.
    »Es lässt sich wieder herauswaschen«, sagte Welstiel.
    »Aber wächst mein Haar nach?«, krächzte Chane.
    Die Frage überraschte Welstiel. Zum ersten Mal seit der zweiten Rückkehr von den Toten zeigte sich Chane von etwas besorgt.
    »Hast du jemals eine Leiche mehrere Monate nach der Beerdigung gesehen?«, fragte Welstiel.
    Chane schüttelte den Kopf.
    »Das Haar ist länger. Und ich schneide nicht viel ab.«
    Er deutete erneut zum Stuhl. Chane seufzte und kam der Aufforderung nach.
    Spät in jener Nacht war Leesil noch immer wach. Magiere lag dicht neben ihm und schlief tief und fest. Er betrachtete ihr bleiches Gesicht auf dem Kissen und wünschte sich, ebenfalls ins Vergessen des Schlafs sinken zu können, doch das blieb ihm verwehrt.
    Albträume hinderten ihn daran, Ruhe zu finden.
    Der Name Hedí Progae öffnete dunkle Zellentüren in seinem Geist, die er lange Zeit verschlossen gehalten hatte, und jetzt gelang es ihm nicht, sie wieder zu schließen.
    Leesil versuchte, sich auf die Erinnerung an Magieres Mund zu konzentrieren, an ihren Körper, sowohl weich als auch hart, und an ihre Hände, die ihn überall berührten. Doch wenn sich seine Lider schwer von Müdigkeit senkten, sah er immer wieder Baron Progaes blutigen Nacken.
    Progaes nussbraune Augen öffneten sich, als Leesil die Decke zurechtrückte. Der Baron starrte ihn an, und seine blassen Lippen teilten sich, sprachen mit Gavrils Stimme.
    »Denk nur an deine Mutter, deinen Vater und

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