DHAMPIR - Dunkelland
Stimme war leise und kalt. »Es gibt noch jemanden. Bleibt hier, wo ich euch finden kann. Oder kommt zu mir, wenn ihr mich rufen hört.«
Als Magiere die Arme um Wynns Schultern schlang, versuchte die junge Weise sofort, sich von ihr zu lösen. Leesil eilte bereits über den landeinwärts führenden Weg.
»Überprüf den Wald im Westen, Geza!«, rief er. »Wenn du unseren Hund siehs t … Sag ihm, dass Wynn in Schwierigkeiten ist, und bring ihn hierher.«
»Wie bitte?«, fragte der Hauptmann verdutzt.
»Sag es ihm einfach!«, rief Leesil zurück. »Er wird es verstehen.«
Geza brach in die andere Richtung auf, und Magiere setzte sich aufdie Straße und hielt Wynn fest. Die junge Weise brach in Tränenaus und verhielt sich so, als bereite ihr Magieres Nähe Schmerzen.
»Schluss damit, Wynn«, sagte Magiere. »Bleib einfach bei mir. Leesil sucht Chap, und wenn er mit ihm zurückkehrt, können wir dir helfen.«
Wynn drehte sich abrupt zur Seite, sprang auf und taumelte über die Straße.
»Bände r … Schatten in dir«, flüsterte sie. »Sie zerren an mir, an meinem Geist. Rühr mich nicht an.«
Sie wich zum nächsten Gebäude zurück und schlug die Hände vors Gesicht.
Magiere beobachtete sie und fragte sich, warum Wynn solche Angst vor ihr hatte.
Wynn hörte, wie Leesil aus weiter Ferne Magieres Namen rief, und jemand ergriff sie am Arm und zog sie mit sich.
Sie hielt die Augen geschlossen, um nicht erneut die schwarzen Bänder zu sehen, die sich durch Magiere wanden. Sie wusste, dass Magiere nur versuchte, ihr zu helfen, aber trotzdem setzte sie sich zur Wehr; sie konnte nicht anders. Sie wollte weg von ihr und sich irgendwo in der Finsternis verbergen, wo Magieres Essenz sie nicht finden konnte.
»Hör auf dich zu wehren, Wynn!«, sagte Magiere scharf. »Ich bringe dich zu Chap.«
»Magiere!«, rief Leesil. »Hier, auf der anderen Seite des Baches!«
Wynn schlug in Panik um sich, als sie hörte, wie Magieres Stiefel durchs Wasser platschten. Plötzlich drehte sich alles, und sie fiel auf festen Boden.
Der Geruch von Lehm stieg ihr in die Nase. Sie versuchte sich aufzusetzen und öffnete ganz langsam die Augen, aus Furcht davor, was sie sehen würde.
Durch den blauweißen Dunst, der zwischen Zweigen und Büschen ein feines Gespinst bildete, tanzte ein weißes Schimmern den Hang herab. Wynn grub ihre Finger in den Boden, bereit dazu, die Flucht zu ergreifen.
Leesils Haar wogte, als er auf sie zulief, und seine bernsteinfarbenen Augen leuchteten von innen. Neben ihm lief etwas auf vier Beinen. Die Hündin Schatten. Zwar verfügte sie über eine eigene Essenz, aber sie leuchtete nicht annähernd so hell wie die des Halbelfen an ihrer Seite.
Wo war Chap?
Leesil kam näher, hockte sich neben ihr nieder und warf einen Blick über die Schulter.
»Komm her, Chap!«
Erneut bemerkte Wynn Bewegung zwischen den Bäumen.
Zuerst war es nicht mehr als ein heller Fleck inmitten der Essenzen des Waldes, doch dieser Fleck leuchtete immer heller, als er sich näherte. Wynn hatte Chap während des Kampfes im Ort gesehen, und seine Präsenz war so stark gewesen wie die von Leesil. Doch jetzt war er ein Schimmern und Funkeln, so hell wie der Kristall einer kalten Lampe, und sein Licht gewann immer mehr an Intensität, als er über den Hang lief.
Seine Nähe ließ die Essenzen aller lebenden Dinge aufleuchten.
Wynn vergaß Schwindel, Übelkeit und alles andere, das ihre mantische Sicht zu einer Belastung machte.
Bei Chap sah sie keine blauweiße Wolke, die den Körper umhüllte. Er war ein Bild, eine Gestalt, hell und rein.
Sein Fell leuchtete schneeweiß, und jedes einzelne Haar darin glänzte wie Seide.
Er lief auf sie zu.
Bei der Gilde in ihrer Heimat hatte Wynn die Eigenschaften des Lichtes untersucht. Die anderen Schüler hängten am Fenster Kristalle an einer Schnur auf und beobachteten die an die Wände projizierten Farben. Wynn hatte in die Kristalle selbst gesehen, so wie sie jetzt in Chaps Augen sah.
Sie funkelten, als fingen sie das Licht der Sonne ein.
Sie fühlte keinen Wind, bemerkte aber erneut Bewegungen im Wald. Die blauweißen Essenzen der Bäume wogten und schienen zu fließe n … in Chaps Richtung.
Weitere glühende Präsenzen wie die des Hundes erschienen in den Bäumen und auch im Boden, sogar in der Luft. Sie näherten sich Chap, versammelten sich über und unter ihm.
Wynn lehnte sich zurück und schloss die Augen, als das Leuchten zu grell wurde.
Sie spürte Chaps Atem im Gesicht
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