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DHAMPIR - Dunkelland

DHAMPIR - Dunkelland

Titel: DHAMPIR - Dunkelland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb & J. C. Hendee
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Mädchen geschlungen hatte.
    Hunger hatte sie vor dem Tod ausgezehrt; deutlich zeichneten sich die Knochen unter der Haut ab. Die Augen der Kinder waren geschlossen, die der Frau geöffnet. Dünnes Haar ragte unter dem Tuch hervor, das sie sich um den Kopf gewickelt hatte.
    Leesil erinnerte sich: Er hatte Progae ein Stilett in den Hinterkopf gestoßen, während er allein im Bett gewesen war.
    Seine Frau und die Töchter waren auf die Straße gesetzt worden. Die älteste von ihnen fand als zusätzliche Mätresse Aufnahme bei einem Lord Darmouth treu ergebenen Lehnsherrn. Für die Frau und die beiden anderen Mädchen gab es keine solche »Rettung«. Als Familienangehörige von jemandem, der Darmouth verraten hatte, fanden sie keinen Adligen oder Bürgerlichen, der es riskierte, sie zu sich zu nehmen. Leesil erfuhr später, dass sie in irgendeiner Gasse verhungert waren.
    »Hättest du nicht etwas tun können?«, fragte Progae. » Sie haben sich nicht gegen Darmouth verschworen.«
    Leesil fühlte noch immer Blut an den Händen und wischte es an seiner grauen Kleidung ab. Trotzdem klebte es weiterhin an seinen Fingern. Er trat zurück, bis Progae in der Dunkelheit der Nacht verschwand.
    Eine andere Stimme kam durch den Wald. »Wir sind in einer schwierigen Situation, Léshil.«
    Eine hohe, trällernde Stimme, mit einem sonderbaren Akzent, den er seit vielen Jahren nicht gehört hatte. Sie ähnelte Sgäiles Stimme, ans Elfische gewöhnt und nur bedingt mit dem Belaskischen vertraut.
    »Mutter?«, flüsterte Leesil.
    »Du bist ein Anmaglâhk «, hallte die Stimme seiner Mutter durch den Wald.
    Es war die ruhige Feststellung einer Tatsache, ohne Stolz. Sie hatte ihm dies vor langer Zeit gesagt. Und kurz darauf hatte er Progae das Leben genommen.
    Leesil drehte sich um und hielt Ausschau. Es gab Bewegungen zwischen den Bäumen, aber sie stammten nur von schemenhaften Silhouetten. Lord Darmouths erste Mätresse Damilia, die sich mit Progae gegen ihn verschworen hatte, trat vor. Sie trug ein dunkelgrünes Gewand mit einer Hermelinstola, und eine Strähne des kastanienbraunen Haars hing über dem linken Auge. Ein Garrottendraht hatte einen roten Striemen an ihrem Hals hinterlassen. Leesil wich vor ihr zurück.
    »Leesil!« Wieder erklang die Stimme einer Frau.
    »Nein’a?«, erwiderte er. »Wo bist du, Mutter?«
    Weitere Gestalten bewegten sich zwischen den Bäumen und kamen näher. Sie traten auf ihn zu, als er versuchte, ihnen auszuweichen.
    Latätz, Progaes Feldwebel, blutete aus einer doppelten Wunde im Herzen. Der Schmied Koyva mit aufgeschnittener Kehle. Lady Kersten Petzkä, nur in ein Handtuch gehüllt, die Haut farblos von einem tödlichen Bad. Sie alle hatten in Lord Darmouths Dienste n – oder bei ihren Plänen gegen ih n – Schreckliches getan.
    Bis auf Josiah.
    Der alte Minister mit dem weißen Haar und den heiteren violetten Augen trat aus den Schatten, und eine angeschwollene, schwarz gewordene Zunge ragte ihm aus dem Mund. Er hatte nie die Hand oder das Wort gegen Darmouth erhoben. Ohne Argwohn nahm er den jungen Halbelfen bei sich auf und lehrte ihn die Künste eines Schreibers. Leesil hatte ihn verraten und dem Tod preisgegeben, und der Grund war allein Darmouths Verfolgungswahn.
    Leesil hob die blutigen Hände vor die Augen und floh.
    Tiefer im Wald bemerkte er einen Schatten, der wie ein jagendes Tier dahinhuschte.
    »Hier!«, rief seine Mutter aus der Nacht. »Ich bin hier!«
    »Mutter?«, erwiderte Leesil.
    Er konnte sie finden, wenn er schnell genug war, doch hinter ihm ertönte eine andere Stimme. »Warte auf mich! Ich komme zu dir!«
    Leesil sah zurück. Der jagende Schatten näherte sich ihm. Er sah kurz ein blasses Gesicht, bevor der Schemen hinter ein Gebüsch sprang.
    »Magiere?«, flüsterte er, um nicht erneut die Schatten der Toten zu wecken. »Sie ist hie r … Meine Mutter ist hier. Wir müssen uns beeilen!«
    Er lief weiter durch den Wald, bis vor ihm ein weißes Schimmern erschien.
    Eine große, schlanke Frau saß vor einer alten Eiche, Leesil den Rücken zugewandt. Weißblondes Haar fiel in seidenem Glanz den Rücken hinab. An das Kleid erinnerte sich Leesil vom letzten Abend, bevor ihn der Anblick des auf dem Stadtplatz gehängten Ministers Josiah zur Flucht aus den Kriegsländern veranlasste. Es war karamellfarben wie die Haut, und das Muster von grünen Blättern schien sie mit dem Wald verschmelzen zu lassen. Leesil ging hinter ihr in die Hocke und streckte die Hand nach ihrer

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